Fussball
SSV Jahn: Großbaustelle vor Keeper Meyer

Den Regensburgern gehen vor dem Duell mit Spitzenreiter Bochum die Innenverteidiger aus. Stolzes Abgang ist wohl fix.

08.05.2021 | Stand 16.09.2023, 3:14 Uhr
Auge in Auge mit VfL-Torjäger Simon Zoller: Jahn-Torhüter Alexander Meyer (links) bei der 0:2-Heimniederlage der Regensburger am 10. Januar gegen Bochum −Foto: Andreas Nickl

Eigentlich ist die Schwachstelle des SSV Jahn in dieser Spielzeit längst lokalisiert. Die Torflaute in der Offensive, teils resultierend als einer miserablen Chancenverwertung, gilt als das große Manko der Regensburger. Ausgerechnet vor dem wegweisenden Auftritt beim Zweitliga-Spitzenreiter und Aufstiegsaspiranten in Bochum an diesem Sonntag (13.30 Uhr) tut sich nun allerdings eine andere Großbaustelle auf. Die Defensivzentrale vor Keeper Alexander Meyer droht im Saisonendspurt zur Problemzone zu werden.

Nach Sebastian Nachreiner, der noch immer an den Nachwehen seiner Muskelverletzung laboriert und für die Partie am Sonntag noch kein Thema sein dürfte, fällt Jan Elvedi bis zum Saisonende aus. Kapitän Benedikt Gimber, der stets erste Aushilfskraft in der Innenverteidigung war, hat sich nach zweimal Gelb-Rot beim 1:1 zuletzt gegen den Hamburger SV die fünfte Verwarnung und damit die dritte Sperre in dieser Spielzeit eingehandelt. „Ein neuer persönlicher Rekord“, wie Jahn-Coach Mersad Selimbegovic mit einer Portion Galgenhumor anmerkt.

Wenige Minuten Einsatzzeit

Angesichts des personellen Aderlasses rücken Akteure in den Fokus, die bislang eher Randfiguren waren. Ein Anwärter auf den Job an der Seite von Scott Kennedy ist Markus Palionis, der am kommenden Mittwoch 34 Jahre alt wird, allerdings bei sechs Einwechslungen insgesamt gerade mal rund 17 Minuten Einsatzzeit in dieser Saison angehäuft hat. Der Abwehr-Routinier sei trotzdem „immer bereit“, sagt Selimbegovic, der den Kreis der Kandidaten sehr weit fasst: „Alle, die gesund sind und auf dieser Position schon einmal gespielt haben, sind eine Option.“ Das schließt sogar den Ex-Bochumer Tom Baack mit ein, der jedoch auf lediglich elf Minuten nach einer Einwechslung verweisen kann und es in den vergangenen sechs Partien nicht mal in den Jahn-Kader geschafft hatte.

„Wir schauen nicht auf die Konkurrenz unten in der Tabelle, sondern konzentrieren uns auf uns selbst.“Alexander Meyer

Alexander Meyer sieht die Situation wie sein Coach betont gelassen: „Natürlich fehlen uns Jan und Wastl. Aber in unserem Kader stehen viele parat, denen wir vertrauen können, dass sie in dieser Situation ihre Leistung bringen, auch wenn sie bisher noch wenig Spielzeit hatten“, sagt der 30-Jährige.

Der Jahn kann in Bochum einen vorentscheidenden bzw. eventuell schon entscheidenden Schritt in Richtung Klassenerhalt machen, auch abhängig von den Resultaten der Rivalen im Tabellenkeller und vor allem vom Abschneiden der Braunschweiger am Samstag in Düsseldorf. Für Torhüter Meyer ist diese Betrachtungsweise allerdings zweitrangig. „Wir schauen nicht auf die Konkurrenz unten in der Tabelle, sondern konzentrieren uns auf uns selbst. Wir haben es selbst in der Hand und brauchen uns in der Liga vor keinem Gegner zu verstecken. Wir geben in den verbleibenden vier Spielen Vollgas und wollen das Maximum erreichen“, unterstreicht der 30-Jährige. Das Ziel bleibe unverändert: „Es gilt, die 40 Punkte so schnell wie möglich zu erreichen. Das haben wir nicht so schnell geschafft, wie wir wollten und wie es meiner Meinung nach auch drin gewesen wäre. Wir fahren auf jeden Fall nach Bochum, um dort etwas mitzunehmen. Wir werden auf Sieg spielen“, verspricht der gebürtige Bad Oldesloer.

„Bochum ist eine richtig gute Truppe, die verdient da oben steht.“Mersad Selimbegovic

Der Ligaprimus VfL ist indes eine harte Nuss. Selimbegovic bezeichnet die Bochumer als „richtig gute Truppe, die verdient da oben steht“. Meyer lobt ebenfalls die Qualitäten des Gegners: „Bochum verfügt über sehr viele erfahrene Akteure. Das zeichnet den VfL aus, das sieht man gerade in den Top-Spielen. Bochum spielt einen super Fußball. Dass der VfL ein Aufstiegsaspirant sein würde, hatte sich bereits nach der starken Rückrunde der vergangenen Saison abgezeichnet.“

Bochum – SSV Jahn (So., 13.30)VfL Bochum:SSV Jahn Regensburg:Es fehlen:Bilanz:
Drewes – Gamboa, Bella Kotchap, Leitsch, Danilo Soares – Losilla, Tesche – Holtmann, Zulj, Bockhorn – ZollerA. Meyer – Saller, Palionis, Kennedy, Wekesser – Besuschkow, Moritz – Vrenezi, Makridis – Albers, D. OttoElvedi (Haarriss im Talus), Gimber (5. Gelbe Karte), Nachreiner (Trainingsrückstand)9 Zweitliga-Duelle, 4 Jahn-Siege, 2 Remis, 3 Niederlagen

Die Routine und Eingespieltheit, die der VfL auf den Platz bringt, fehlt dem SSV Jahn bisweilen in heiklen Situationen. „Wir hatten keinen großen personellen Umbruch, haben aber erfahrene Spielertypen wie Marco Grüttner, Andreas Geipl oder Marcel Correia verloren. Das waren drei Säulen, die natürlich jeder Mannschaft guttun. Für Spieler wie Benedikt Gimber, Max Besuschkow, mich und einige andere bedeutet das, mehr Verantwortung zu übernehmen“, resümiert Meyer. Die Entwicklung des Teams sieht er insgesamt positiv: „Trotz der fehlenden Erfahrung beim einen oder anderen Neuzugang hat es aus meiner Sicht im Großen und Ganzen in dieser Saison wieder gut funktioniert.“

Alexander Meyer wertet rückblickend seinen Wechsel 2019 vom VfB Stuttgart nach Regensburg als „richtige Entscheidung“. Schwere Verletzungen, zuletzt ein Kreuzbandriss, hatten ihn im Laufe seiner Karriere oft zurückgeworfen. „Das Wichtigste ist für mich, gesund zu bleiben. Das war seit meinem Wechsel zum SSV Jahn der Fall, von kleineren Ausnahmen abgesehen“, sagt er und fügt hinzu: „Mein Ziel war es, mich als Nummer eins zu etablieren. Ich fühle mich körperlich topfit, auch nach den vielen englischen Wochen aktuell.“

Meyers Vertrag hat sich dank der Zahl der Einsätze automatisch um ein Jahr bis 2022 verlängert. Er weiß zu schätzen, was er am Jahn hat: „Ich fühle mich in Regensburg sehr wohl, es macht richtig Spaß“, sagt er. Seine Zukunft lässt er trotzdem offen: „Jeder Fußballer hat natürlich das Ziel, irgendwann einmal in der Bundesliga zu spielen, auch ich. Ich bin im besten Torwartalter.“ Interesse bei anderen Klubs könnten neben seinen konstant guten Leistungen in der Liga vor allem die spektakulären Auftritte im DFB-Pokal geweckt haben, die ihm einen Ruf als Elfmeterkiller eingetragen haben.

Ablösefrei nach Hannover

Während im Fall Meyer eventuelle Wechselabsichten vorerst rein spekulativ sind, verdichten sich die Anzeichen, dass sich Sebastian Stolze nach dieser Saison ablösefrei zum Zweitliga-Konkurrenten Hannover 96 verabschieden wird, bis hin zur Gewissheit. Das Portal „Sportbuzzer“ meldet, der 26-Jährige stehe bei den Niedersachsen unmittelbar vor der Unterschrift unter einen Dreijahresvertrag. Der SSV Jahn wollte indes den Abgang noch nicht offiziell bestätigen.

Stolze ringt unterdessen nach seinem Bänderriss im Sprunggelenk ebenso wie Offensivkollege Jann George (Muskelfaserriss) im Training um den Anschluss. Ein Einsatz der beiden in Bochum kommt wohl zu früh. Selimbegovic hofft allerdings, in den folgenden Auswärtsspielen am Donnerstag in Kiel sowie am Sonntag in Sandhausen wieder auf den einen oder anderen angeschlagenen Akteur zurückgreifen zu können. Selbst ein mögliches Comeback Nachreiners im Saisonendspurt schließt der Coach nicht kategorisch aus. Jan-Niklas Beste hat derweil seine Rotsperre abgesessen und steht Selimbegovic wieder zur Verfügung.

„Ich bin auf jeden Fall ein sehr ehrgeiziger Mensch.“Alexander Meyer

Alexander Meyer wird auch in Bochum mit der ihm eigenen Entschlossenheit ans Werk gehen. Seine Selbstcharakterisierung lautet so: „Ich bin auf jeden Fall ein sehr ehrgeiziger Mensch. Das gilt nicht nur für den Fußball. Wenn ich mit meinen Eltern zu Hause bei einem Brettspiel sitze, wird es auch gerne mal ein bisschen laut oder es fliegen vielleicht auch ein paar Figuren rum, weil ich so ungern verliere“, berichtet er schmunzelnd. „Es entspricht meinem Naturell, dass ich jedes Mal gewinnen will, sogar bei Trainingsspielen“, sagt er. Und allemal, wenn es im Duell mit dem Tabellenführer um Punkte im Abstiegskampf geht.