Blick zurück und nach vorne
Nach großem Meistercoup: Wie weit führt der Regensburger Eishockey-Weg?

03.05.2024 | Stand 03.05.2024, 10:58 Uhr

Jubel ohne Ende herrscht bei den Eisbären: Wie konnte das = Zweitliga-Meisterschaft passieren? Und was kommt jetzt? Foto: Nickl

Marvin Schmid ist einer der Eisbären, die jetzt drei Jahre in Regensburg Eishockey spielen. „Es hätte keiner gedacht, dass wir da zwei Titel holen“, sagte der 25-Jährige auf der Bühne bei der Meisterfeier. In der Tat.

Es wird an dieser Stelle noch einmal Zeit für ein paar Gedanken: Wie konnte das = Meisterschaft überhaupt passieren? Und wohin führt der Weg nach dem größten Erfolg der 62-jährigen Vereinsgeschichte, ja des Regensburger Sports? Denn eine Zweitliga-Meisterschaft in einer der großen Publikumssportarten – die Futsaler waren ja 2017 und 2023 deutscher Meister und sind auch heuer noch im Rennen – gelang in der Hauptstadt der Oberpfalz noch nie. Und eine bayerische Mannschaft hat den Titel ja auch noch nicht geholt, seit sich die zweite Eishockeyliga DEL 2 getauft haut (seit 2013/14).

Kein Zufallsmeister

„Das Beste am Titel: Er war auch noch verdient.“ Trainer Max Kaltenhauser darf das zu Recht behaupten. Denn nein: Ein Zufallsmeister sind die Eisbären ganz und gar nicht. Im Halbfinale gegen zugegeben geschwächte Crimmitschauer und Finale gegen Kassel, das nicht annähernd an den für den Aufstieg geplanten Mannschaftsgeist aktivieren konnte, tat sich das Team sogar leichter als im Viertelfinale gegen den entthronten Champion aus Ravensburg.

Wie schon in der Aufstiegssaison in der Serie gegen Leipzig, als die Regensburger nach einem Heim-1:5 vor dem Aus standen, hieß es auch gegen die Towerstars 1:3 nach vier Spielen. Der Treffer von Abbot Girduckis in Spiel sechs wies nach 68 Sekunden der Verlängerung den Weg zum Sieg – eines der wichtigsten Tore der Saison.

Am Ende setzte sich das Team durch, das sich als Team auf allen Ebenen begreift, seit Max Kaltenhauser das Zepter schwingt. Eine funktionierende vierte Reihe hält den Skorerstars den Rücken frei und lässt sie Kräfte sparen. Während anderswo auf zwei, drei Reihen reduziert wird, setzen die Regensburger auf einen großen Kader, der in 71 Pflichtspielen bis auf eine Ausnahme heuer immer mindestens elf Stürmer und sieben Verteidiger zuließ, und Kaltenhauser scheut sich auch nicht, in der Endphase Reihe drei oder vier aufs Eis zu schicken.

Verwunderlich war schon nach dem DEL-2-Aufstieg, dass der Regensburger keine Nachahmer fand. Die Eisbären setzen auf ein vertrautes Team, ergänzen nur, wenn nötig, und hatten damit Erfolg. Während anderswo immer noch eher die Einkaufstaktik gewählt wird, setzen Kaltenhauser und Co. auf die Arbeit an der Verbesserung der vorhandenen Spieler. Mit dem auf der Bank für die Verteidiger zuständigen Jan Suran, der wohlgemerkt im Juli erst 25 wird und auch für seine Videos zum Beispiel von Kapitän Nikola Gajovsky in den höchsten Tönen gelobt wird, scheint Kaltenhauser jetzt auch noch die optimale Ergänzung für sich gefunden zu haben. Freilich klappte alles auch zu 100, ja 120 Prozent. Oder noch mehr? „Jedes Jahr kann man das natürlich so nicht garantieren“, weiß auch Kaltenhauser.

Dennoch: Die Regensburger Botschaften scheinen langsam bei der Konkurrenz anzukommen. „Ich bin der felsenfesten Meinung, dass man eine Meisterschaft nicht durch einzelne Spieler gewinnt. Und das war bei Regensburg auch nicht der Fall“, wird Kassels Geschäftsführer Paul Sinizin in einem HNA-Interview zitiert. „Dort hat das komplette Team grandios funktioniert. Das wiederum bringt uns dazu, gewisse Ausrichtungen und Handlungsweisen zu überdenken.“

Und doch – und auch wenn es blöd klingen mag: Auch in Regensburg muss man etwas überdenken. Dem geneigten Eishockey-Betrachter schießt durchaus in den Sinn, dass es in der Ära Kühnhackl/Lala/Schrör auch schon einmal eine erfolgreiche Zeit gab, die DEL-Gedanken forcierte, an denen die Eisbären 2008 letztlich zugrunde gingen und in der Landesliga von vorn beginnen. Nach einem langen Weg hat man das ad acta gelegt und auch die eigene Vergangenheit übertroffen. Was auch das Publikum mit einem nie für möglich gehaltenen 4069er-Zuschauerschnitt mitgetragen hat. „In unserer aktuellen Lage halte ich das für einen Ausreißer nach oben“, hat Max Kaltenhauser auch gesagt.

„Zu früh“ hätte auch Nikola Gajovsky, immer einer der Optimisten, einen Aufstieg jetzt gefunden, weil noch allerhand Voraussetzungen fehlen. Zumal die Donau-Arena nach der Reformierung der Zutrittsbedingungen für die DEL auch gar nicht mehr erstligatauglich ist. Auch da: Wenn dieser Erfolg nicht die nötigen Einsichten der Entscheider liefert, daran zu arbeiten, was dann?

Klassenerhalt predigen

Finanziell ist der Eisbär nämlich weit von einer Erstligatauglichkeit entfernt, weil immer noch zu wenig Bekenntnisse zur Unterstützung vorliegen. Und in dieser hochinteressanten DEL2 ist es nur richtig und keine Tiefstapelei, erst einmal wieder „nur“ den Klassenerhalt zu predigen. „Ausreißer“ sind generell einfacher als die Bestätigung davon.

Freilich: Die eigene Geschichte lehrt am besten, dass alles möglich ist. Oder hätte nach dem Aufstieg vor zwei Jahren auch nur einer dieses Regensburger Eishockey-Wunder von 2024 für möglich gehalten? Eben.