MZ-Serie
Joska fertigt Kristallkugeln für Sieger

Sportler aus der ganzen Welt jubeln mit den Pokalen von Joska aus Bodenmais. Begonnen hat das Glasmärchen im Hühnerstall.

03.06.2018 | Stand 16.09.2023, 6:11 Uhr
Eine schweißtreibende Angelegenheit: Bei der Produktion ist das Glas über 1000 Grad heiß. Foto: Martin Kellermeier −Foto: Martin Kellermeier

142 000 Zuschauer am Nürburgring in der Eifel und Millionen von Formel-1-Fans wurden am 26. September 1999 Zeuge von Josef Kagerbauers größtem Triumph. Nach exakt einer Stunde und 42 Minuten überquerte Rennpilot Jonny Herbert die Ziellinie des Rundkurses und gewann den Grand Prix von Europa. Wenige Momente später stand der strahlende Sieger auf dem Podest. Nicht nur der Brite hatte es an diesem Tag nach ganz oben geschafft – auch Josef Kagerbauer. Der Bodenmaiser war am Ziel seiner Träume, als Rennfahrer Herbert die von ihm geschliffene Siegertrophäe, eine mit Blattgold verzierte Glasschale, in den Himmel streckte. „Das war der Olymp im Pokalgeschäft“, sagt der 57-Jährige heute.

Kagerbauer ist Geschäftsführer der Firma „Joska Bodenmais“. Seit dem Jahr 1990 ist er Teil der Geschäftsleitung. Der Name des Unternehmens geht auf seinen Vater zurück, ebenfalls ein Josef Kagerbauer. Dieser machte sich im Jahr 1960 als Glasschleifer in Bodenmais selbstständig und gab mit seinen Anfangsbuchstaben dem Betrieb einen Namen: Joska. Fast 60 Jahre später hat sich der Glasexperte zu einem bedeutenden Mittelständler im Bayerwald entwickelt. Beim Weltmarktführer für Kristallpokale und Pokale aus Glas arbeiten 180 Angestellte.

Kristallkugel hat viel Gewicht

Die filigranen Trophäen haben Joska weltberühmt gemacht. Es gibt kaum eine Sportart, bei der die Sieger keinen Pokal aus dem Bayerischen Wald gewinnen können. Hochkarätige Sportler werden mit den sogenannten „Joska-Trophys“ für ihre Leistungen belohnt: Biathlon-Ass Laura Dahlmeier, Formel-1-Pilot Sebastian Vettel oder die Skirennläufer Marcel Hirscher und Felix Neureuther. „Unsere Pokale sind da, wo Gänsehaut-Feeling ist“, sagt Josef Kagerbauer.

Mit am bekanntesten sind die Kristallkugeln beim FIS Ski-World-Cup, die die Gesamtsieger am Ende der Saison überreicht bekommen. Die große Kugel aus Hochbleikristall ist zwölf Kilo schwer und kostet 3000 Euro. Joska fertigt die Trophäen seit 20 Jahren für den Verband. Mittlerweile werden jährlich bei den Weltcup-Finals 64 Weltcupkugeln an die Sieger vergeben, von Downhill bis Slalom.

„Unsere Pokale sind da, wo Gänsehaut-Feeling ist“Josef Kagerbauer, Geschäftsführer der Firma Joska Bodenmais

Bis zu diesem emotionalen Moment ist es aber ein heißer Weg. Aus einer glühenden, 1200 Grad heißen Glasschmelze formen die Bodenmaiser Glasmacher den Rohling der Weltcupkugel. Nach zehnstündiger Abkühlung gelangt der Kristall zum Kunstglasschleifer, der mit einem Diamantscheibenschleifer das unverkennbare Design mit Schneekristallen in die Kristallkugel schleift.

Joska hat ein großes Betriebsgeheimnis

Die Logos der FIS sowie die Nennung der Disziplinen und nicht zuletzt der Name des Sponsors werden in einer von Kagerbauer und seinem Team streng geheim gehaltenen Technik ins Glas eingraviert. So vielfältig und präzise könne weltweit nur Joska Glas veredeln, sagt Kagerbauer. Die Spezialmaschinen, die in den USA gebaut werden, hat Joska selbst mitentwickelt. Die Pokale für die Formel 1 bleiben für Josef Kagerbauer trotzdem etwas ganz Besonderes. Wenn der Rennzirkus im italienischen Imola oder eben am Nürburgring Station macht, liefert Joska die Siegertrophäen.

Eingefädelt hat dieses Engagement teilweise Christian Geistdörfer, der einige Jahre der Copilot von Rallye-Legende Walter Röhrl war. Eine Woche vor dem Großen Preis von Europa im Jahr 1999 hatte er Josef Kagerbauer angerufen und um Hilfe gebeten. Die eigentlichen von Renn-Hauptsponsor Warsteiner geplanten Pokale gefielen dem damaligen Formel-1-Chef Bernie Ecclestone nicht. Neue Trophäen mussten her. Für Kagerbauer und seine Pokalschmiede war das der Durchbruch. „Unser Produkt kam damit an den Hotspot“, sagt der Joska-Geschäftsführer.

Groß, größer – oder sogar Weltmarktführer: In Niederbayern und der Oberpfalz gibt es viele Unternehmen, die in ihrem Bereich national und/oder international Champions sind.Hier finden Sie alle Teile der Serie „Unsere Champions“.

Auf Glas setzt die Familie Kagerbauer seit der Unternehmensgründung bewusst. Im Hühnerstall eines Bauernhofs hatte Josef Kagerbauer senior als Glasschleifer Auftragsarbeiten für andere Firmen erledigt. Der Erfolg stellte sich schnell ein. 1974 hatte Joska bereits über 50 Mitarbeiter – auch, weil der Tourismus im Bayerischen Wald aufblühte und so die Nachfrage nach Kagerbauers Glasprodukten stieg.

25 Millionen Mark investiert

Die Kagerbauers wollten die Glasbläserei für die Urlauber anfassbar machen. 1975 eröffnete eine nach historischen Plänen gebaute Waldglashütte. Der Andrang war groß. Wohl auch deshalb haben Josef Kagerbauer und sein Vater im Jahr 1993 25 Millionen Mark in die Hand genommen, um ein Glasparadies in Bodenmais, neben der Umgehungsstraße, zu bauen. Auf insgesamt 75 000 Quadratmetern Fläche verbinden sich traditionelles Handwerk und modernes Design. Rund eine Million Gäste kommen jedes Jahr.

Für Kagerbauer hat sich die Glasbranche in den letzten Jahren neu erfunden. Mit der Massenproduktion von Gläsern will man bei Joska nichts zu tun haben. „Wir können nur auf das Handwerk setzen“, sagt Kagerbauer. Neben den Pokalen entstehen so weitere Nischen-Produkte, zum Beispiel im Deko- oder Wellnessbereich. Kagerbauer und sein Team versuchen aber auch, auf Trend-Züge aufzuspringen. Gerade erst hat das Unternehmen Totenkopf-Gläser kreiert.

„Wir können nur auf das Handwerk setzen“Josef Kagerbauer, Geschäftsführer der Firma Joska Bodenmais

Die Designer von Joska sind jeden Tag gefordert. 1000 exklusive Pokale werden jährlich gefertigt. Anfragen und Interessenten gibt es auf der ganzen Welt genug. Manche Veranstalter werden sich in Bodenmais aber nie melden, glaubt Kagerbauer. „Beim Tennis-Turnier in Wimbledon wird der Sieger immer diese Salatschüssel bekommen.“

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