Verkehr
Ein Knopf im Auto, der Leben rettet

Der Notruf E-Call sorgt in Autos dafür, dass Retter und Polizei nach einem Unfall automatisch informiert werden.

15.10.2021 | Stand 15.09.2023, 23:58 Uhr
Claudius Lüder
Hilfe auf Knopfdruck: Die Taste für den E-Call findet sich entweder am Dachhimmel oder in der Mittelkonsole. Seit April 2018 müssen neu auf den Markt kommende Fahrzeuge mit dem europaweit funktionierenden Notrufsystem E-Call ausgeliefert werden. −Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

„Stellt das Auto einen schweren Unfall fest, etwa über die Airbag-Sensoren, löst der E-Call selbsttätig einen Notruf aus und übermittelt Fahrzeug- und Standortdaten an die nächstgelegene Notrufzentrale“, erläutert Markus Bach von der „Auto Zeitung“. Über einen SOS-Knopf könne der Fahrer den Notruf auch selbst betätigen. Seit April 2018 müssen neu auf den Markt kommende Fahrzeuge mit dem europaweit funktionierenden Notrufsystem E-Call ausgeliefert werden. Die Idee dahinter: schnellere Hilfe bei Unfällen oder in anderen Notsituationen.

Natürlich braucht all das Extra-Technik. „Dazu werden vom Hersteller unter anderem eine fest installierte SIM-Karte und ein GPS-Modul für den Satellitenempfang eingebaut“, erklärt Bach. Erst wenn das E-Call-System aktiviert wird, erfolgt die Einwahl ins Mobilfunknetz. Steht die Verbindung, wird ein Mitarbeiter in der Notrufzentrale erst einmal versuchen, mit den Autoinsassen Kontakt aufzunehmen. Deshalb gehören auch Mikrofon und Lautsprecher zum System. Wird festgestellt, dass niemand ansprechbar ist, schickt die Leitstelle sofort einen Rettungswagen los, erklärt Bach.

Bei Weiterleitungen geht wertvolle Zeit verloren

Viele Autohersteller haben die technische Basis für all das in ihre Entertainmentsysteme verbaut und bieten darüber hinaus auch Pannen-, Navigations- oder eben eigene Notrufdienste an. Hier kommt es dem ADAC zufolge dann aber mitunter auch zu Problemen. Bei einer Abfrage habe der ADAC festgestellt, „dass einige deutsche Autohersteller zusätzlich zum vorgeschriebenen 112-E-Call eigene Notrufe anbieten, die an ihre eigenen Callcenter gehen“, sagt Arnulf Thiemel vom ADAC. „Tests haben gezeigt, dass es bis zu einer Minute dauert, bis solche Anrufe überhaupt angenommen werden. Und dann muss der Hersteller die Unfall-Infos erst an eine Rettungsstelle weiterreichen, denn nur die schickt Rettungswagen und Notarzt los.“ Dies sei für die Rettungskräfte wertvolle Zeit, die verloren gehe.

Aber warum gibt es bei Audi, BMW, Mercedes und Volvo sowie bei einigen VW-Modellen überhaupt eigene Notrufsysteme? Die Hersteller führten die Ansprache des Unfallopfers in der Muttersprache auch im Ausland, den Empfang in mehr Mobilfunknetzen sowie genauere Informationen zum Unfallhergang als Argumente an, sagt Thiemel.

Auf der anderen Seite gebe es Berichte von Rettungsleitstellen, die beklagten, dass die Notrufzentralen der Hersteller mitunter gar nicht 24 Stunden am Tag erreichbar seien oder falsche Unfall-Koordinaten übermittelten, sagt Thiemel. Zudem gebe es Hersteller-Notrufdienste, die nur für einige Jahre kostenfrei seien und dann kostenpflichtig würden. Beim E-Call gebe es dieses Problem nicht.

Autos in Werkstatt nachrüsten

Autofahrer wissen in der Regel nicht, wie ihre Notrufe zur Notrufzentrale gelangen, und verboten ist die Umleitung über den Hersteller nicht. Der ADAC kritisiere aber, dass Autofahrer in den meisten Fällen gar nicht ohne Weiteres die Möglichkeit haben, den 112-E-Call selbst als Grundeinstellung einzustellen, so Thiemel. Bei Audi, BMW und Mercedes beispielsweise müssten die Kunden in die Werkstatt fahren, um auf den reinen 112-E-Call umzustellen. Laut ADAC leiten vor allem deutsche Autohersteller die Notrufe über ihre eigenen Pannenleitstellen um. Die meisten anderen europäischen oder auch die asiatischen Autofirmen hingegen hätten immer den 112-E-Call voreingestellt, der auch nie deaktiviert werden könnte.

Der E-Call hat bislang das 2G- und 3G-Netz genutzt. Das 3G-Netz (UMTS) wird zwar voraussichtlich bis Jahresende 2021 abgeschaltet sein. Aber kein Autofahrer müsse fürchten, dass sein E-Call gar nicht versendet wird, denn das 2G-Netz werde noch über Jahre funktionieren, sagt Thiemel. Das 2G-Netz werde etwa auch für Aufzug-Notrufe genutzt.