Serie
Sebastian Bezzel, der ewige Polizist

Er spielt „Tatort“-Kommissar Perlmann und Dorfpolizist Franz Eberhofer. Jetzt will der Schauspieler auch mal der Fiese sein.

29.11.2016 | Stand 16.09.2023, 6:39 Uhr
Schauspieler Sebastian Bezzel ist am Sonntag zum letzten Mal als „Tatort“-Ermittler Perlmann zu sehen. −Foto: Christoph Schmidt/dpa

Unterschiedlicher könnten diese zwei Polizisten gar nicht sein. Franz Eberhofer ist chaotisch, verfressen und lebt in einem Saustall. Ein strafversetzter bayerischer Dorfwachtmeister, der nicht immer ganz sauber ermittelt und abends auch mal mit einem Rausch aus dem Wirtshaus kommt. Ganz anders Kai Perlmann. Der Kriminalkommissar vom Bodensee hat beste Manieren und einen teuren Lebensstil. Ein nüchterner Typ, der auch mal zynisch werden kann und dennoch seinen Job liebt. Zwei Kommissare, die Schauspieler Sebastian Bezzel zu erfolgreichen Figuren geformt hat. Dabei, so sagte er einmal in einem Interview, spielt er eigentlich gar nicht so gerne Polizisten. „Ich will endlich auch mal der Fiese sein.“

Berufsziel hat niemand überrascht

Schauspieler, Polizist – weder das eine noch das andere war in Sebastian Bezzels Kindheit absehbar. Sein Vater Einhard Bezzel ist Vogelkundler und Tierfotograf. Als Biologie-Lehrer, Redakteur und Buchautor sowie Leiter der Vogelschutzwarte in Garmisch-Patenkirchen beschäftigte er sich viel mit der heimischen Natur. Für den heute 45-jährigen Sohn war das aber nie eine berufliche Option. Schon im Kindergarten studierte er Sketche ein und war im Schultheater aktiv. „Mein Berufsziel hat dann niemanden mehr überrascht.“

In München besuchte Sebastian Bezzel nach dem Abitur die Bayerische Theaterakademie von August Everding. Dort brachte man ihm die, wie er selbst einmal sagte, „gestelzte Bühnensprache“ bei, die er anschließend in kleinen Rollen am Münchner Residenztheater anwenden durfte. Mit 24 hatte er sein Debüt in dem TV-Film „Song Shit“ und Bezzel musste sich das Gestelzte wieder abgewöhnen und möglichst normal vor der Kamera agieren. Das gelang ihm wohl so ausgezeichnet, dass rasch Rollen in diversen Fernsehfilmen und Serien wie „Tatort“, „Geier im Reisrand“, „Der Bulle von Tölz“ und „Du oder keine“ Ende der 1990er Jahre folgten.

2001 übernahm Bezzel seine erste Hauptrolle für die Serie „Abschnitt 40“. Seine Figur? Ein Polizist! Dafür bekam er 2004 den „Deutschen Fernsehpreis“ als „Bester Schauspieler“. Im selben Jahr übernahm er auch die Rolle des Oberkommissars im Konstanzer „Tatort“-Team an der Seite von Eva Mattes. Im Laufe der Zeit wurde seine Rolle in einen Hauptkommissar umgewandelt. 13 Jahre ermittelte das Duo in Konstanz, Lindau, Friedrichshafen. Jetzt ist Schluss. Am 4. Dezember wird die letzte Folge „Wofür es sich zu leben lohnt“ im Sonntagabendprogramm der ARD (20.15 Uhr) ausgestrahlt. Bezzel sagte unmittelbar nach dem Aus, dass es für ihn ein Befreiungsschlag sei. Endlich müsse er nicht mehr fragen: „Wo waren sie gestern um die und die Uhrzeit?“

So richtig vorbei ist das mit den Krimis und Kommissarrollen aber auch weiterhin nicht, wenngleich Bezzel inzwischen ein paar Dienstgrade abgestuft wurde. Seit 2013 klärt er als strafversetzter Polizeiwachtmeister Franz Eberhofer Morde in der niederbayerischen Provinz auf und darf dabei auch sein komödiantisches Talent zeigen. Rita Falks Heimatkrimis – gerade ist der achte Band „Weißwurstconnection“ erschienen – sind allesamt Bestseller.

Aber auch an den Kinokassen ziehen die Verfilmungen von „Dampfnudelblues“, „Winterkartoffelknödel“ und „Schweinskopf al dente“ nicht nur das bayerische Publikum an. Mit der „Grießnockerlaffäre“ ist nun bereits der vierte Teil abgedreht. Für Bezzel sind die Krimis vor allem deshalb so erfolgreich, weil sie Figuren herausarbeiten. Die Oma, die all die guten Sachen für ihren Enkel kocht, der Vater, der im Garten Marihuana anbaut, der Bruder, der mit einer jungen Thailänderin eine süße Tochter hat, der Metzger Simmerl und der Installateur Flötzinger. Es ist, als würde man sie alle aus dem eigenen Dorf kennen. Diese Charaktere funktionieren nicht nur in der bayerischen Provinz, sagte Bezzel in einem Interview. „Die gibt es überall.“

Bezzel muss es wissen. Der Bayer lebt schon seit einigen Jahren mit seiner Frau, der Schauspielerin Johanna Christine Gehlen, in Hamburg. Das Paar hat zwei Kinder im Kindergartenalter. Die Engagements werden so abgestimmt, dass es nur wenige Überschneidungen gibt, in denen dann die Oma oder ein Kindermädchen übernimmt, erzählte er der „Gala“. Gehlen spielt vorwiegend Theater, nimmt nur noch wenige Fernsehangebote an. Bezzel sagt, dass er sich und seiner Familie den Luxus gönne, auch Rollen abzulehnen.

Inzwischen alle Positionen durch

Nicht zur Diskussion stand allerdings die Anfrage 2012, ob er in die Rolle des Franz Eberhofer schlüpfen wolle. „Ich finde diese Figur einfach klasse.“ Und so wird Bezzel auch im August 2017 wieder im Kino als Dorfpolizist zu sehen sein. Und diesmal muss er einen Fall klären, in dem sogar er selbst unter Verdacht gerät.

Bezzel schließt auch nicht aus, dass er noch einmal zum Sonntagabendkrimi „Tatort“ zurückkehren könnte. Dann allerdings, so sagte er, wolle er nicht mehr der Ermittler, sondern der Täter sein. Denn im Polizeidienst habe er in 20 Jahren nun mittlerweile alle Positionen, die es dort so gibt, durchgespielt.

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