Betriebs-Aus
Ein Jahr nach Insolvenz: drei Härtefälle

Die meisten früheren Kräfte von Chemie Kelheim haben neue Stellen, aber drei Personen mussten sich arbeitslos melden.

29.01.2018 | Stand 16.09.2023, 6:11 Uhr
Elfriede Bachmeier-Fausten

Ein Blick auf den einstigen Süd-Chemie-Standort in der Nähe des Kelheimer Hafens. Archivfoto: Süd-Chemie

Vor gut einem Jahr istdas Insolvenzverfahren für das Unternehmen Chemie Kelheim GmbH, ein Schwefelsäure- und Oleum-Produzent, vom Insolvenzgericht am Amtsgericht Regensburg eröffnet worden.Vom Aus der Firma waren 32 Mitarbeiter betroffen. Nach Auskunft der früheren Betriebsratschefin von Chemie Kelheim, Vera Dražan, seien 29 Personen mittlerweile bei neuen Arbeitgebern im Landkreis Kelheim und darüber hinaus untergekommen. Sie selbst ist nun als Projektsekretärin bei der Industriegewerkschaft (IG) Bergbau, Chemie, Energie, Bezirk Kelheim-Zwiesel, tätig. Vera Dražan erwähnte aber auch die drei „Härtefälle“.

Es seien einstige Mitarbeiter des insolventen Betriebs, „die renten-nah sind, aber noch nicht in Rente gehen können und den Weg in die Arbeitslosigkeit beschreiten mussten und dadurch selbstverständlich weniger Einnahmen haben“.

Vertrag mit Eigentümerin

Chemie Kelheim befand sich auf einem Teilbereich der einstigen Süd-Chemie in Kelheim-Affecking.Wie auf Anfrage von der Pressestelle im Landratsamt Kelheim zu erfahren war, habe die Behörde Ende November einen Vertrag mit der Clariant Produkte Deutschland GmbH geschlossen wegen „der Entfernung und Entsorgung potenziell gefährlicher Stoffe aus dem Bestand der Anlagen der Chemie Kelheim GmbH in Insolvenz“. Laut Landratsamt „erfolgte bereits seit Sommer 2017 durch die Eigentümerin des Grundstücks, Clariant, in Abstimmung mit dem Landratsamt eine Gefährdungseinschätzung der vorhandenen Reststoffe beziehungsweise Anlagen vor Ort“. Vom Landratsamt sei vor allem die vor Ort noch gelagerte Schwefelsäure aus der vormaligen Produktion der Chemie Kelheim GmbH als kritisch angesehen worden. „Diese wurde mittlerweile, soweit technisch möglich, aus den Leitungsanlagen und den Tanks vor Ort abgelassen, und entweder einer geeigneten Verwendung zugeführt, oder von Spezialunternehmen entsorgt. Zum jetzigen Zeitpunkt sind vor Ort keine Restmengen dieser Charge mehr vorhanden. Im Rahmen des Rückbaus der Anlage werden zwangsläufig weitere kleine Mengen an Schwefelsäure anfallen, die nur beim Abbau entfernt werden können. Diese werden in säurebeständigen Behältern auf speziell ausgewiesenen Flächen gelagert und möglichst zeitnah entsorgt.“ Laut Pressestelle „sind nach aktuellem Sachstand andere potenziell gefährliche Stoffe, wie Öle, Katalysatoren, geringe Mengen an Salzsäure, fester Schwefel und verschiedene andere Stoffe, die im Verarbeitungsprozess der Chemie Kelheim notwendig waren, nach aktuellem Sachstand weitestgehend entfernt“.

Von der Pressestelle war kürzlich auch die Auskunft zu erhalten, dass die ehemaligen Betriebsgebäude soweit möglich entkernt wurden. „Bereits Ende 2017 wurden erste Anlagenteile der ehemaligen Produktion durch eine Fachfirma abgebaut. Aufgrund dieses zeitlich beschränkten Einsatzes soll ein Konzept, und damit einhergehend eine Zeitschiene bezüglich des kompletten Rückbaus der Anlage erstellt werden.“ Es wurde auch darauf hingewiesen, dass „eventuell gefährliche Stoffe, welche im Rahmen des Abbaus anfallen, möglichst zeitnah durch Fachfirmen entsorgt werden. Das Landratsamt wird hierüber informiert, und ist auf einem aktuellen Stand bezüglich der Situation vor Ort.“ Die Behörde erhalte jeweils zum Monatsende „eine aktuelle Liste der am Standort vorhandenen Stoffe sowie die Entsorgungsnachweise der durch Spezialfirmen entfernten Stoffe“.

Auf Nachfrage teilte Clariant mit, dass die Entmediatisierung, also die Entfernung aller Stoffe und Chemikalien in der Schwefelsäure-Anlage „seit Mai 2017 läuft“ und man von einem Abschluss bis Ende 2018 ausgehe. „Gefährliche Stoffe wurden bereits weitgehend entfernt bzw. die Mengen soweit reduziert, dass damit keine unmittelbaren Gefahren mehr von der Anlage ausgehen. Partiell werden dazu auch – falls notwendig – Anlagenteile demontiert.“ Auf die Frage, was mit den Gebäuden geplant ist, teilte die Eigentümerin mit: „Inwiefern der vorhandene Gebäudebestand noch für eine Nachnutzung in Frage kommt, wird aktuell noch im Einzelfall geprüft. Je nach Ausgang der Prüfung ist der Eigentümer daran interessiert, dass eine Nachnutzung des Geländes erfolgen kann. Erste Gespräche hierzu werden bereits geführt.“

Die einstige Betriebsratsvorsitzende sagte: „Die Insolvenz hat den Leuten sehr zu schaffen gemacht.“ Der Betriebsrat und die Gewerkschaft hätten mit der Geschäftsleitung und dem Insolvenzverwalter die Bildung einer Transfergesellschaft ausgehandelt, in die Mitarbeiter für jeweils eine einjährige Dauer wechseln konnten. Nicht alle fingen zur gleichen Zeit bei der Transfergesellschaft an, daher ist das Ende auch unterschiedlich. Für zwei Personen habe, so Vera Dražan, die Transfer-Zeit noch nicht geendet. Die Projekt- und Transfergesellschaft hatte im Gebäude der Hafen-Verwaltung ein Büro angemietet gehabt seit Anfang 2017. Laut Herbert Engl, Geschäftsführer des Hafen-Zweckverbands, sei der Mietvertrag Ende 2017 einvernehmlich aufgelöst worden.

Löhne nicht bezahlt

Wie Vera Dražan berichtete, hätten im Januar drei ehemalige Chemie Kelheim-Mitarbeiter „in die Arbeitslosigkeit wechseln müssen“, eine Person davon sei „in Verhandlungen mit einem neuen Arbeitgeber“. Da der insolvente Arbeitgeber Chemie Kelheim bei seinen früheren Mitarbeitern Löhne nicht bezahlt habe, seien die Gehaltsausfälle „Insolvenzforderungen“. Vera Dražan hat aber wenig Hoffnung, dass dabei „was Großartiges rauskommt“.

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