Wirtschaft
Das Kalkwerk Saal feiert 140. Geburtstag

Es ist einer der ältesten Industriebetriebe im Kreis. Chef Herbert Alkofer verrät, was beim Tag der offenen Tür geboten ist.

14.09.2016 | Stand 16.09.2023, 6:48 Uhr
Elfriede Bachmeier-Fausten
Werkleiter Herbert Alkofer vor einer großen Luftaufnahme im Besprechungsraum des Betriebs −Foto: Bachmeier-Fausten

Hochwertiger Saaler Kalkstein beschert Menschen seit 140 Jahren Arbeit. Das Werk veranstaltet im Jubiläumsjahr einen Tag der offenen Tür. Werkleiter Alkofer sagt im Interview mit unserer Zeitung, was die Besucher am 25. September von 11 bis 16 Uhr erwartet, geht aber auch auf den Absatzmarkt und die Zukunftspläne ein.

Herr Alkofer, wie läuft der Betrieb im Kalkwerk Saal?

Wir fahren normalen Betrieb. Wir haben eine durchschnittliche Auslastung. Man spürt die Baukonjunktur zieht in diesem Jahr langsam an. Wir merken das immer ein bisschen später. Zuerst kommen ja die Baugenehmigungen und danach die Baustoffe, wenn dann tatsächlich gebaut wird.

Was wird genau im Kalkwerk Saal produziert?

Wir produzieren aus sehr hochwertigem Saaler Kalkstein Branntkalk. Davon gehen circa 50 Prozent an die chemische Industrie, 20 Prozent in die Baustoffindustrie, circa 15 Prozent in die Landwirtschaft und zehn Prozent in den Umweltschutz, zum Beispiel in die Wasseraufbereitung, in Kläranlagen, fünf Prozent ist sonstige Nutzung.

Wie hoch ist die jährliche Branntkalk-Produktionsmenge?

260 000 Tonnen

Erfolgte eine Zunahme in den Vorjahren?

Nein, es ist konstant

Worauf ist das zurückzuführen?

Der Absatz in die Landwirtschaft stagniert bereits mehrere Jahre und ist in diesem Jahr stark gesunken.

Versucht das Unternehmen neue Absatzmärkte zu erschließen?

Das müssen wir, weil sich gewisse Absatzmärkte abschwächen beziehungsweise wegfallen, zum Beispiel Kalke in die Entschwefelung von Kraftwerken reduzieren sich durch das Anwachsen von erneuerbaren Energien, sprich Sonne, Wind. Die Forschung von Fels arbeitet ständig an neuen Einsatzmöglichkeiten von Kalk.

Wie gesichert ist das Saaler Werk?

Solang guter Kalkstein gewonnen werden kann, ist die Zukunft des Saaler Kalkwerks gesichert. Es ist zwar ein ständiger Kampf um Kunden und Absatzmärkte, aber durch die hohe Qualität unserer Produkte sind wir ein zuverlässiger Partner für unsere Kunden. Mir ist wichtig, dass das Kalkwerk Saal sicher in die Zukunft geht. Dafür brauchen wir engagierte Mitarbeiter und Ressourcen für die Zukunft, sprich abbaufähigen Kalkstein.

Wie viele Abbauflächen hat das Kalkwerk Saal noch in Reserve?

Mit dem derzeit genehmigten Abbaugebiet ist eine Reichweite von circa 50 Jahren gesichert, wobei wir noch nicht alle Grundstücke besitzen.

Wie viele Mitarbeiter hat das Kalkwerk Saal derzeit?

Circa 80 Mitarbeiter, davon fünf Auszubildende. Eigene Mitarbeiter sind bei uns der Schwerpunkt. Wir haben sehr wenig Zeitarbeitskräfte. Wir beschäftigen Zeitarbeitskräfte saisonal, vor allem in den Sommermonaten. Die Produktion ist das ganze Jahr über, wobei der Schwerpunkt zwischen April und November liegt. Wir sind stolz auf unsere langjährigen Mitarbeiter. Im Kalkwerk ist es keine Seltenheit, dass ein Mitarbeiter dort sein gesamtes Arbeitsleben verbringt, was in der heutigen Zeit nicht mehr selbstverständlich ist.

Ist eine Veränderung der Belegschaft geplant?

Nein

Wie sehen die Zukunftspläne des Saaler Traditionsbetriebs aus?

Wir wollen die Produktion auf dem aktuellen Niveau halten und sind auf der Suche nach neuen Kunden und Absatzmärkten. Das Saaler Werk gehört zur Fels-Werke GmbH, die eine 100-prozentige Tochter der Xella Baustoffe-Gruppe ist. Fels hat in Deutschland sechs Kalkwerke, eins in Tschechien und eins in Russland. Wir sind das größte Kalkwerk in Süddeutschland.

Die jährliche Investitionssumme?

Die durchschnittliche jährliche Investitionssumme liegt bei 2,5 Millionen Euro.

Wie lange besteht eigentlich das Saaler Kalkwerk?

Das Kalkwerk gibt es heuer 140 Jahre. Damit ist das Kalkwerk einer der ältesten noch aktiven Industriebetriebe im Landkreis.

Ist das Jubiläum der Anlass für den Tag der offenen Tür am Sonntag, 25. September, oder gibt es einen anderen Grund?

Das Jubiläum ist für uns Anlass, uns der Öffentlichkeit wieder einmal vorzustellen. Die letzte Veranstaltung dieser Art war im Jahr 2005 und wir wollen der Bevölkerung wieder einen Blick in einen der größten Steinbrüche Süddeutschlands ermöglichen, denn der Steinbruch ist sonst für die Öffentlichkeit nicht geöffnet. Dorthin gibt es einen Shuttlebus. Zudem erwartet unseren Gästen eine Vorführung von Baumaschinen im XXL-Format wie Radlader, Muldenkipper und Bohrmaschinen und Einblick in unsere Produktion, Produkte, Anwendungsgebiete, Werkstätten und Ausbildungsangebote. Auf Fragen geben unsere Mitarbeiter gerne Auskunft. In einer Fotoausstellung „140 Jahre Kalkwerk Saal“ ist die Geschichte der Werkes dokumentiert und in dem Film „Donau Kalkwerk 1930“, welcher im Auftrag des damaligen Fabrikbesitzers Kommerzienrat Ernst Cetto von Zacharias in Regensburg erstellt wurde ist zu sehen, wie’s damals zuging.

Gibt es viele historische Fotos vom Werk?

Wir haben natürlich einen großen Fundus an Fotos. Bei der Fotoausstellung wird jedes Jahrzehnt auf einer Tafel präsentiert.

Herr Alkofer, Sie sind seit Anfang Juli 2014 Leiter des Kalkwerks Saal. Was ist Ihr Motto?

Sie erlebte vier Chefs

Die rüstige Saaler Seniorin Martha Schlachtmeier war über 44 Jahre im Kalkwerk Saal beschäftigt. Die mittlerweile 90-Jährige ist eine der ältesten ehemaligen Mitarbeiter des Traditionsbetriebs. Sie hatte dort während des Zweiten Weltkriegs als Lehrling begonnen. Ab 1949, als Hans Mindermann Direktor wurde, war Martha Schlachtmeier Chefsekretärin. Und das war auch bei seinem Nachfolger Dr. Peter Weber bis zu ihrem Ruhestand Ende 1985 der Fall. „Mir hat die Tätigkeit Freude gemacht“, sagt die Saalerin rückblickend.

Nachdem sie „ins Büro wollte“, bewarb sich Martha Schlachtmeier beim Kalkwerk in ihrem Heimatort Saal an der Donau. Sie habe das damals nach der Volksschule vorgeschriebene Pflichtjahr schon absolviert gehabt. Im Pflichtjahr arbeitete die Saalerin für zwölf Reichsmark im Monat bei einer Landwirtsfamilie in der Gegend von Marktredwitz. Mitte März kam sie wieder in die Heimat zurück. Am 20. April 1942 begann die Jugendliche die Lehre im Büro beim Kalkwerk, das damals zu SKW Trostberg gehörte. Max Conrad war damals der Direktor. Es gab mechanische Schreibmaschinen, Computer kamen erst 1985. Vorwiegend seien zu ihrer Lehrzeit Büroarbeiten von Männern erledigt worden. Auf die Frage nach ihren Aufgaben als Auszubildende antwortet die Saalerin, alles durchlaufen zu haben – von der Lohnabrechnung bis zur Materialbestellung. Martha Schlachtmeiers Lehrzeit dauerte bis Oktober 1944. Wegen des Zweiten Weltkrieges sei eine vorgezogene Prüfung gewesen. Die Seniorin kennt aus ihrem Berufsleben noch eine wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden. Als Mitarbeiterin im Lohnbüro weiß sie, dass die Löhne der Beschäftigten weitgehend per Kopfrechnen ermittelt und wöchentlich in bar ausgezahlt wurden – immer freitags am Schalter im Werk. Von 1945 bis 1949 war Chef des Kalkwerks Direktor Grzesik. Sie berichtet von einem Anstieg auf fast 500 Mitarbeiter nach dem Krieg. Auch „ehemalige Wehrmachtsangehörige und Familien aus den Lagern – Balkandeutsche, Oberschlesier und ausgewiesene Sudetendeutsche –“ zählten dazu.

Fast täglich waren kleinere Sprengungen im Steinbruch. Mit Bagger und per Hand seien die Steine auf Loren verladen und mit Dampfloks zum Brecher und zu den Öfen gebracht worden. Die „Tegelausklaubung“ an den Förderbändern hätten vor allem weibliche Mitarbeiterinnen erledigt.

„Nach dem Patent von Direktor Mindermann wurde ab 1963 der erste ölbefeuerte Schachtofen gebaut.“ Sie erwähnt auch den Bau eines neuen Bürogebäudes in den 50er Jahren und den einer Kegelbahn für die Freizeit der Mitarbeiter. Martha Schlachtmeier: „Es ist familiär zugegangen und nicht so hektisch, als dann die Arbeitszeit sukzessiv auf 45, 42 und auf 40 Stunden verkürzt wurde“.

Wir leben von der Natur und mit der Natur.