Fälle von lockeren Radmuttern – Sachverständiger bestätigt in vielen Fällen technische Ursachen bzw. Bedienungsfehler

17.10.2014 | Stand 17.10.2014, 0:00 Uhr

NIEDERBAYERN. Wie bereits mehrfach von den niederbayerischen Polizeidienststellen berichtet, häufen sich die Fälle von lockeren Radmuttern seit Beginn des Jahres 2014. Über 180 Fälle können bislang im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Niederbayern verzeichnet werden. Nicht auszuschließen ist derzeit, dass ein Unbekannter für einzelne Fälle verantwortlich gemacht werden kann, der Großteil der Fälle beruht nach Ansicht eines Sachverständigen auf technische Ursachen. Zur Bekämpfung dieses gegebenenfalls in wenigen Fällen vorliegenden Deliktsbereiches „Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr durch Lösen von Radmuttern/-schrauben“ wurde bei der Kripo Deggendorf eine Ermittlungsgruppe eingerichtet.

Bei der Mehrzahl der Fälle wurden die losen Radmuttern/-schrauben noch vor Eintritt eines schädigenden Ereignisses festgestellt, jedoch kam es mittlerweile in zehn Fällen zum Lösen eines Rades während der Fahrt, ohne glücklicherweise größeren Schaden anzurichten. Zudem kam es zu fünf Verkehrsunfällen, bei denen niemand verletzt wurde.Alle Fälle im Zusammenhang mit diesem Phänomen erstrecken sich flächendeckend auf den gesamten Regierungsbezirk Niederbayern. Ob diese gesteigerten Fallzahlen im Vergleich zu den Vorjahren auf eine erhöhte Anzeigebereitschaft unter anderem aufgrund der medialen Berichterstattung zurückgeführt werden kann, oder tatsächlich eine größere Zahl von absichtlichen Manipulationen an den Radbefestigungen vorliegt, konnte bis vor kurzem nicht abschließend beurteilt werden. Mittlerweile kommen neue Ermittlungsergebnisse hinzu, sodass die ursprünglich angenommenen Deliktsfälle mehr und mehr auch in Richtung „technische Ursachen“ bzw. „Bedienungsfehler“ tendieren.Die Ermittlungsgruppe „Radmuttern“ bei der Kripo Deggendorf hat, nach Rücksprache mit allen tangierten Staatsanwaltschaften im Bereich des Polizeipräsidiums Niederbayern, bereits seit längerer Zeit einen Sachverständigen damit beauftragt, einzelne Fälle, bei denen vermutlich laut Anzeigenerstattung die Radmuttern/-schrauben mutwillig bzw. vorsätzlich gelockert wurden, zu begutachten.In einer überwiegenden Mehrzahl aller Fälle kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass technische Ursachen zur Lockerung der Radmuttern/-schrauben geführt haben. Das kann laut vorliegendem Gutachten beispielsweise dadurch belegt werden, dass die Räder beim Wechseln nicht mit der erforderlichen Sorgfalt festgezogen worden sind. Oftmals kommt kein Drehmomentschlüssel zur Anwendung. In anderen Fällen wurden fälschlicherweise Fette oder Öle verwendet und auf Anlagefläschen bzw. auch auf die Radmuttern/-schrauben selbst aufgetragen – nach Aussagen des Sachverständigen ein Irrglaube so mancher Verkehrsteilnehmer, der fatale Folgen haben kann. Weitere Fälle stehen in Zusammenhang mit fehlerhaftem Bremsscheibenwechsel oder mit der Verwendung von Radmuttern/-schrauben, die nicht zur Felge / Nabe bzw. zum Fahrzeug an sich passen. Beispielsweise bediente sich in einem Fall ein Fahrzeugbesitzer von Radmuttern/-schrauben, die er von einem Schrottplatz erlangte, wobei diese einen komplett falschen Konus aufwiesen und somit überhaupt nicht hätten verwendet werden dürfen.Auch die Verwendung von Kompletträdersätzen, die überhaupt nicht zum Fahrzeug passen und somit auch nicht zugelassen sind, wurden seitens des Gutachters festgestellt.Diese Liste sogenannter „Bedienungsfehler“ könnte beliebig fortgesetzt werden, daher werden, wie unten angeführt, Verhaltenshinweise aus Sicht eines Sachverständigen veröffentlicht, um weitere Fälle in Zusammenhang mit lockeren Radmuttern zu minimieren oder gar auszuschließen.Deutlich gemacht werden sollte auf alle Fälle auch, dass seitens der Ermittlungsgruppe „Radmuttern“ keinesfalls ausgeschlossen werden kann, dass nicht doch ein Unbekannter in Einzelfällen Radmuttern/-schrauben vorsätzlich gelöst hat. Demzufolge führen die oben genannten Feststellungen des Gutachters keinesfalls zur Beendigung der Tätigkeit der Beamten der Kriminalpolizei. Die Ermittlungen laufen nach wie vor auf Hochtouren, ein umfangreiches, mit den Staatsanwaltschaften abgestimmtes Maßnahmenpaket, wird fortgesetzt. Detailliert werden diese Maßnahmen selbstverständlich aus einsatztaktischen Gründen der Öffentlichkeit nicht vorgestellt, um einen etwaigen Ermittlungserfolg nicht zu gefährden.Ein großes Anliegen der Ermittler ist es, dass Verkehrsteilnehmer, die Ungereimtheiten in Zusammenhang mit ihren am Fahrzeug angebrachten Rädern/Radmuttern feststellen, zuerst einmal selbst prüfen, ob nicht eventuell technische Ursachen, wie in zahlreichen Beispielen vorstehend beschrieben, vorliegen. Oft wurden in der Tat die vom Sachverständigen unten genannten Verhaltenshinweise in Zusammenhang mit Rad-/Reifenwechsel nicht entsprechend beherzigt.Sollten diese Überprüfungen negativ verlaufen und somit der Verdacht bestehen, dass sich jemand vorsätzlich an den Rädern/Radmuttern zu schaffen gemacht hat, sollte sich der Betroffene auf alle Fälle unverzüglich bei der Polizei melden, um ihrerseits die erforderlichen Beweissicherungsmaßnahmen ohne Zeitverzug in die Weg leiten zu können. Bei einer nachträglichen Anzeigenerstattung ist selbiges nahezu unmöglich und ebenso wenig gewinnbringend.

Beim Rad-/Reifenwechsel ist aus Sicht des Sachverständigen folgendes zu beachten:

Die Vorgaben und Anleitungen in der Bedienungsanleitung der Fahrzeughersteller sind unbedingt zu beachten. Aus der Bedienungsanleitung und aus den Herstellerunterlagen können Sie auch die vorgeschriebenen Drehmomente entnehmen.Beachten Sie, dass bei Sonderrädern, sowie bei Winter- und Sommerreifen, oft unterschiedliche Radschrauben bzw. Radmuttern zu verwenden sind.Es dürfen nur unbeschädigte Radschrauben oder Radmuttern benutzt werden. Die Radschrauben müssen frei von Korrosion, Schmutz und Fett sein und müssen gegebenenfalls gereinigt werden. Auch die Anlageflächen an der Bremsscheibe / Bremstrommel und an der Innenseite der Felge müssen korrosions-, schmutz- und fettfrei sein.Das viel verbreitete Fetten der Radschrauben oder der Anlageflächen ist im Übrigen nicht erforderlich und kann sogar gefährlich sein, weil sich dadurch die Räder unter Umständen selbstständig lösen können. Die Sitze an der Felge für die Radschrauben dürfen nicht lackiert werden.Unbedingt ist zu beachten, dass nach einer Fahrstrecke von ca. 50 bis 100 km das Anzugsdrehmoment an den Radschrauben bzw. Radmuttern nochmals überprüft wird.Grundsätzlich sollten Sie auch in turnusgemäßen Abständen, etwa so oft, wie Sie den Luftdruck prüfen (alle zwei Wochen, beispielsweise beim jeweiligen Tanken des Fahrzeugs), die Anzugsdrehmomente prüfen.Dadurch können Sie das Fahrzeug auch davor schützen, dass etwa Unbekannte die Radschrauben lockern. Zum Schutz vor Tätern sollten Sie nach Möglichkeit das Fahrzeug in der Nacht, falls vorhanden, in einer Garage abstellen.Beschädigte Teile (Radmuttern, Radschrauben, Felgen oder Radnaben) sind grundsätzlich zu erneuern. Radschrauben sollten grundsätzlich gleichmäßig über Kreuz angezogen werden.Grundsätzlich sollten Reifen nur von Sachkundigen gewechselt werden, erkundigen Sie sich gegebenenfalls beim Fachbetrieb Ihres Vertrauens.Reifen sind die einzige und wichtigste Verbindung zwischen Fahrzeug und Fahrbahn.Zum Schluss: Die abgenommenen Reifen sollten Sie bereits vor Einlagerung entsprechend reinigen und auf Schäden prüfen.Medien-Kontakt: Pol.-Präs. Ndby., Presse-Team, Michael Emmer, PHK, 0173/8559245Veröffentlicht am Freitag, 17.10.2014 um 09.00 Uhr

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