Seuche
Geflügel scharrt schon mit den Krallen

Seit vier Monaten müssen Hühner, Gänse und Enten nun schon im Stall bleiben. Das fordert Geflügelzüchter in Ostbayern heraus.

15.03.2017 | Stand 16.09.2023, 6:28 Uhr
Die Hühner in Bayern haben wegen der Geflügelpest noch immer Aussgangssperre. Wie lange die Stallpflicht noch gilt, ist ungewiss. −Foto: dpa

Die ganze Familie packt am Geflügelhof Hirsch mit an. Doch nun müsse er sich ernsthaft überlegen, ob er den Nebenerwerb noch weiter betreiben wird, sagt Markus Hirsch. Er erzählt von dramatischen Einbußen infolge der Geflügelpest. „80 bis 85 Prozent sind weggebrochen“, schätzt er. Denn es kommen so gut wie keine Kunden mehr auf den Hof in Pavelsbach im Landkreis Neumarkt, wo Hirsch Legehennen, Mastküken, Enten, Gänse und anderes Federvieh verkauft. Aber zur Zeit darf er mit seinen Tieren auf keinen Markt. Rossmarkt in Berching, Rosenmontagsmarkt in Aichkirchen – Hirsch konnte jedes Mal nur Plakate zeigen. „Aber mit denen kann man nichts verändern“, stellt Hirsch fest. „Wenn man die Tiere nur in den Stall sperren darf, dann lassen es viele bleiben.“ Für Hirsch bedeutet das: Er findet kaum Käufer.

Seit fast genau vier Monaten gilt in Bayern die Stallpflicht. „Im Sinne der Tiergesundheit und der Seuchenbekämpfung ist es jetzt besonders wichtig, eine Ausweitung der Vogelgrippe auf das Hausgeflügel zu verhindern“, teilte Umweltministerin Ulrike Scharf im November mit. Ein Ende ist nicht in Sicht. Züchter Hirsch sagt, er habe ein Schreiben bekommen, wonach die Stallpflicht mindestens bis 20. Mai gelte. Eine Verlängerung sei möglich. Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Insel Riems sieht keine Anzeichen für ein Abklingen der Seuche in Deutschland. Allein in den vergangenen sieben Tagen habe es bundesweit 60 positive Befunde bei Wildvögeln, sechs Ausbrüche in Geflügelbeständen sowie einen Vogelgrippefall in einem Tierpark gegeben, teilte eine Sprecherin des FLI mit. Das Institut geht weiter von einem hohen Eintragungsrisiko aus.

Hoffen auf den Frühling

Anfang der Woche wurden immerhin die beiden Geflügelpest-Beobachtungsbezirke Lappersdorf und Zeitlarn im Landkreis Regensburg aufgehoben. Bärbel Ammann ist die Erleichterung anzumerken. Sie und ihr Mann Fritz haben auf dem Hof in Pettendorf 230 Legehennen, deren Eier sie direkt vermarkten.Wochenlange durften sie die Eier ihrer gesunden Hühner nicht mehr abgeben, denn der Hof lag im Sperr- und später im Beobachtungsbezirk.„Es war schwierig, dass den Kunden zu erklären“, schildert Bärbel Amann. Denn den Eiern habe ja nichts gefehlt. Als der Lagerraum voll war, hat sie für die Familie Nudeln gemacht, Kuchen gebacken und Eierlikör angesetzt. Denn eines wäre das Schlimmste für sie gewesen, sagt Amann: Gute Lebensmittel wegschmeißen zu müssen. Im Zweifelsfall hätte die Familie ihre unbelasteten Eier von der Tierkörperbeseitigungsanstalt in Plattling abholen lassen müssen. Das ist nun kein Thema mehr, aber eingesperrt bleiben die Hühner der Amanns, die freien Auslauf eigentlich gewohnt sind, natürlich trotzdem.

Gerlinde Wagner, Vorsitzende der BioBauern-Gemeinschaft „Die Biohennen AG“, stellt klar, dass die Landwirte ihre Hühner natürlich „lieber rauslassen“ würden. Das Aufstallen lasse sich für die Mitglieder ihrer Gemeinschaft aber vergleichsweise gut umsetzen, weil ohnehin mehr Platz für die Tiere im Stall vorgesehen sei. Es gelte die Vorgabe, dass auf einen Quadratmeter im Stall 4,5 Hühner kommen dürfen. Zum Vergleich: Bei konventioneller Freilandhaltung sind es neun Tiere pro Quadratmeter. Wichtig sei auch, die Hühner zu beschäftigen, schildert Wagner. „Bei uns bekommen die Hühner deshalb Heuballen, Fußbälle und Karotten zum Picken.“

Josef Wittmann, Geschäftsführer des Bauernverbandes in Regensburg und Schwandorf, sagt, dass es bei Stress im Stall sogar zu Kannibalismus unter Hühnern kommen könne. Außerdem gibt er zu bedenken, dass sich das Reinigen der voll belegten Ställe schwieriger gestaltet. Und: Je wärmer es werde, desto mehr scharrten die Hühner förmlich mit den Krallen.

Gänse und Enten wollen ans Wasser

Wenn die Stallpflicht noch länger bestehen bleibt, sieht sich auch Josef Vest vor großen Problemen, was das Mästen von Gänsen und Enten betrifft.Für ihn sei die Freilandhaltung auf seinem Biohof in Aufhausen (Lkr. Regensburg) sehr wichtig. Er könne keine Tiere kaufen, nur um sie dann in den Stall zu sperren, sagt Vest.

Aber die Stallpflicht verleidet gerade auch Kleintierzüchtern ihr Hobby. Geflügelzuchtvereine hätten ohnehin schon ein Nachwuchsproblem, sagt Markus Hirsch vom Geflügelhof in Pavelsbach. Auch das Junggeflügelgeschäft sei weg. Unter seinen Kunden seien auch immer junge Familien gewesen, die ein paar Hühner im Garten halten wollten. „Es gibt ja eigentlich nichts Schöneres als mit den Kindern morgens in den Hühnerstall zu gehen und die Eier fürs Frühstück zu holen“, schwärmt Hirsch. Aber die Stallpflicht schrecke solche Kunden jetzt ab.

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