Interview
Stephan Zinner ist auf der Bühne zuhause

Angela Sonntag sprach mit dem Kabarettisten und Schauspieler über Klimmzüge als Lebensziel und Witze, die nicht klappen.

18.08.2018 | Stand 16.09.2023, 6:07 Uhr
Angela Sonntag

Stephan Zinner ist Kabarettist, Musiker, Schauspieler – und auf der Bühne zu Hause. Foto: Christoph Gremmer

Stephan Zinner ist Markus Söder im Singspiel, „Relativ Simpel“, wenn er mit seinem Programm auf der Bühne steht und als Freund immer an der Seite von Polizist Franz Eberhofer, wenn der mal wieder eine große oder kleine Lebenskrise hat und beim Wolfi im Wirtshaus abstürzt. Allgemeiner ausgedrückt: Stephan Zinner ist Schauspieler, auf Theaterbühnen oder auf dem Nockherberg, tritt als Kabarettist und Musiker auf und ist momentan wieder im Kino als Metzger Simmerl in „Sauerkrautkoma“ (Kinostart 9. August, siehe auch Filmkritik auf Seite 22), dem fünften Eberhofer-Krimi zu sehen. Langweilig wird ihm nicht, das ist auch gut so: „Würd’ ich nix tun, würd’ ich umfallen!“, sagt er selbst. Für unser Gespräch nimmt er sich dennoch ausreichend Zeit und plaudert offen und locker über seine verschiedenen Rollen.

Im „Sauerkrautkoma“ geht es am Anfang um ein Klassentreffen. Ist es denn bei Euch am Set ähnlich wie ein Klassentreffen, wenn Ihr regelmäßig – jetzt immerhin schon zum fünften Mal – alle wieder zusammenkommt?

Ja, das ist wirklich so. Da muss man auch keinen Schmarrn erzählen: Wir sind eine gute Truppe. Man fährt da einfach gern hin. Es gibt ja diese Klassentreffen, bei denen man mehrmals überlegt, ob man hingehen soll. Aber die Eberhofer-Klasse ist eine gute Klasse. Und wir haben keinen Deppen dabei ... oder Deppin, um korrekt zu sein(lacht). Es sind nette Kollegen, und das ist nicht selbstverständlich. Beim Film hat man schon manchmal komische Vögel dabei – finde ich. Aber nicht so bei den Eberhofer-Filmen, deshalb fahre ich jedes Mal gerne nach Frontenhausen zum Dreh.

Wie waren denn Deine wirklichen Klassentreffen? Gibt es die noch und fährst Du regelmäßig hin?

Tatsächlich geht es zeitlich meistens nicht. Zwei-, dreimal in der vergangenen Zeit ist so ein Treffen genau mit Kabarett-Auftritten von mir zusammengefallen. Aber sonst hatte ich in meinen Klassen eine gute Zeit. Ich komme ja vom Land, aus Trostberg, da haben wir uns alle recht gut verstanden. Wie es wahrscheinlich jeder kennt, habe ich zu einigen noch engeren Kontakt. Die wohnen auch alle noch im Chiemsee-Bereich. Da treffen wir uns öfter mal und haben dann quasi ein kleines Klassentreffen.

In Deiner Vita habe ich eine amüsante Auflistung gelesen, und zwar, dass eines Deiner Lebensziele ist, zehn Klimmzüge zu schaffen. Bei wie vielen bist Du?

Ich bin bei vier! Aber ich habe bei null angefangen. Ich bin ja doch ein ganz schönes Bummerl und man muss ja die ... wie sagt man ... Kraft-Gewicht-Relation sehen. Ein Kletterer werde ich wohl nicht mehr werden. Aber es ist ja auch ein langfristiges Ziel, kein kurzfristiges.

Ich frage auch deswegen, weil Du im „Sauerkrautkoma“ als Metzger Simmerl versuchst, den Maibaum mit einer Axt umzulegen. Könntest Du denn rein mit Muskelkraft einen Baum umlegen?

Ja, das habe ich tatsächlich schon geschafft. Aber, wenn du es nicht gewohnt bist, dass du körperlich arbeitest – also so richtig körperlich – dann merkst du das danach schon gewaltig. Wir haben das mal gemacht, als wir auf einer Hütte im Wald waren. Man kommt sich unheimlich cool vor. So richtig männlich. Mit freiem Oberkörper, mitten in den Bergen. Am nächsten Tag hätte ich aber nicht mal ein Konzert spielen können, weil ich meine Hände nicht rühren konnte. Genau deshalb ist mein Lebensziel auch nicht, einen Maibaum umzuhauen.

In den Eberhofer-Filmen gehört mittlerweile die Sequenz, in denen Ihr zu einem Lied abrockt, schon fest dazu. Diesmal waren es nur Du und Daniel Christensen alias Flötzinger. Wie war es, diese Szenen zu spielen? Kann man da noch ernst bleiben?

Klar ist das eine Riesengaudi. Lustige Szenen können aber auch ganz schön anstrengend sein. Bei einem der ersten Filme war es zum Beispiel so, dass wir Luftgitarre auf den Tischen spielen mussten. Da hat man schon Spaß ... eine Stunde lang. Dann ist es irgendwann 3 Uhr in der Früh und das Auf-den-Knien-robben oder Auf-dem-Schulterblatt-rotieren ist nicht mehr ganz so lustig. Irgendwann muss die Szene auch einfach im Kasten sein. Beim Theater sagt man: Je mehr im Publikum gelacht wird, desto unlustiger ist die Sache auf der Bühne. Ganz so ist es beim Film vielleicht nicht, aber der Satz kommt nicht von ungefähr.

Viele kennen Dich als Metzger Simmerl aus den Eberhofer-Filmen. Du machst aber viel mehr, spielst zum Beispiel auf dem Nockherberg Markus Söder. Für Dich ist beides eine Rolle, hast Du mal gesagt. Die Figuren sind aber doch sehr verschieden. Gibt es da für Dich wirklich gar keinen Unterschied?

Nein, den gibt es nicht. Ob ich einen Metzger spiele oder Markus Söder ist tatsächlich egal. Aber im positiven Sinne. Ich bereite mich auf beide gleich intensiv vor. Und was dazukommt: Ich schreibe die Rollen nicht. Wenn ich die Rolle für den Nockherberg selbst schreiben würde, müsste ich mich natürlich anders damit beschäftigen. Jetzt befasse ich mich mit der Person Markus Söder wahrscheinlich so wie jeder andere auch: Ich lese Zeitung, schaue Nachrichten oder rede mit anderen über ihn oder politische Entscheidungen. Wenn ich dann meinen Text für das Singspiel bekomme, bringe ich mich hier und da schon auch selbst ein, was Themen oder Pointen betrifft. Aber grundsätzlich bin ich ausführendes Subjekt und daher ist es eine Rolle, genauso wie wenn ich einen Theatertext bekommen würde.

Das heißt, Du beschäftigst Dich das ganze Jahr auch nicht wirklich intensiver mit der Person Markus Söder, weil Du ihn für das eine Singspiel verkörperst?

Nein, ich beobachte ihn wirklich wie jeder andere auch. Und momentan kommt man ja sowieso nicht an ihm vorbei(lacht).

Was ist an der Person Markus Söder für Dich das Schwierigste von der Darstellung her? Gestik, Mimik, Sprache, ...?

Im Endeffekt ist es wirklich die Sprache. Wir haben ihn ja Fränkisch „angelegt“. Aber jetzt spricht er gar nicht mehr im Dialekt. Es gab schon Überlegungen, ob wir uns mit der Figur auf der Bühne auch angleichen. Wir haben uns aber dagegen entschieden, weil das einfach von Anfang an ein Bestandteil der Figur auf dem Nockherberg war. Für mich war das aber immer das Schwierigste. Ich bin einfach kein Wolfgang Krebs(Kabarettist, der viele bayerische Ministerpräsidenten, unter anderem Edmund Stoiber, Horst Seehofer oder Günther Beckstein, spielt, Anm. d. Red.), der ja unglaublich gut Stimmen imitieren kann. Wolfgang kann ja auch Markus Söder super nachmachen. Das kann ich nie so, und so stell’ ich mich dieser Aufgabe auch nicht in der Weise. Ich spiele in den Szenen eher so, wie ich denke, wie Markus Söder sich verhalten würde. Das ist meine Interpretation. Es gibt nun mal Kabarettisten wie Wolfgang Krebs oder auch Chris Boettcher, die sind im Imitieren fantastisch. Aber man muss eben erkennen, was man kann und was man nicht kann. Und ich kann das nicht. Zeichnen kann ich übrigens auch nicht(lacht).

Du spielst die Figur Markus Söder seit 2004. Hast Du anfangs daran gedacht, dass Du mal den Landesvater spielen wirst?

Nein, überhaupt nicht! Ich habe eher gedacht, der verschwindet wie so viele andere auch. Mit allem, was in Parteien und auch speziell in der Partei so abläuft, dachte ich nicht, dass er durchkommt. Aber Markus Söder hatte schon eine gewisse Strategie, hat sich bei bestimmten Dingen rausgehalten, wo andere sich selbst abgeschossen haben. Und das hat offensichtlich funktioniert.

Bekommst Du Tipps von Freunden und Bekannten, wie Du Söder darstellen sollst?

Absolut. Viele kommen zu mir und sagen: „Ich hab’ da was gesehen, das wäre was für die Bühne.“ Das ist aber nicht nur auf Söder bezogen. Oftmals sind es auch Geschichten für das Kabarett. Das finde ich aber auch ziemlich gut.

Nervt Dich das nicht, wenn jeder Tipps und Ideen für eigentlich Deinen Job hat?

Nein, überhaupt nicht. Das nimmt auch nicht Überhand. Ab und zu ist es sogar eher lustig, weil manche meinen, sie haben eine total geile Geschichte und dann ist sie nicht wirklich witzig. Aber das kennt man ja auch selbst. Auch mir geht das so. Ich habe schon Nummern für mein Kabarett-Programm geschrieben, die fand ich Wahnsinn, und dann steht man das erste Mal auf der Bühne ... und keiner lacht. Tja, das passiert.

Und wie reagierst Du dann?

(lacht). Man denkt, alle anderen sind doof! Und dann denkt man noch ein bisschen nach und merkt vielleicht, dass sie doch nicht so doof sind. Dann war es eben eine verrückte Idee, die dann auch wieder vergraben wird.

Das heißt, wenn Du ein Programm fertig geschrieben hast, aber nach ein, zwei Auftritten merkst, dass einiges nicht zieht, wird wieder umgeschrieben?

Naja, wenn man eine Lieblingsnummer hat und braucht die beispielsweise, um an einer anderen Stelle daran anzuknüpfen, dann muss man halt durch. Aber ansonsten sehe ich nichts Ehrenrühriges daran, umzuschreiben oder zu kürzen. Wenn man merkt, eine Nummer funktioniert nicht, dann fliegt sie raus! Beim Kabarett geht das. Beim Theater wäre das anders. Da muss man durch den unangenehmen Akt einfach durch.

Ich kann mir gut vorstellen, in 20 Jahren noch auf der Bühne zu stehen. Da bin ich 64, da geht schon noch was! Die Bühne ist mein Lebenselixier.Stephan Zinner, Schauspieler, Musiker und Kabarettist

Dein aktuelles Programm heißt „Relativ simpel“. Was ist denn für Dich relativ simpel im Leben?Auf die Bühne gehen.

Kein Lampenfieber? Ohne Aufregung?Oh keineswegs. Ich habe teilweise katastrophales Lampenfieber. Manchmal allerdings auch gar nicht. Ich habe dafür noch keinen Trigger gefunden, wie man in der Medizin so schön sagt. Ich weiß nicht, was das Lampenfieber auslöst. Da können wenige Leute vor der Bühne sitzen oder ewig viele. Es gab Nockherberg-Aufführungen, da war ich vorher schon fast zu ruhig. Ich hatte aber auch schon Auftritte, wo ich so richtig Lampenfieber hatte und das auch noch nach ein paar Jahren. Was der Auslöser ist, weiß ich also nicht. Aber es gehört dazu. Und deswegen mach’ ich es auch. Der eine geht freiklettern, ich gehe auf die Bühne. Und trotz alldem ist der Schritt auf die Bühne leicht für mich, weil ich weiß, dass ich da hingehöre.

Ein Ausblick in die Zukunft: Stephan Zinner in 20 Jahren: Immer noch auf dem Nockherberg?Nein, definitiv nicht!

... als Metzger im 25. Eberhofer-Krimi?Auch nicht!

... auf der Bühne?Ja, da schon. In 20 Jahren bin ich 64 ... da geht schon noch was! Die Bühne ist mein Lebenselixier.

Und weil es mit den kurzen Fragen und Antworten so gut geklappt hat, zum Schluss zehn Entweder-oder-Fragen:

Weißbier oder Weißwein?Weißbier.

FC Bayern München oder TSV 1860 München?Keiner von beiden.

Team Susi oder Team Franz?(lacht) Team Susi!

Warum?Weil’s die Susi ist!

Erziehung eher streng oder eher locker?Streng.

Schafkopf oder Rommé?Rommé.

Fleischesser oder ...Fleisch.

Die Antwort kam schnell ...Weil es kein Oder gibt.

Leberkäse mit Ketchup oder Senf?Senf.

Cineast oder Serienjunkie?Cineast.

Blond oder Brünett?Brünett!

Der Text ist eine Leseprobe aus der Sonntagszeitung, die die Mittelbayerische exklusiv für ePaper-Kunden auf den Markt gebracht hat. Ein Angebot für ein Testabo der Sonntagszeitung finden Sie in unserem Aboshop.