Strategie
Regensburger gehen auf Mückenjagd

Die Biogents AG kreist um blutsaugende Insekten. Sie entwickelt Fallen und verkauft sie weltweit an Forscher und Verbraucher.

15.02.2016 | Stand 16.09.2023, 6:58 Uhr
Christine Hochreiter
Dr. Martin Geier (li.) und Dr. Andreas Rose haben ihre Firma aus der Universität Regensburg ausgegründet. −Foto: Lex

Früher waren Mücken eigentlich nur ein Sommer-Thema – zumindest in unseren Gefilden.Doch nicht zuletzt durch die Verbreitung des Zika-Virus sorgen die lästigen Blutsauger nun auch bei frostigen Temperaturen hierzulande für Schlagzeilen.Zwei Regensburger kreisen das ganze Jahr um das Thema. Zuerst waren Stechmücken an der Universität ihr Forschungsobjekt. Inzwischen verdienen Dr. Martin Geier und Dr. Andreas Rose mit ihnen ihr Geld: Die beiden Zoologen entwickeln und fertigen Fallen für Stechmücken und andere blutsaugende Insekten. Außerdem untersuchen sie im Kundenauftrag die Wirksamkeit von Produkten wie Lotionen, Sprays oder Spezialtextilien, die Mücken abschrecken sollen.

2002 war die Biogents AG mit drei Mitarbeitern gestartet – als Ausgründung aus der Uni. Die Forscher hatten herausgefunden, welche menschlichen Duftstoffe Mücken anlocken und Fallen für Tigermücken entwickelt. Der zunächst – begrenzte – Absatzmarkt waren Wissenschaftler in aller Welt, die dadurch mehr Forschungsmaterial zur Verfügung hatten.

Von Anfang an Geld verdient

Tigermücken gibt es in allen tropischen Regionen. Sie sind inzwischen aber auch in Italien und Südfrankreich verbreitet und in Spanien unterwegs. Rose: „Mit dem Klimawandel hat das wenig zu tun. Die Mücke kommt in den USA sogar schon in Regionen vor, in denen es schneit. Sie ist sehr anpassungsfähig.“ 2012 sei das Insekt erstmals auch in Bayern nachgewiesen worden. Eine eingeschleppte Population in Baden-Württemberg fand günstige Umstände vor und vermehrte sich rasant. Die Mücken seien tagaktiv und lästig – und das meist in Situationen, wo man sie am wenigsten erwartet. Noch unerfreulicher ist aber, dass die Insekten Krankheiten übertragen können. Dazu gehören das Denguefieber, Zika oder Chikungunya.

Ungewöhnlich für ein frisch gestartetes Unternehmen: Die Gründer haben mit ihrer Expertise von Anfang an Geld verdient. Zunächst haben sie ihre Fallen selbst gebastelt – „mit Teilen von Ikea und vom Baumarkt“. 2003 wurden zwei Patente in 18 Ländern angemeldet. Längst werden Komponenten von chinesischen Mittelständlern zugeliefert. Ursprünglich wollten die Firmenchefs diese hierzulande bauen lassen, doch sie machten die Erfahrung, dass potenzielle Zulieferer abwinkten. Die Partner aus dem Reich der Mitte fanden sie über die Internet-Plattform Alibaba. Mit den Chinesen haben die Regensburger gute Erfahrungen gemacht. Rose: „Sie haben die Aufgabe angenommen und so lange mit uns getüftelt, bis sie die beste Lösung gefunden hatten.“ Bei den Biogents-Mückenfallen geht es vor allem um Plastikteile – um Fangtrichter und Ventilatoren. Diese müssen auch wasser- und salzfest sein, wenn Fallen in Meeresnähe verwendet werden.

Der größte Mückenmarkt der Welt

Sehr bald zeigte sich auch, dass die Fallen ein großes Potenzial zur umweltfreundlichen Bekämpfung von Stechmücken haben. Deshalb haben sich die Regensburger Biologen-Unternehmer vor fünf Jahren in Richtung Endverbraucher orientiert. Im Angebot: Einsaugfallen zum Schutz vor Stechmücken. Zu ihren Abnehmern gehören Restaurants, Wellness-Center aber auch Privatleute. Verkauft werden die Produkte unter anderem in Baumärkten. Die Fallen sind jedoch ein erklärungsbedürftiges Produkt. Daher haben sich die Unternehmer auch eine kleine Bilder-Geschichte überlegt, die man sich im Internet anschauen kann. Rose: „Viele machen den Fehler und stellen die Falle direkt neben sich auf, wenn sie im Garten sitzen oder liegen. Dadurch locken sie die Mücken erst in ihre Nähe.“

Hier sehen Sie, wie man eine Mückenfalle am besten platziert

Auf dem französischen Markt hat Biogents bereits zehntausende Fallen verkauft und dort vertriebstechnisch offensichtlich einiges richtig gemacht: mehrere Distributionspartner, Onlinehandel, ein Mann vor Ort, der sich auch um die technische Beratung kümmert. Die Absatzkurve zeigt stetig nach oben. Mit einem ähnlichen Konzept wollen die Regensburger nun Italien erobern, was ihnen zuvor nicht geglückt war. Doch die Blicke der Unternehmer richten sich schon in weitere Ferne: Geier, Rose und ihr Team haben mit den USA „den größten Mückenmarkt der Welt im Visier“ – mit vielversprechenden Wachstumsraten.

Eine Lernkurve für jedes Land

Geier: „Für uns gibt es in jedem Land eine Lernkurve und man kann ein Absatzmodell nicht einfach übertragen. Schließlich müssen wir auch unsere Produkte an die jeweiligen Märkte anpassen.“ Die Biogents AG beschäftigt inzwischen 18 Mitarbeiter – viele hochqualifizierte Naturwissenschaftler oft mit multikulturellem Hintergrund. Alle Mitarbeiter sind mindestens zweisprachig. Im vergangenen Jahr erzielte das Oberpfälzer Unternehmen mit 3900 Kunden aus 105 Ländern, 36 Distributoren und 16 Mitarbeitern erstmals einen Auslandsumsatz von über einer Million Euro. Damit liegt der Exportanteil bei 90 Prozent. Geier zufolge übertreffen die in Thüringen produzierten Fallen Konkurrenzprodukte in ihrer Fangleistung um ein Mehrfaches. Dies sei wissenschaftlich dokumentiert.

Die Fallen können zudem bei der Bekämpfung von Krankheiten eine wichtige Rolle spielen. Mit dem grassierenden Zika-Virus ist daher auch die Nachfrage aus den betroffenen Ländern gewachsen – von Händlern, Gesundheitsbehörden, Forschern und Privatpersonen. Doch die Unternehmer halten nichts von hektischem Aktionismus. „Bislang sind wir stetig und solide gewachsen – mit einer klaren Strategie auch für die Expansion ins Ausland. Und das soll auch in Zukunft so bleiben“, sagt Rose.