Leben
Der Workaholic unter den Blaublütigen

Schloss Guteneck zur Eventlocation umzugestalten, ist viel Arbeit und bedeutet für Burkhard Graf Beissel von Gymnich auch Einbußen im Privatleben.

31.08.2010 | Stand 16.09.2023, 21:07 Uhr
Tanja Rexhepaj

Guteneck.Blaues Blut und Arbeitswut – Burkhard Graf Beissel von Gymnich gibt selbst zu, dass er in Adelskreisen als Workaholic gilt. Innerhalb von acht Jahren hat er Schloss Guteneck (Lkr. Schwandorf) zur Eventlocation umgestaltet. „Ein Kulturdenkmal zu erhalten erfordert Offenheit“, sagt der 56-Jährige. Offenheit, die ihn auch in seinem Privatleben einschränkt; schließlich lebt er mit seiner Frau Cornelia direkt dort, wo sich an den Adventswochenenden insgesamt 30000 Besucher um Weihnachtsmarkstände drängeln und wo im Sommerhalbjahr fast wöchentlich große Hochzeitsgesellschaften ausgelassen feiern. „Vor lauter Bemühen, dass es den Gästen gut geht, bin ich noch gar nicht dazu gekommen, eine eigene Terrasse für uns einzurichten“, sagt der Graf. Dass seine Familie ihn außerdem selten zu Gesicht bekommt, empfindet er zwar als „schmerzlich“, aber „als Bewirtschafter meines Erbes muss ich alles geben, um auch Geld herauszubringen.“

Zurück an den Ort der Kindheit

Als Burkhard Graf Beissel Schloss Guteneck übernahm, war er noch Vermögensverwalter in Düsseldorf, zuvor hatte er dort und in Frankfurt am Main als Leiter eines Börsenhandelbüros gearbeitet. Als seine Eltern im Jahr 2001 durch einen Verkehrsunfall ums Leben kamen, stand für ihn fest: Er zieht mit seiner Frau, den beiden Töchtern und dem Sohn in die Oberpfalz, wo er einen Teil seiner Kindheit und Jugend verbracht hatte. „Ich war neun Jahre alt, als wir hierherkamen.“ Sein Vater Albrecht hatte Guteneck gekauft, um den verloren gegangenen Besitz im rheinländischen Boisdorf zu ersetzen. Das dortige Wasserschloss der Familie fiel in den 1960er Jahren dem Braunkohleabbau zum Opfer. Die Eltern bewirtschafteten Guteneck noch klassisch: Land- und Forstwirtschaft und die zum Gut gehörende Brauerei. Doch einen Teil ihrer Privatsphäre waren auch sie schon bereit gewesen, zu opfern: Sie richteten im Schloss Ferienwohnungen ein.

Guteneck.Inzwischen bietet der Schlossherr Übernachtungen mit Frühstück oder Vollpension für 23 Personen an. In der einstigen Brauerei veranstaltet er Ritteressen und nutzt das Dach für eine Photovoltaikanlage, in der Gutsscheune, wo einst Rinder und später landwirtschaftliche Maschinen untergebracht waren, hat er Platz geschaffen für mehrere hundert Menschen, die hier zu Hochzeiten oder Betriebsfeiern zusammen kommen. Vor allem das Geschäft mit den Hochzeiten boomt: Waren es 2008 nur acht Brautpaare die das besondere Ambiente für ihre Feier auswählten, sind es heuer bereits 22. „Das ist der Oberhammer, dass es so gut läuft“, sagt Burkhard Graf Beissel von Gymnich. „Hier habe ich ganz unten angefangen. Das alles aufzubauen geht nur, wenn man ein ausgesprochenes Traditionsbewusstsein hat und große Dankbarkeit den Eltern gegenüber.“

Premiere für die Freilichtbühne

Doch dabei will es Graf Beissel nicht belassen. Auch den Vorbesitzern auf Guteneck zollt er Tribut und lässt heuer erstmals auf einer Freilichtbühne mittelalterliche Stimmung aufkommen. Das Stück „Des Teufels Buhlschaft“, in dem es um das Thema Inquisition geht, soll vergangene Zeiten wieder lebendig werden lassen. Auch ein Kindertheater plant der Graf. „Ich habe festgestellt, wenn sich Kinder und Frauen wohl fühlen, dann läuft das Ganze.“

Daneben will der Graf in den kommenden Jahren Teile seiner Messgewandsammlung der Öffentlichkeit zugänglich machen und vermehrt Seminare nach Guteneck holen. „Das Schloss ist ein unheimlicher Bringer für die Region“, sagt er. Und wo findet er in seinem Anwesen einmal Zeit, um sich von den Strapazen der Veranstaltungsorganisation zu erholen? „Einen Lieblingsort hier in seinem Schloss habe ich eigentlich gar nicht“, sagt er. Manchmal aber steht er am Rande des Plateaus hinter der Gutsscheune und lässt seinen Blick schweifen über die Wälder, die Maisfelder, die Weiher. Er betrachtet die sanfte hügelige Landschaft und beobachtet die schnatternden Gänse. „Die Oberpfalz ist so schön“, sagt er. Um hier leben und das Vermächtnis seiner Eltern in Ehren zu halten, nimmt er die viele Arbeit auf Schloss Guteneck gerne auf sich; das Schloss, das für ihn eine „Plattform für Gutes“ ist.