Historische Verhandlungen
IG Metall: Wackersdorf ist „verdammt wichtig“ im Tarifkampf

21.07.2022 | Stand 15.09.2023, 4:19 Uhr
Jörg Hofmann (2.v.l.) sprach auf dem BMW-Gelände in Wackersdorf mit Betriebsräten und Vertrauensleuten. −Foto: Daniel Pfeifer

Wenn jemand weiß, wie man kämpft, dann die Belegschaft des BMW-Werks in Wackersdorf (Landkreis Schwandorf). Im großen Verbund des Münchner Autobauers geht der abgelegene Oberpfälzer Standort gerne mal unter und muss daher seit Jahre immer wieder um das Überleben kämpfen.



Es ist also ein perfekter Ort für Jörg Hofmann, den obersten Chef der IG Metall, Deutschlands bekannteste Gewerkschaft, um auf die kommenden Lohn-Verhandlungen einzuschwören.

Am Donnerstagvormittag besuchte Hofmann im Industriegebiet Wackersdorfs die Firmen Benteler und BMW, sprach über aktuelle Herausforderungen und ging mit der Belegschaft auf Tuchfühlung. Es gebe heute viele Herausforderungen: Inflation, Energiepreise Embargos gegen Russland. Der Autozulieferer Benteler meistere jedoch laut Hofmann besonders eine Herausforderung sehr gut: Die Transformation hin zur Elektromobilität. Denn wo früher nur für Verbrenner produziert wurde, entstehen heute Batteriewannen für Elektroautos. Und auch bei BMW steht ein solcher Wandel an. Das Werk in Wackersdorf, das Cockpits baut und Logistik übernimmt, ist noch immer im Kampf um die Zukunft des Standortes.

„Wir haben erste Teilerfolge“

„Ich war seit meiner Jugend nicht mehr in Wackersdorf, als es noch Bauzäune gab“, sagte Hofmann in Anspielung auf die WAA-Proteste. Diesen Kampfgeist sieht er ungebrochen: „Wackersdorf ist schon immer ein Werk, das um seine Zukunft ringen muss im BMW-Verbund.“ Unvergessen ist für die Belegschaft, als sie 2008 mit Groß-Streiks den Fortbestand ihres Werkes verteidigte.

Heute dürfe man die Zukunft sicherer sehen. „Wir haben erste Teilerfolge“, sagt Betriebsrat Michael Faltermeier. Der größte: Im Mai bekam das Werk einen Folgeauftrag für seine Cockpitfertigung. Daher entsteht hier in den kommenden Monaten eine nagelneue Fertigungslinie, die weit über das Jahr 2034 hinaus fit ist, auch für E-Autos. Außerdem wurde durchgesetzt, dass zweimal im Jahr die obersten Entscheider bei BMW aus München nach Wackersdorf zum Standortgespräch geschickt werden.

Doch bei aller Zuversicht gibt es im hier und jetzt noch Sorgen: Viele Teile, die nach China geliefert werden, rollen durch Russland. Und die Unsicherheiten in der Energieversorgung lassen auch das Werk in Wackersdorf nicht kalt.

Wohl harte Verhandlungen im Herbst

Für die Angestellten ist jedoch erst einmal eine Entwicklung dramatisch: die Inflation. Lebenshaltungskosten stiegen zuletzt dramatisch. Nun fordert die IG Metall, die Löhne ebenso dramatisch anzuheben. Eine Tariferhöhung von acht Prozent ist deren Forderung, die höchste seit 2008. Die IG Metall lebe in einer „Fantasiewelt“, sagte dazu jüngst Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf, der die Arbeitgeber vertritt - acht Prozent seien undenkbar.

„Die Fantasiewelt sieht so aus, dass selbst acht Prozent mehr Lohn wohl im Supermarkt gar nicht ausreichen“, kommentierte Hofmann den Vorwurf am Donnerstag. Wolle man wirklich die Löhne der Inflation angleichen, sei man eher bei 12 oder 13 Prozent.

Am Ende wird es wohl auf harte Verhandlungen im Herbst hinauslaufen. Vielleicht auch mit Warnstreiks. „Gut organisierte Belegschaften wie in Wackersdorf sind daher verdammt wichtig für uns“, sagt Jörg Hofmann. BMW-Betriebsrat Matthias Schäfer gibt Rückendeckung im Tarifkampf: „Die Belegschaft ist heiß drauf. Wir sind bereit für Streiks.“

− dp