Interview
„Wald – am besten jeden Tag!“

Der Mediziner Prof. Dr. Thomas Loew erklärt, warum den Menschen ein Spaziergang in der Natur so gut tut.

05.07.2018 | Stand 16.09.2023, 6:08 Uhr
Thomas Loew

In Japan heißt es Waldbaden, in Österreich Waldness: Erholung im Wald ist ein Tourismustrend. Ist Wald tatsächlich Medizin?

In der Medizin werden Naturheilverfahren immer wichtiger. Der Wald hat ganz unterschiedliche Effekte auf unseren Körper. Aus phytotherapeutischer Sicht, also der Pflanzenheilkunde, ist ein Waldspaziergang eine Inhalationstherapie mit ätherischen Ölen. Wir genießen eine Sauerstoffdusche, genau dort, wo der Sauerstoff produziert wird. Das Atmen entschleunigt uns. Aus psychologischer Sicht entspannt uns der Wald. Das liegt an der Farbe grün. Das Farbspiel der Natur wirkt auf uns, dem können wir uns nicht entziehen. Zudem liefert der Wald viele Möglichkeiten der Selbstertüchtigung und der Gesundheitspflege. Wir können joggen, walken oder Kraftsport betreiben. Die Früchte des Waldes liefern gesunde Nährstoffe, die uns bei der Zellerneuerung unterstützen. Im Wald steckt zudem viel Symbolisches. Einen Baum kann man nicht verpflanzen, aber er bewegt sich flexibel im Wind der Widrigkeiten. Sich flexibel dem Sturm zu beugen und nicht dagegen anzukämpfen, kann auch ein wichtiger Aspekt in der Psychotherapie sein.

Einer japanischen Studie zufolge kann der Wald eine Krebsprophylaxe sein?

Das ist sehr komplex, aber tatsächlich kann der Wald uns vor Krebs schützen, unter anderem, weil er unser Immunsystem stärkt. Bislang sind solche Strategien in der Medizin vernachlässigt worden. Man müsste Geld in die Hand nehmen und noch viel genauer dazu forschen.

Und wie ist es mit Stress?

Immer, wenn ich mich in Bewegung setze, spielen Emotionen eine nachgeordnete Rolle. Deshalb geht es uns nach einem Spaziergang gut. Wenn ich das Ganze im Wald mache, habe ich alle positiven Effekte zusätzlich.

Wie oft sollten wir in den Wald gehen?

Am besten jeden Tag.