SSV Jahn Regensburg
Jahn besinnt sich auf „einfache Sachen“

Beim Remis gegen den KSC weisen die Regensburger abermals ihre Comeback-Qualitäten nach. Zuvor jedoch fehlte der Zugriff.

02.10.2021 | Stand 16.09.2023, 0:13 Uhr
Jahn-Kapitän Benedikt Gimber (rechts; im Zweikampf mit dem Karlsruher Fabio Kaufmann) glückt sein drittes Saisontor. −Foto: Andreas Nickl

Benedikt Gimbers Analyse klang so, als hätte die Mannschaft des SSV Jahn an einem wunderschönen Herbsttag die Frühjahrsmüdigkeit übermannt. „Die erste Halbzeit haben wir ein wenig verschlafen und auch den Start in die zweite Hälfte verpennt“, resümierte der Kapitän des Fußball-Zweitligisten. Woher auch immer der Weckruf für die Regensburger gekommen sein mag: Er fand Gehör. Wie so häufig wies das Team von Cheftrainer Mersad Selimbegovic nach, dass es sich eigentlich erst endgültig geschlagen gibt, wenn alle Akteure schon auf dem Weg unter die Dusche sind. So auch am Samstag beim 2:2 (0:1) gegen den Karlsruher SC.

Im ersten Abschnitt verzettelt

Das Jahnstadion war zum x-ten Male der Schauplatz eines relativ wundersamen Comebacks. Nach den Treffern von KSC-Kapitän Marvin Wanitzek (14. Minute) und Marco Thiede (51.) schien die zweite Saisonniederlage der Regensburger, die am Sonntag durch den 3:0-Sieg des FC St. Pauli gegen Dresden die Tabellenführung verloren, beschlossene Sache. Zumal sich die Regensburger im Verlauf des ersten Abschnitts immer mehr verzettelt hatten. Selimbegovic fällte dieses Urteil: „Wir haben es zu kompliziert gemacht, nach Balleroberungen im Zentrum die Bälle vertändelt und keinen Zugriff bekommen. Immer noch ein Haken mehr. Damit haben wir dem KSC Sicherheit gegeben, und irgendwann liefen wir nur noch hinterher.“

Ganz ähnlich hatte sich die Kritik des Trainers zuletzt nach dem 3:2-Sieg gegen Aue angehört. Selimbegovic forderte ein Zurück zu den Wurzeln und zur Spielidee des SSV Jahn: „Wir sollten keine besonderen Sachen machen, sondern einfache Sachen besonders gut.“ Das gelang mit einem Doppelschlag durch Andreas Albers (56./Handelfmeter) und Gimber (58.). Danach nahm das Duell nochmals richtig Fahrt auf, fand aber letztlich keinen Sieger.

„Aufgrund der ersten Halbzeit bin ich einverstanden mit dem Unentschieden“, bilanzierte Selimbegovic. Sein Kollege Christian Eichner äußerte unwidersprochen: „Mersad wird es mir nicht verübeln, wenn ich sage, dass der Sieg heute ein bisschen näher bei uns war.“ Zum letzten Schritt hin ins Badische hatte es indes nicht gereicht.

Jahn Regensburg – Karlsruher SC 2:2 (0:1)SSV Jahn Regensburg:Karlsruher SC:Schiedsrichter:Zuschauer:Tore:Gelbe Karten:
A. Meyer – Faber (46. Saller), Breitkreuz, J. Elvedi, Wekesser – Gimber, Besuschkow – Beste, Boukhalfa (74. Zwarts), Singh (74. Makridis) – AlbersGersbeck – M. Thiede, Gordon, Kobald, Heise (63. Jakob) – Breithaupt – F. Kaufmann (72. Cueto), Choi (90. Schleusener), Wanitzek, M. Lorenz (72. Kother) – P. HofmannDeniz Aytekin (Oberasbach)87900:1 Wanitzek (14.), 0:2 M. Thiede (51.), 1:2 Albers (56./Handelfmeter), 2:2 Gimber (58.)Saller (1) – Kobald (3), Gordon (2), M. Thiede (2)

Dass die beiden Übungsleiter freundschaftlich verbunden sind, wurde nicht erst deutlich, als sie nach der Pressekonferenz Arm in Arm das Podium verließen. Es wurde fleißig gefrotzelt. Etwa, als Eichner an die Adresse von Selimbegovic anmerkte: „Ich werde in einem halben Jahr mit meinen Jungs den nächsten Anlauf nehmen, um dich endlich zu schlagen.“

18 Punkte hat der SSV Jahn nun nach neun Partien auf dem Konto. Eine stolze Ausbeute vor der zweiten Länderspielpause dieser Spielzeit. Selimbegovic nannte erneut die Marke von 40 Punkten, die es zu erreichen gelte, um die Abstiegsgefahr zu bannen. Wenn die Regensburger am 15. Oktober beim SC Paderborn zu Gast sein werden, ist dennoch nicht wegzudiskutieren, dass es sich aufgrund der Tabellenkonstellation um ein Zweitliga-Spitzenspiel handelt.

Am Ende waren alle Beteiligten irgendwie zufrieden mit dem Remis, das mehrere Deutungen zuließ. Denn beide Teams hatten nach dem Ausgleich der Regensburger noch die Gelegenheit, den berühmten „lucky punch“ zu landen. „Der KSC war gut unterwegs. Unsere Taktik hat nicht zu 100 Prozent geklappt, wir haben viele falsche Entscheidungen getroffen“, räumte Albers ein. Beim Dänen ist mit dem zweiten Saisontor und der Vertragsverlängerung bis 2024 der Knoten wohl endgültig geplatzt. Den Gegner sieht er auf dem Weg in andere Tabellenregionen: „Der KSC wird oben dabei sein.“

Dem Rückstand durch den Distanzschuss von Wanitzek war eine ganze Kette von Nachlässigkeiten vorangegangen, an deren Ende auch Keeper Alexander Meyer nicht glücklich aussah. Allerdings war ihm die Sicht verstellt. „Wir waren nicht sicher, wer zum Ball gehen soll“, gestand Jan Elvedi ein Missverständnis zwischen ihm und Erik Wekesser ein. Profiteur war Fabio Kaufmann, der sich die Kugel schnappte und den Treffer vorbereitete.

Timing und Abstimmung

Elvedi fühlt sich nach seiner langen Verletzungspause topfit. In dieser Szene war jedoch unübersehbar, dass er am Timing und an der Abstimmung noch feilen muss. „Wir haben nach dem 0:1 Zeit gebraucht, um uns neu zu sortieren. Das müssen wir schneller schaffen“, forderte der Schweizer. Eine Ergänzung sei erlaubt: Beim 2:0 durch Thiede stand die Jahn-Abwehr mehr oder weniger nur Spalier. Auch der Ex-Karlsruher Gimber, dem per Kopf sein drittes Saisontor glückte, blickte auf die aus Jahn-Sicht ziemlich missratene erste Halbzeit zurück: „Karlsruhe hat es gut gemacht. Wir haben nicht den Zugriff bekommen und zu wenig vertikal gespielt.“ Ergo: „Unterm Strich geht dieses 2:2 in Ordnung.“

Selimbegovic griff abschließend tief in den reichen Zitatenschatz des Fußballs: „Meine Devise ist: Wenn du nicht gewinnen kannst, versuche nicht zu verlieren.“