Die Ware Fußball
Das Gefüge ist wichtiger als die Höhe

Profifußballer verdienen in Deutschland bis in die 3. Liga sehr gutes Geld. Zweitligaaufsteiger SSV Jahn agiert preisbewusst.

28.08.2017 | Stand 16.09.2023, 6:28 Uhr

Mit dem Aufstieg in die 2. Bundesliga sind auch die Gehälter der Jahn-Profis nach oben gerutscht. In der Branche gilt jedoch der SSV Jahn als preisbewusst agierender Verein. Foto: <Media: w>/dpa

Neulich, beim Zweitligaspiel des SSV Jahn gegen den 1. FC Nürnberg, fachsimpelten auf der VIP-Tribüne der Continental Arena zwei Experten über einen Spieler der Franken. Dabei kam auch dessen Gehalt zur Sprache, es wurde auf monatlich 40000 Euro plus 1500 Euro Punktprämie taxiert. Macht nach Adam Riese ein garantiertes Jahressalär von 480000 Euro brutto – und da der FCN nicht nur an diesem Sonntag in Regensburg, sondern auch in der Woche zuvor gegen Kaiserslautern gewonnen hatte, verdiente sich der junge Mann allein an den ersten beiden Spieltagen der neuen Saison 9000 Euro dazu.

Das klingt nach viel, enorm viel sogar. Doch ein Spitzenverdiener ist besagter Akteur mit diesen Zahlen beileibe nicht. Wie das zur Focus Online Group gehörende Portal www.finanzen100.de bereits vor gut einem Jahr berichtete, liegt in der 2. Bundesliga das Durchschnittsgehalt bei 450000 Euro. Der 1. FC Nürnberg wurde in der Gehaltstabelle damals auf Platz drei geführt, demnach steckte jeder „Clubberer“ im Mittel 667000 Euro pro Jahr ein. Am besten verdiente man in der Rangliste von www.finanzen100.de als Spieler des 1. FC Heidenheim (FCH), satte 826000 Euro betrug hier das Durchschnittseinkommen.

Für Außenstehende mag dies überraschend klingen, schließlich gelten sowohl die schwäbische 48000-Einwohner-Stadt selbst als auch ihr Fußballclub als wenig glamourös. Doch Branchenkenner schätzen den FCH nicht nur als sportlich höchst ambitioniert, sondern auch als finanzstark ein – nicht zuletzt dank des langjährigen Engagements ortsansässiger Unternehmen wie des Verbandsstoffherstellers Paul Hartmann AG oder des Technikkonzerns Voith.

Beim SSV Jahn hat man die wirtschaftliche Potenz des Clubs von der Schwäbischen Alb erst kürzlich aus nächster Nähe kennengelernt. Als Kolja Pusch, einer der Aufstiegshelden der letzten Saison, seine Pläne für einen Wechsel nach Heidenheim offenbarte, musste der Regensburger Geschäftsführer Dr. Christian Keller nur einen Blick auf das künftige Gehalt des Offensivspielers werfen, um zu wissen: Hier kann er nicht mithalten.

Es ist ohnehin eine Binsenweisheit, dass der Jahn zu den Vereinen gehört, die das Durchschnittsgehalt im Fußball-Unterhaus drücken. Am Hungertuch nagen muss dennoch kein Profi des SSV. Deren Einkommen sind zwar ein gut gehütetes Geheimnis, doch man darf davon ausgehen, dass nur bei den wenigsten Regensburger Kickern kein fünfstelliger Betrag auf dem monatlichen Lohnstreifen steht. Natürlich sind mit dem Aufstieg in die 2. Bundesliga auch die Gehälter der Jahnprofis eine Stufe nach oben gerutscht. Angesichts enorm gestiegener Einnahmen – allein das Fernsehgeld erhöhte sich von 711000 auf 6,7 Millionen Euro – ist dies jedoch gut finanzierbar. Dennoch sind die Jahnmacher ihrem in Drittligazeiten bewährten Sparkurs treu geblieben und haben in Sachen Kaderverstärkung sehr preisbewusst agiert. Zwar könnte man sich jetzt durchaus den einen oder anderen „teuren“ Spieler leisten, aber laut Vorstandschef Hans Rothammer täte sich dann eine neue Schwierigkeit auf: „Das Gehaltsgefüge wäre kaputt.“ Eine Fußballmannschaft muss also nicht nur in sportlicher und menschlicher Hinsicht clever zusammengestellt sein, es sollte auch die Einkommensschere zwischen den einzelnen Spielern nicht zu weit auseinanderklaffen. Andernfalls sind Neid, Missgunst und weitere erfolgshemmende Konsequenzen vorprogrammiert.

Zum Verdienen von gutem Geld können sich Kicker übrigens sogar in die 3. Liga hinabbegeben. Immerhin noch 116000 Euro verdient dort ein Spieler im Schnitt – so hat es wiederum www.finanzen100.de ermittelt und dazu treffend angemerkt: „Das sind Jahresgehälter, mit denen die Profis zu den oberen zehn Prozent der deutschen Arbeitnehmer gehören – auf einem Niveau mit Unternehmensberatern oder Bankern.“

Berechtigt oder nicht? Darüber lässt sich trefflich streiten. Fest steht jedoch, dass ein Profikicker im Normalfall nur runde zehn Jahre die Möglichkeit dieses guten Verdienstes hat. Zudem kann eine Verletzung oder eine Formkrise zum falschen Zeitpunkt von heute auf morgen das Ende bedeuten. Nicht vergessen sollte man zudem, dass selbst ein Drittligafußballer zu den besten 1500 Vertretern seiner Zunft gehört. Es ist daher lediglich ein einfaches Marktgesetz, dass einem diese stark nachgefragte Spezialbegabung in einer fußballverrückten Nation wie Deutschland sehr gut bezahlt wird.

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Dieser Text ist ein Beitrag aus der Wirtschaftszeitung. Hier geht es zum E-Paper.www.die-wirtschaftszeitung.de/epaper