Serie
Eine Forscherin entdeckt ihr Lehr-Gen

Prof. Dr. Aida Nonn lehrt an der OTH Regensburg Technische Mechanik. Mathe und Physik faszinierten sie schon als Schülerin.

17.12.2014 | Stand 16.09.2023, 7:08 Uhr
Prof. Dr. Aida Nonn lehrt seit dem Wintersemester an der OTH Regensburg Technische Mechanik. −Foto: Knobloch

Wenn Prof. Dr. Aida Nonn über ihr Spezialgebiet Bruchmechanik spricht, ist ihr die Begeisterung deutlich anzumerken. „Es geht darum, herauszufinden, warum ein Bauteil Risse bekommt, und wie man es so konstruieren kann, dass es nicht versagt“, erklärt sie. Seit Oktober lehrt die 38-Jährige an der Fakultät Maschinenbau der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Regensburg Technische Mechanik. „Die Interaktion mit den Studenten ist super“, schwärmt Nonn. „Sie stellen gute Fragen und bringen mich damit oft selbst zum Nachdenken.“ Wichtig ist ihr, dass die Studenten verstehen, wofür sie das Gelernte später in der Praxis brauchen.

Den Bezug zur Technik haben Nonns Eltern ihr vermittelt: Ihr Vater war Professor im Bereich Maschinenbau, ihre Mutter hatte Elektrotechnik studiert und unterrichtete an einer Fachschule. „Ich hatte Spaß daran, die kniffeligen Matheaufgaben zu lösen, die sie mir mitbrachte“, erzählt Nonn. 1993 floh die Familie vor dem Krieg in ihrer Heimat Bosnien nach Deutschland. „Ich war damals 17 Jahre alt und sprach kein Wort Deutsch.“ Am Gymnasium wählte sie in der Oberstufe ihre Lieblingsfächer Mathe und Physik als Leistungskurse.

Begeisterung für die Forschung

Nach dem Abitur wollte die junge Frau an der RWTH Aachen eigentlich Informatik und Maschinenbau studieren – entschied sich dann aber doch für das Bauingenieurwesen. „Die Vielseitigkeit dieses Fachs hat mich überzeugt“, sagt Nonn. Im Zuge ihrer Diplomarbeit am Lehrstuhl für Stahlbau kam sie erstmals in Kontakt mit der Forschung – und war sofort fasziniert. „Ich dachte: Wow, das will ich machen“, erzählt Nonn. Besonders gut gefiel ihr, dass die Forschungsergebnisse sofort in Normen für die Praxis implementiert werden konnten.

Für Nonn stand fest, dass sie weiter forschen wollte. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Eisenhüttenkunde der RWTH Aachen beschäftigte sie sich vertieft mit Bruch- und Schädigungsmechanik. Ihre Doktorarbeit schrieb sie zum Thema „Experimentelle und numerische Analyse des Schädigungsverhaltens von Hybridlaserschweißverbindungen“.

Als Doktorandin gab Nonn auch Kurse für Studenten. „Damals habe ich gemerkt, dass mir auch die Lehre Spaß macht.“ Offenbar hatte auch sie das „Lehr-Gen“ ihrer Familie geerbt: „Meine Eltern sind beide in der Lehre aufgegangen, auch meine Tante und meine Schwester unterrichten.“ Nonn selbst hatte ihre Zukunft bislang jedoch ausschließlich in der Forschung gesehen.

2007 wurde sie Projektleiterin in der Abteilung Mechanische Prüfung und Bruchmechanik bei der Salzgitter Mannesmann Forschung GmbH. In Versuchen überprüfte sie dort etwa die Sicherheit von Erdgaspipelines. Um sich weiterzubilden, nahm sie 2011 eine halbjährige Auszeit und forschte als Post-Doktorandin mit einem DAAD-Stipendium an der Cornell University in den USA. „Das war eine tolle Erfahrung“, sagt sie. Jungen Wissenschaftlern rät sie, zu veröffentlichen und zu Konferenzen zu fahren. „So bleibt man auf dem neuesten Stand und kann Kontakte knüpfen, die auch die eigene Arbeit weiter voranbringen“, sagt sie.

An der Fakultät Maschinenbau der OTH Regensburg ist Nonn nun eine von nur drei Professorinnen – bei 37 männlichen Kollegen. Auch Studentinnen gibt es in diesem Fach nur wenige. Für Nonn ist das eine neue Erfahrung: „Im Bauingenieurstudium und auch später während der Promotion lag der Frauenanteil immer mindestens bei 25 Prozent.“

Berufstätige Mutter als Vorbild

Gut findet sie, dass es an der Hochschule Projekte wie „LITTLEtech“ oder die „First Lego League“ gibt, die Jungen und Mädchen spielerisch an Technik heranführen. „Auch viele Mädchen sind technikbegeistert, werden aber durch stereotypische Spielzeuge oder Sprüche wie ,Das ist nichts für dich‘ in eine bestimmte Richtung gedrängt.“

Nonn ist selbst Mutter eines fünfjährigen Sohnes, der derzeit mit ihrem Mann in Düsseldorf lebt. An den Wochenenden pendelt sie daher quer durch Deutschland – bald soll die Familie aber in die Oberpfalz nachkommen. Für Nonn stand fest, dass sie mit Kind weiter arbeiten wollte. „Meine Mutter war auch voll berufstätig – wenn man ein solches Rollenbild hat, fällt dieser Schritt leichter“, sagt sie. Oft würden Frauen, die nicht bis zum dritten Lebensjahr des Kindes zuhause bleiben, von der Gesellschaft als Rabenmütter abgestempelt. „Wichtig ist, dass man sich die Arbeit mit dem Partner teilt und auch Hilfe bei der Kinderbetreuung in Anspruch nimmt.“

Einer Frauenquote, wie die Politik sie gerade für die Aufsichtsräte großer Unternehmen beschlossen hat, steht Nonn skeptisch gegenüber. Ihrer Ansicht nach sollte die Politik lieber mehr für Chancengleichheit tun – etwa indem Eltern bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie besser unterstützt werden. „Dann bräuchte man künftig keine Quote mehr.“