Kochschule
Ein Rind, das mit der Mode geht

Bœuf à la mode ist ein französischer und auch ein bayerischer Klassiker. Thomas Kellermann entdeckt das geschmorte Rindfleisch neu.

30.10.2016 | Stand 12.10.2023, 10:03 Uhr
Das Bœuf à la mode ist ein ideales Gericht, wenn Gäste kommen: Es braucht zwar viel Zeit zum Schmoren, aber wenig Zeit zum Vorbereiten. −Foto: Sabine Franzl

Zum Chinesen geht man schnell mal, auch zum Inder, Thailänder, Griechen oder Italiener – wobei es da freilich inzwischen auch Ausnahmen gibt. Aber zum Franzosen geht oder ging man nie schnell mal. Französisches Essen ist immer etwas Großes, etwas, vor dem man Respekt hat. Das aber hat die Bayern im 19. Jahrhundert nicht daran gehindert, sich Teile der französischen Küche mit großem Appetit einzuverleiben. Die bayerische Liaison mit Napoléon, der das Land 1806 zum Königreich machte, inspirierte nicht nur die Sprache, sondern auch die Köche. Berühmtestes Beispiel ist das in Wein und Weinbrand geschmorte Rindfleisch Bœuf à la mode – auf gut Bayerisch „Büfflamott“ oder auch „Bifflamott“ genannt.

Ein wandlungsfähiger Klassiker

Übersetzt bedeutet das so viel wie „Rind auf die Art zubereitet, die gerade modern ist“. Das beinhaltet bereits die Wandlungsfähigkeit dieses Gerichts. Die Franken bereiten es gerne mit Weißwein zu – geht auch. Die Norddeutschen nehmen Essig, denn Sauerbraten ist im Grunde genommen auch nichts anderes als eine einfache Art des Klassikers Bœuf à la mode. Klassisch aber schmort das Rindfleischstück (meist Schulter) mit den Zutaten Wein, Weinbrand, Speck, Kräutern und Gemüse, dabei vor allem Karotten und Zwiebeln.

Als Erster niedergeschrieben hat das Rezept der Leibkoch des Marquis d’Uxelles, der aus Dijon stammende François Pierre de La Varenne (1618-1678). In seinem Werk von 1651 „Le Cuisinier François“ hielt er nicht nur den Rinderschmortopf fest, sondern auch die Sauce hollandaise oder die Crème Béchamel. Er prägte den Übergang der mittelalterlichen Küche zur modernen „haute“ oder „grande cuisine“ und führte auch Begriffe wie à la mode ein.

Le Bœuf und die Revolution

Den Namen „Le Bœuf à la Mode“ trug auch eines der allerersten à-la-carte-Restaurants in Paris. Zwei Brüder aus Marseille hatten es 1792 in der Rue de Valois 8 eröffnet. Es war kein Zufall, dass in dieser Zeit das Gastgewerbe aufblühte. Die französische Revolution veränderte 1789 nicht nur die politische und gesellschaftliche, sondern auch die kulinarische Landschaft: Köche, die zuvor für den Adel kochten, machten sich selbstständig und trugen damit ihr Können unters bürgerliche Volk. 1936 schloss das Bœuf. Heute beherbergt das stattliche und generalsanierte Gebäude eine Event-Location. Aber über dem Haupteingang prangt immer noch das Wahrzeichen des Bœuf: ein à la mode geschmücktes Rindvieh – mit Fransenschal um den Hals und Federhut auf dem Kopf.

Der Schmuck, mit dem Thomas Kellermann sein Bœuf à la mode garniert, ist bodenständig und klassisch. Ein paar Tomaten sind die einzige Extravaganz, die er einstreut. „Das Rezept ist eins von mir zu Hause – ich koche es genau so, meistens wenn Gäste kommen“, sagt er. Man könne es gut vorbereiten und was übrig bleibe, werde einfach eingefroren. Wichtig sei, dass man das Fleisch geduldig schmort bis es butterweich ist. Das Schaufelstück sollte man vorbestellen. Aber eigentlich, schwärmt Thomas Kellermann, sei das Beste ja die Sauce: „fein, sämig, mit leichter Säure und aromatischer Tiefe“.

Die Marinade und das Fleisch

Am Vortag mörsert man zunächst je 20 Körner schwarzen und weißen Pfeffer mit zehn Körnern Piment, reibt das Rind damit ein und salzt es. Für die Marinade werden zwei Zwiebeln und zwei Knoblauchzehen in Scheiben geschnitten, ein Bund Petersilie grob gehackt, drei Lorbeerblätter zugefügt. Mit einer Flasche kräftigen Rotwein gießt man auf. Darin zieht das Bœuf 24 Stunden lang im Kühlschrank.

Die weiteren Vorbereitungen beginnen gut einen halben Tag, bevor man das Bœuf à la mode servieren möchte, mit Karottenschälen und -schneiden. Die zwei Tomaten werden geviertelt, die 24 Schalotten geschält. Als Speck verwendet Thomas Kellermann 100 g vom ungeräucherten, sogenannten „grünen“ Speck und genau so viel vom Bauchspeck. Beide werden gewürfelt und in einer großen Bratpfanne ausgelassen. Nun das Fleisch aus der Marinade nehmen und diese passieren. Das Bœuf in der Speckpfanne kross anbraten, danach die Schalotten und Karotten darin bräunen. Mit 200 ml Weinbrand ablöschen und flambieren. Jetzt gibt man die Gemüse und die Kräuter aus der Marinade dazu, sowie die Tomaten, die beiden Thymianzweige sowie das Lorbeerblatt und lässt alles weiter glacieren, bis die Tomaten leicht karamellisieren. Mit der Marinade und zwei bis zweieinhalb Liter Rinderbrühe auffüllen und zugedeckt im Ofen bei ca. 180 Grad Celsius weich schmoren. Das dauert eine ganze Weile – Thomas Kellermann meint vier bis fünf Stunden. Dann nimmt man das Fleisch aus dem Bräter und passiert die Sauce durch. Eventuell lässt man sie noch etwas einkochen, bis sie die gewünschte, sämige Konsistenz aufweist.

Der Kartoffel-Lauchstampf

Dazu schmeckt ein Kartoffel-Lauch-Stampf. Dafür Fenchelsamen und Korianderkörner (je 2 TL) in 20 g Butter anschwitzen. Je 60 g Lauchringe, Schalotten- und Fenchelwürfel, eine fein gewürfelte Knoblauchzehe und 300 g geviertelte, mehlig kochende Kartoffeln zugeben. Mit 600 ml Geflügelfond auffüllen. Kochen lassen, bis die Flüssigkeit verbraucht ist und die Kartoffeln weich sind. Mit einer Gabel alles „zerstampfen“ und 50 g Crème fraîche sowie 60 g Butter beigeben. Mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken.

Zum Schluss streut man feine Lauchwürfel und die in Maiskeimöl kross gebackenen Croûtons darüber. Die Teller schmücken außerdem ein paar gebratene Speckwürfel, Frühlingslauch, Schalotten- und Tomatenwürfel und Staudensellerie-Grün.

Was man braucht (ca. 6-8 Portionen)

Das Fleisch

2,5 kg Rinderschaufelbraten

8 Karotten, geschält und in 2 cm lange Stücke geschnitten

2 Tomaten, geviertelt

100 g Speck

100 g grüner Speck

200 ml Weinbrand

2 Zweige Thymian

1 Lorbeerblatt

24 Schalotten, geschält

2 1/2 l Rinderbrühe (oder Wasser)

Die Marinade

1 Flasche kräftiger Rotwein, z. B. Burgunder

2 Zwiebeln, geschält und in Scheiben geschnitten

3 Lorbeerblätter

2 Zehen Knoblauch, in Scheiben

1 Bund Blattpetersilie, gewaschen und grob geschnitten

Salz

20 Körner schwarzen Pfeffer

20 Körner weißen Pfeffer

10 Körner Piment

Der Kartoffel-Lauchstampf

300 g geschälte, geviertelte mehlig kochende Kartoffeln

60 g Schalotten, geschält und in Würfel geschnitten

60 g Lauch, gewaschen und das Weiße in Ringe geschnitten, das helle Grün in feine Würfel

60 g Fenchel, gewürfelt

1 Knoblauchzehe, fein gewürfelt

60 g Butter

2 TL Fenchelsamen

2 TL Korianderkörner

50 g Crème fraîche

600 ml Geflügelfond oder heller Gemüsefond

60 g kleine Weißbrotwürfel, in Maiskeimöl kross ausgebacken

Salz

Pfeffer

Muskat

Die Garnitur

Brotcroûtons, Speckwürfel, Frühlingslauch, Schalottenwürfel, Tomatenwürfel, Staudensellerie-Grün