Gründungen
Sie ist die Kokosblütenzucker-Frau

Ex-MyMuesli-Managerin Vivien Vogt hat eine eigene Firma gegründet. Das Produkt wird von einer Familie auf Java produziert.

22.05.2015 | Stand 16.09.2023, 7:03 Uhr
Christine Hochreiter
Vivien Vogt setzt derzeit alles auf eine Karte – und die heißt Kokosblütenzucker. −Foto: Janur

Wenn die viel strapazierte Bezeichnung Powerfrau zu jemandem passt, dann auf Vivien Vogt. Die Wahl-Passauerin braust per Rad zu unserem Termin heran. Ihr Geschäft findet derzeit an unterschiedlichen Orten statt. In der Altstadt und in einer gewerblich genutzten Halle etwas außerhalb. Im Leben der 34-Jährigen dreht sich derzeit fast alles um ein Produkt, das irgendwie zu ihrem Baby geworden ist: den Kokosblütenzucker.

Alles begann 2013/2014 mit einer Reise nach Java – und einem Trip in den Dschungel. Dort lernte sie eine Familie kennen, die seit gefühlten Ewigkeiten den Nektar aus Wildpalmen erntet, verarbeitet und davon lebt. Vogt: „Ich war begeistert, wie ehrlich, schlicht und puristisch diese Leute in ihrer Enklave leben – mit den ewig gleichen Tagesabläufen.“ Die Männer klettern auf Kokospalmen und sammeln den Blütennektar. Dieser wird vom Rest der Familie aufgekocht, zerkleinert und gesiebt. „Auch wenn schon die Jüngsten mit dabei sind – es ist keine Kinderarbeit. Der Nachwuchs hilft halt überall mit“, sagt Vivien Vogt. Den kostbaren und auch sehr kostspieligen Zucker verwendet die Familie ausschließlich zum Kochen, für den Tee und Kaffee wird raffinierter Zucker gekauft.

Brückenschlag zwischen Welten

Irgendwann wusste sie dann, was zu tun war. Ende 2014 gründete Vogt ihre eigene GmbH. Sie kündigte ihre Stelle bei MyMuesli und begann damit, den Kokosblütenzucker „ihrer“ Familie unter dem Namen Janur zu vermarkten. Janur heißt auf Indonesisch „Palmblatt“. Das Knowhow dafür beherrscht sie aus dem Effeff. Weil sie von der Qualität ihres Kokosblütenzuckers „zu 1000 Prozent“ überzeugt ist, verzichtete sie auf die übliche Marktanalyse und konzentriert ihre gesamte Energie auf ihre neue kleine Firma – nach dem Motto: „Was andere machen, interessiert mich nicht. Ich mache das besser und anders.“ Auf eine Zertifizierung ihres Zuckers beziehungsweise auf ein Bio-Gütesiegel hat Vivien Vogt bewusst verzichtet. Schließlich kenne sie die Familie, die Prozesse – die Menschen, die ihr Produkt herstellen und ist immer wieder vor Ort zugegen, um nach dem Rechten zu sehen. Trotz der riesigen räumlichen Distanz sind Transparenz und Glaubwürdigkeit für sie kein Thema.

Verpackungen aus Bambusrohr

Die Gründerin weiß sich und ihr Produkt perfekt in Szene zu setzen. Vor kurzem holte sie den Sieg bei der Passau-Ausgabe des TV-Formats „Perfektes Dinner“ auf Vox. Und berichtet im Nachhinein: „Ich habe nur mitgemacht, um meinen Kokosblütenzucker zu promoten.“ Das hat anscheinend gut funktioniert. Inzwischen hat ihr ein Verlag bereits angeboten, ein einschlägiges Kochbuch zu schreiben.

Keine Rodungen erforderlich

Vivien Vogt ist überzeugt, dass im Zucker viel Potenzial steckt. „Wer hätte vor ein paar Jahren gedacht, dass man im Supermarkt mal x Sorten Salz kaufen kann“, sagt sie. Die Zielgruppe seien Genussmenschen, die auch verstärkt auf Nachhaltigkeit und Fairtrade achten. 2016 will sie die Gewinnschwelle erreicht haben – unter anderem auch mit personalisierten B2B-Angeboten. Wertigkeit ist für die Gründerin ein wichtiges Wort – und der Glaube an die eigene Kraft ...