Bayerischer Meister
Gänsehaut an der Schmiedgasse: Mintraching wie es singt und lacht

23.05.2023 | Stand 16.09.2023, 21:43 Uhr
Gerd Winkler

Krönung einer Saison: Die Mintrachinger Damen beenden die Spielzeit als Meisterinnen. Foto: Dirk Bader

Als in der Schmiedgasse vor der Sporthalle zu fortgeschrittener Stunde Helene Fischers Gassenhauer „Atemlos“ ertönte und überdies die Box bis zum Anschlag hochgedimmt wurde, erreichte die Party ihren Höhepunkt. Die Handballfrauen der SG Mintraching/Neutraubling tanzten im Kreis auf Teufel komm raus, der umstehende, in der Vereinsfarbe blau gekleidete Anhang stimmte voller Inbrunst mit ein. Wenige Stunden zuvor hatte der vorab feststehende Aufsteiger zur dritten Liga mit dem 29:25 (12:11)-Sieg beim MTV Stadeln das i-Tüpfelchen gesetzt: Nun war zusätzlich die Bayernliga-Meisterschaft perfekt gemacht worden.
Zwei Fan-Busse sowie viele in Autos mitgereiste Anhänger sorgten in Fürth für eine Heimspiel-Atmosphäre. Ohne die verletzte, nicht wegzudenkende Spielmacherin Carina Marhöfer zog die Mannschaft nach dem 24:24 (52.) das „Endspiel“ auf ihre Seite. Die beiden letzten Treffer erzielte Jasmin Lehner, die mit 111 Toren (im Schnitt fast neun Treffer pro Partie) überlegen das Liga-Ranking gewann.

„Das war ein reines Kampfspiel, Stadeln hat uns nichts geschenkt“, kommentierte der von einer Bierdusche überschüttete Trainer Jürgen Heubeck. Der wurfgewaltige Rückraum sei schwer zu bändigen gewesen. „Solche Spielerinnen haben wir nicht, wir müssen uns quälen, lange Angriffe spielen, das geht an die Substanz“, bedauerte Heubeck. Das Spiel habe in der Schlussphase wie so oft die Positionsabwehr gewonnen.
Für die dritte Liga reicht diese Qualität alleine wohl nicht. Wobei beispielsweise der TSV Haunstetten zu Zeiten seiner Angehörigkeit in Liga drei mit ähnlichen Voraussetzungen dort mit der angepassten Spielanlage umzugehen wusste.

Ob Mintraching nun das Aufstiegsrecht wahrnimmt, wird an diesem Donnerstag entschieden, sagte Abteilungsleiter Michael Schindler schon im Vorfeld des Auftritts in Fürth. Für die Entscheidungsfindung kommt erschwerend hinzu, dass die am Knie verletzte Schlüsselspielerin Carina Marhöfer nach eigenen Wort „nicht dazu tendiert, die nötige Operation durchführen zu lassen“. Ohne den harten Handball sei dies nicht nötig, mit jetzt 34 Jahren fasse sie das Karriereende ins Auge.

Carina Marhöfer weiß aus ihrer sechsjährigen Zeit beim ESV 1927 Regensburg als einzige, wie es in der dritten Liga zugeht.

Am Samstagabend war das beim Feiern kein Thema. Die Bayerische Meisterschaft elektrisierte den Menschenauflauf. Bisweilen wurde es so emotional, dass es in Gänsehautmomente überging. Mit „Meistertrainer, Meistertrainer, hey hey“, ließ die Mannschaft den pitschnassen Jürgen Heubeck hochleben. Bei seiner Ansprache war der Winkelhaider „so stolz auf die Mannschaft, ich gönne diesen Erfolg den Mädels so sehr.“

Vorstand Sepp Ederer ließ es sich nicht nehmen, den „größten Vereinstitel, den bis dato eine Mannschaftssportart erreicht hat“, zu huldigen: „Davon werdet ihr euren Enkelkindern mal erzählen können.“

Zu fortgeschrittener Stunde räumte Melanie Wohlmann, die Schwester von Carina Marhöfer, ein, „dass ich wegen eines zweiten Kindes eigentlich aufhören wollte“. Aber für die dritte Liga werde die Familienplanung halt nach hinten verschoben. „Ich habe heute das Ding nur für meine Schwester gespielt“, schloss die 30-Jährige. Nebenan war derweil Coach Jürgen Heubeck für ein paar Minuten in sich gegangen und sagte dann: „Jeder, die höherklassig spielen will, kann ich nur empfehlen: ‚Spiele in Mintraching‘“.