Natur
Der Graf arbeitet an der Waldwende

Ferdinand von Drechsel geht neue Wege, um den Forst überlebensfähig zu machen. Beim Deutschen Waldpreis wurde er Zweiter.

15.09.2019 | Stand 16.09.2023, 5:26 Uhr

Innovativer Waldbesitzer: Ferdinand Graf von Drechsel, hier vor der gerade sanierten Orangerie in Karlstein Foto: Sperb

Hitze, Dürre, Schädlinge: In den Wäldern bahnt sich die ökologische Katastrophe an. Forstleute suchen – fast schon verzweifelt – nach neuen Ansätzen, damit der Wald überlebt. Einer der innovativsten Waldbesitzer kommt aus dem Landkreis Regensburg. Ferdinand Graf von Drechsel wurde am Wochenende in Lichtenau (Nordrhein-Westfalen) bei der Verleihung des Deutschen Waldpreises mit einem zweiten Platz geehrt. „Waldbesitzer des Jahres“ wurde Ingo Siebert, dem ein Stück Genossenschaftswald in Hessen gehört. Die Auszeichnung, 2019 zum zweiten Mal von Medien, Wirtschaft und Verbänden vergeben, soll das Bewusstsein für den Wert intakter Wälder schärfen und Forstleute motivieren, sich für ihre Branche auch in der Öffentlichkeit starkzumachen.

Graf Drechsel – seine Familie ist seit 1556 Waldbesitzer in der heutigen Oberpfalz – geht schon lange eigene Wege, um den Forst für Extrem-Herausforderungen zu rüsten. Er setzt seit 30 Jahren auf leichte Maschinen, die die Bodenstrukturen wenig stören, und auf den Sortenmix. 16 Hauptbaumarten wachsen in den Drechsel-Wäldern, anstelle von Fichten-Monokulturen, die unter Dürre besonders leiden. Und: Bis zu 300 Jahre alte „Methusalems“ dürfen hier bis zu ihrem natürlichen Verfall stehenbleiben.

Seit dem Frühjahr 2019 ist der Forst um Karlstein Versuchsgebiet eines Bundesforschungsprojekts, bei dem drei Universitäten und die Cadmium GmbH Regenstauf mit einer speziell entwickelten Drohne den Harzausstoß beobachten, um früh den Befall mit Borkenkäfern zu ermitteln und zu untersuchen. „Die private Forstwirtschaft braucht jetzt unbürokratische und schnelle Hilfe, um befallenes Holz aus dem Wald zu holen“, sagt Drechsel. Wegen des Holz-Überangebots fallen die Preise aktuell ins Bodenlose. „Die Kosten für die Aufarbeitung übersteigen teilweise bereits den Ertrag.“

Die Waldpreis-Jury würdigte außerdem die bundesweit einzigartige Ausstattung des 2015 eröffneten Naturfriedhofs Schlosswald unter anderem mit QR-Codes. Familien können an den Gräbern private Erinnerungen – Bilder und Filme – hinterlegen.

„Damit die Waldwende gelingt, werden wir ganze neue Schwerpunkte setzen und quer denken müssen.“Ferdinand Graf von Drechsel

Käfer und Klima sind zur akuten Gefahr geworden. Damit nicht wie in Südeuropa ganze Regionen verkarsten, braucht es für die Aufforstung flexible Regeln, waren sich die Experten beim Symposion, das die Preis-Verleihung in Lichtenau flankierte, einig. „Wir dürfen nicht landesweit auf einzelne protegierte Arten setzen, sondern müssen auf die jeweilige Bodenbeschaffenheit achten“, sagt Drechsel und verweist etwa auf das Regental, wo unterschiedlichste Standortqualitäten zusammentreffen. Drechsel: „Damit die Waldwende gelingt, werden wir ganz neue Schwerpunkte setzen und quer denken müssen.“

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