Baumart
Die Birke ist ein einmaliger Baum

Birken wurden als „forstliches Unkraut“ verschrieen. Dabei können sie so viel – und sind eine Antwort auf den Borkenkäfer.

03.09.2019 | Stand 16.09.2023, 5:35 Uhr

Der Farbstoff Betulin ist schuld am Erkennungsmerkmal weiße Rinde: Die (Sand)Birke spielt aber nicht nur bei der Wiederbewaldung eine große Rolle. Sie ist ein ökologisches Wunderwerk. Fotos: Schoplocher

Die kennt nun wirklich jedes Kind, Verwechslungsgefahr gleich null. Aber wer weiß schon, dass die Birke eine Alleskönnerin ist. Beispiele gefällig? Sie ist diejenige, die bei einer Wiederbewaldung die schnellste Rolle spielt. Sie ermöglicht dank ihrer lichten Krone das Heranwachsen anderer Bäume. Sie vermag Böden vor Erosion zu schützen. Und dann ist sie vor allem noch eines: idealer Lebensraum für unzählige Tiere, Insekten und Pilze.

Jürgen Köbler fasst das anders zusammen: Die Sand- oder Hängebirke, auf die wir uns hier beschränken, wird unterschätzt und zu Unrecht in unserer Gegend als „Stauern“ bezeichnet. Weil der 55-Jährige aber Förster ist, weist er natürlich zuerst auf die waldbauliche Bedeutung hin. In einer Lichtung oder auf einer Kahlfläche – Stichwort Borkenkäferloch – drängt sich diese Pionierbaumart regelrecht auf.

Die Stärken der Birke

Gut gepflegte Birkenstämme seien als Furnier- und Sägeholz sehr gesucht, räumt der Fachmann gleich noch mit dem Vorurteil auf, dass die Baumart nur als Brennholz tauge. Als weitere Vorteile machte er eine relative Unempfindlichkeit gegen Verbiss aus, auch Winter- und Spätfrost kann sie gut wegstecken. Doch es gibt auch Nachteile: Wechselfeuchte Standorte scheiden aus, zudem ist sie windwurfgefährdet.

Durch die forstliche Brille gesehen ist die Birke nur bis etwa 80 Jahren interessant, auch höhenmäßig spielt sie mit maximal 30 Metern eher in der unteren Liga. Dafür aber ist sie anspruchslos, was ihren Standort angeht. Sandig geht, sauer auch und allzu nährstoffreich muss er nicht sein. Das ist der Grund, warum Birken sogar auf Industriebrachen wachsen können.

Was die Birke alles kann

Von Kelten, Germanen und anderen Völkern ist ein Birkenkult überliefert, genannt wird sie auch „Braut des Waldes“. Das bevorzugte Fluggerät von Hexen sollen Besen aus Birkenholz gewesen sein, ihre Zweige Zauberei abwehren. Apropos Zweige: Als Sinnbild des Lebendigen erleben Birken als „Maiengrün“, als Maibaum oder als Dekoration bei (Frühjahrs)Festen vielerorts eine dekorative Huldigung. Groß und umfangreich ist ihre Bedeutung als Heilpflanze. Stichworte Öl, Tee, Haarwasser. Die Behandlung von Hauterkrankungen setzt gerne auf Birke.

Zur Person: Verbundenheit:
Jürgen Köbler (55) stammt aus dem Odenwald und engagierte sich schon als Schüler im Naturschutzbund. Nach dem Forstwirtschaftsstudium ist er seit 1990 „diesseits des Cerchovs“ in verschiedenen Funktionen für die Bayerische Forstverwaltung tätig, aktuell als Revierleiter Furth im Wald.„Mich hat es immer fasziniert, in möglichst naturnaher Landschaft unterwegs zu sein und dort die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Pflanzen, Tieren und Menschen zu beobachten und verstehen zu lernen.“

Noch einmal zur hohen ökologischen Bedeutung: Auf einer Birkenart in Russland wurden 570 Insektenarten gezählt. Das häufig anfallende Birken-Totholz dient vielen Tier- und Pflanzenarten als Substrat und Lebensraum. Genug Gründe, um aus dem Schatten zu treten?!