Motorrad-WM
Der Schrauber des Champions

Der Oberislinger Stefan Haseneder zählt zu den besten Mechanikern. Mit Alex Marquez feierte er nun erneut einen WM-Titel.

08.11.2019 | Stand 16.09.2023, 5:23 Uhr
Dieter Krelle

Der Spanier Alex Marquez gewann vorzeitig den Titel in der Moto2-Klasse. Einer der Väter des Erfolges: Stefan Haseneder. Foto: Haseneder/Albert Talomino

Stefan Haseneder ging einst bei der deutschen Motorrad-Mechaniker-Legende Sepp Schlögl in die Lehre, der den kürzlich 70 Jahre alt gewordenen Anton Mang zu fünf WM-Titeln in verschiedenen Kategorien führte. Nun ist der Regensburger aber endgültig aus dem großen Schatten seines Vorbilds herausgetreten.

Als Mechaniker des Spaniers Alex Marquez half Hasender mit, beim vorletzten WM-Rennen der Moto2-Klasse beim Malaysia-Grand-Prix in Sepang vorzeitig den Titel zu sichern. Für den Oberislinger war das der zweite Titel nach dem Moto2-Triumph 2011 mit Stefan Bradl.

Marc Marquez war in der Königsklasse MotoGP, die er seit 2013 mit nur einer Delle (dritter Platz 2015) überlegen dominiert, seinem Bruder Alex allerdings beim Titelgewinn um ein paar Wochen voraus. Elf Siege in bislang 18 Grands Prix ließen Marc Marquez’ Gegner verzweifeln.

Futterneid aber ist in der iberischen Rennfahrer-Familie ein Fremdwort. „Die halten zusammen wie Pech und Schwefel“, schwärmt Stefan Haseneder von höchst fitten Athleten, die ihre enormen körperlichen Qualitäten in riskante Rennmanöver umsetzen. „Ich bin der glücklichste Bruder der Welt“, twitterte Marc nach der erfolgreichen Asien- und Australien-Tour, die Alex, seit 2015 mit Stefan Haseneder intensiv zusammen arbeitend, den zweiten Titel, nach seinem erstem Erfolg in seiner Moto3-Lehre, bescherte.

Im Dienst eines Materialmörders

Materialmordend und häufig sturzgefährdet, kämpfte sich Alex Marquez in dieser Saison durch das Championat. Zum Titel reichte dem Kalex-Fahrer aus dem Marc-VDS-Team in Sepang bereits Platz zwei hinter Red-Bull-KTM-Fahrer Brad Binder. Anfeindungen über die Social-Media-Kanäle beim Grand Prix in Australien hatte Marc abgeblockt. „Vergiss sie“, hatte ihm der große Bruder geraten, der nun nicht mehr der einzige Mehrfach-Champion der Familie ist. Gemeinsam wollen die Brüder mit ihrer Familie und den in der Business-Class einfliegenden Mechaniker- und Sponsoren-Teams am Wochenende beim Saisonfinale in Valencia den Triumph der Brüder ausgiebig feiern.

Für Stefan Haseneder (56) war die Saison, in der fünf Siege bis zur Mitte der Saison die Basis für den Erfolg bildeten, eine höchst anstrengende. „Mancher Ausfall hat mich an meine sturzreiche DM-Karriere erinnert. In Speyer wollte ich nach einem perfekten Start und der Führung den Rennrhythmus perfektionieren und bin damit an die Grenzen der Physik gestoßen. Genau das gleiche Symptom hat mir Alex nach einem seiner Ausrutscher bestätigt“, sagt er. Das Team und „Hasi“, wie der Oberislinger in Rennfahrer-Kreisen gerufen wird, haben dennoch stets an sich und ihren Fahrer geglaubt. Um so größer war der Jubel, als der Titel vor dem Saisonfinale in Valencia feststand. Auch nächste Saison wird Haseneder die Maschine von Alex Marquez präparieren. Ob das Team in der Moto2 bleibt oder in der MotoGP als Konkurrent von Bruder Marc an den Start geht, ist noch offen. „Mich zieht’s nach meinen vielen weltweiten Reisen immer wieder möglichst schnell in die Heimat“, sagt Haseneder. Leberkäs mit Gurke und Breze stehen für ihn dann auf dem Tisch, kredenzt von seiner Frau Christine, unterm Tisch die dreijährige Dackeldame der Familie. Die Gattin ist übrigens ebenfalls vom Rennfieber gepackt, familienbedingt: Ihre Eltern betreiben einen Motorsport-Betrieb in Olching. Die Kinder Simon (23) und Antonia (20) wohnen mittlerweile in Wohngemeinschaften im Münchner Umland und bereiten sich in ihren künstlerisch angehauchten Lehren – Fotografie und Veranstaltungsbüro-Kaufmann – auf den Broterwerb vor.

„Hasi-Bräu“ ein Genuss

Apropos: Zu Hause gibt es auch noch einen Keller, in dem Haseneder, die Verbindung zu seinem ersten Beruf auf sehr kreative Art und Weise pflegt. „Ich habe es nie bereut, meinen Brauerei-Beruf zu gunsten einer Renn-Mechaniker-Karriere aufgeben zu haben“, sagt er, der nach einem schweren Sturz im vierten Jahr vom Bike stieg. Im Hause Haseneder wird für den eigenen Verzehr gebraut. Das Bier hat auch einen Namen – und zwar das „Hasi-Bräu“. Die Anlage mitaufgebaut haben technisch versierte Schrauber-Freunde des Regensburgers, mit denen er ab und an in trauter Runde das Eigengebräu genießt.

Seine erste Chefmonteurs-Rolle füllte Haseneder im Schlögl-Auftrag übrigens bei dem Pfaffenhofener Jürgen Fuchs aus, der 1996 in der 250-ccm-Klasse als WM-Gesamtvierter auf dem Sprung zu einer großen Karriere schien, die letztlich in die Rennsport-Ausbildung für Privatfahrer mündete. In seiner Karriere als Fahrer verzeichnete Haseneder zwar keinen DM-Sieg, aber EM-Platz fünf – und das gegen Konkurrenten wie Max Biaggi. Dazu kam ein historischer OMK-Erfolg in Most, als er aus der Boxengasse heraus noch siegte und die Aufmerksamkeit eines gewissen Sepp Schlögl erregte.

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