Serie
Starke Röhrchen für Motoren

Die Maschinenfabrik Guido macht Einspritzleitungen für Fahrzeuge. Die Neutraublinger Firma expandiert – trotz Dieselkrise.

10.03.2018 | Stand 16.09.2023, 6:15 Uhr

Unternehmer Hans-Jürgen Guido hält eine Dieseleinspritzleitung in den Händen – die Spezialität seiner Firma. Foto: Unrecht

Bedächtig lässt Hans-Jürgen Guido die stählernen Überwurfmuttern durch die Hand rieseln. „Sie werden kaltumgeformt – wie Plätzchenteig“, sagt der Neutraublinger Unternehmer. Er steht im dunklen Anzug in der Produktionshalle seiner Firma und ist zugleich mitten in seinem Element. Die Luft riecht ein wenig nach Öl, das Brummen der Maschinen füllt den Raum. In der Maschinenfabrik Guido entstehen spezielle Rohrbauteile für Verbrennungsmotoren. Die Überwurfmuttern – rund 120 000 werden bei Guido täglich produziert – sind ein Teil davon. Die eigentliche Spezialität der Neutraublinger sind besonders belastbare Dieseleinspritzleitungen. In diesem Bereich sind die Oberpfälzer Europas größter Hersteller. „Weltweit sind wir die Nummer zwei“, sagt Unternehmer Guido. Er führt den Betrieb in dritter Generation und glaubt fest daran, dass der Diesel Zukunft hat: „Das Ende des Verbrennungsmotors sehe ich nicht.“

60 Millionen Euro

Auf einer Fertigungsfläche von 12 000 Quadratmetern wird in Neutraubling produziert. Pro Tag entstehen bei Guido 80 000 Dieseleinspritzleitungen, 16 Millionen sind es im Jahr. Jede vierte Dieseleinspritzleitung weltweit kommt aus der Oberpfalz. In Europa liegt der Marktanteil noch höher – bei 45 Prozent. Neben Neutraubling betreibt der Mittelständler weitere Produktionsstandorte in Frankreich, den USA und in der Schweiz. Der Gesamtumsatz liegt bei 60 Millionen Euro. Zu den Kunden gehören viele große Fahrzeughersteller.

Der große Vorteil von Guido: Die Firma fertigt individuell und ist unabhängig. Sie produziert nicht nur ihre eigenen Bauteile, sondern auch die benötigten Werkzeuge und Maschinen. Insgesamt arbeiten 375 Mitarbeiter bei Guido, davon 290 in der Oberpfalz. 15 Lehrlinge bildet die Firma derzeit aus, im kaufmännischen und auch im gewerblichen Bereich. „Viele unserer Führungskräfte haben als Lehrlinge bei uns angefangen“, erzählt der Firmenchef. Derzeit gehe die Nachfrage nach Ausbildungsstellen zurück. Ob dies dem demografischen Wandel geschuldet ist oder eine Auswirkung des Diesel-Skandals, vermag Guido nicht zu beurteilen. Fest steht allerdings: Die Debatte um Dieselfahrzeuge, Fahrverbote in deutschen Innenstädten und der VW-Abgasskandal gehen auch an der Firma Guido nicht spurlos vorbei. Mitarbeiter seien verunsichert, er werde gefragt, ob das Unternehmen eine Zukunft habe, so der Firmenchef. Die Antwort darauf fällt eindeutig aus: „Wir expandieren, weil wir immer höhere Stückzahlen produzieren.“

Neue Produktionshalle

Derzeit wird in Neutraubling eine weitere Halle gebaut, mit dem Bau einer neuen Produktionshalle soll noch in diesem Jahr begonnen werden. Die Firma befindet sich im „scharfen Wettbewerb“, betont Guido. Das beschäftige ihn viel mehr als die Dieseldiskussion, zumal er auch Leitungen für Benzinmotoren herstelle. In der Produktion wird bei Guido zunehmend automatisiert. Die Zahl der unqualifizierten Mitarbeiter nimmt ab, dafür gibt es ein Plus an qualifizierten Stellen. Derzeit liefert das Oberpfälzer Unternehmen Einspritzleitungen für Verbrennungsmotoren in diversen Einsatzgebieten – vom kleinen VW Polo bis zum großen SUV, für Lkw, Omnibusse, Schiffsmotoren und Generatoren für Krankenhäuser. „Unser Geschäft wird sich künftig in Richtung größere Fahrzeuge verlagern“, ist der Unternehmer überzeugt. Kleinere Stadtautos mit Dieselmotoren, die heute noch in großen Stückzahlen produziert würden, werden laut Guido weniger werden. „Schwere Lkw oder Traktoren werden aber auch in hundert Jahren nicht elektrisch unterwegs sein.“

Flüssiger Kraftstoff ist laut Guido, der Physik studiert hat und an der Harvard-University in Boston (USA) einen „Master of Engineering“ erworben hat, besonders leistungsfähig. Diese Energiedichte sei mit E-Mobilität kaum zu erreichen, für schwere Fahrzeuge oder Flugzeuge aber notwendig. In einer Kraftsteckdose, wie sie in Privathaushalten zum Beispiel für den E-Herd verwendet wird, stecken laut Guido drei Kilowatt Leistung. Die Leistung einer Zapfsäule an der Tankstelle betrage dagegen 27 000 Kilowatt. Dazu kommt, dass Batterien laut Guido einige Probleme mit sich bringen: Sie müssten hergestellt werden – und die Materialien seien fast komplett in asiatischer Hand. Außerdem seien Batterien schwer, benötigten Ladestationen und lange Aufladezeiten. „Die Zukunft der Mobilität wird eine Mischung verschiedener Lösungen sein“, ist Guido überzeugt. Solange die Energiewende nicht vollzogen sei, halte er die Diskussion aber für verfrüht. Bei der Stromproduktion habe sich der Anteil der fossilen Energie in den vergangenen zwanzig Jahren kaum verändert. „Die Fortschritte sind mau.“

Synthetische Kraftstoffe

„Wer die CO2-Belastung und den Feinstaub reduzieren will, muss Diesel fahren“, sagt Guido. Denn Dieselfahrzeuge hätten einen bis zu 20 Prozent geringeren CO2-Ausstoß als Benziner und Feinstaub werde dank Filter bei Euro-5- und Euro-6-Diesel nahezu aufgefangen. Auch bei den Stickoxiden stünden Diesel nach der – derzeit heftig diskutierten Hardware-Nachrüstung – gut da. „Aus technischen Gründen müsste der Diesel also weiterleben“, so Guido. Ein weiterer wichtiger Bausteine für die Mobilität der Zukunft sei synthetischer, CO2-neutraler Kraftstoff.

Um die Zukunft seines Betriebs macht sich der gebürtige Neutraublinger keine Sorgen. Erst im vergangenen Jahr hat er sein Elternhaus, das bis dahin noch auf dem Firmengelände stand, abreißen lassen, um erweitern zu können. Wo früher einmal der Sandkasten stand, ragt jetzt ein Kran in die Höhe. Potenzielle Firmen-Nachfolger gibt es auch. Vier Kinder im Alter von elf bis 22 Jahren hat der Unternehmer. Er ist optimistisch, dass der Betrieb in Familienhand bleibt. Noch hat der 1965 geborene Firmeninhaber die Zügel allerdings fest in der Hand. Sein Chefsessel steht im Großraumbüro: „Ich bin mitten im Tagesgeschäft.“

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