Medizin
Kleine Botenstoffe, große Wirkung

Viele Volkskrankheiten haben hormonelle Ursachen. Beim Hormontag am Uniklinikum Regensburg informieren Experten darüber.

14.09.2016 | Stand 16.09.2023, 6:49 Uhr
Louisa Knobloch
In der Hirnanhangdrüse (Hypophyse), der Schilddrüse, der Bauchspeicheldrüse, den Nebennieren und – bei Männern – den Hoden werden Hormone gebildet. −Foto: Illustration: UKR

In der Schwangerschaft, beim Heranwachsen oder später in den Wechseljahren – immer spielen Hormone eine wichtige Rolle. Produziert unser Körper aber zu viel oder zu wenig von bestimmten Botenstoffen, kann das zu teils schwerwiegenden Erkrankungen führen. Mit dem ersten Deutschen Hormontag, der am Samstag, 17. September, bundesweit stattfindet, möchte die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie über Erkrankungen des Hormonsystems und Störungen des Stoffwechsels informieren. Endokrinologie bezeichnet die Lehre von den Hormonen. Auch das Universitätsklinikum Regensburg (UKR) beteiligt sich am Hormontag.Von 10 bis 13 Uhr geben Experten am Samstag Einblicke in die verschiedenen Krankheitsbilder und informieren zur richtigen Ernährung.

„Ohne Hormone gibt es kein Leben“, betont Prof. Dr. Martina Müller-Schilling, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I des UKR. Unter anderem regulieren die Botenstoffe den Zucker- und Fettstoffwechsel – und spielen so eine wichtige Rolle bei Volkskrankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck oder Adipositas. „Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, dass diese Erkrankungen hormonell bedingt sein können“, sagt Müller-Schilling. Der Hormontag sei eine gute Gelegenheit, die Bevölkerung über diese Zusammenhänge aufzuklären und Möglichkeiten zur Prävention vorzustellen.

Kortisol ist lebenswichtig

Einen unverdient schlechten Ruf hat das Stresshormon Kortisol, unterstreicht Dr. Tanja Bergmann. „Ein Kortisolmangel kann lebensbedrohlich sein, wenn er nicht rechtzeitig erkannt wird“, sagt die Oberärztin, die an der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I die Endokrinologie leitet. Betroffene wirken antriebs- oder teilnahmslos, leiden an Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen. Sie frieren schnell und fühlen sich andauernd schwach. Produziert wird das Kortisol in der Nebenniere. Eine Autoimmunreaktion, Infektionen wie Tuberkulose oder eine Erkrankung der übergeordneten Hirnanhangdrüse (Hypophyse) können zu einer Nebennierenunterfunktion (Morbus Addison) führen. Betroffene müssen dauerhaft Kortisontabletten einnehmen. Da sich der Bedarf bei Erkrankungen oder Stress erhöhen kann, ist es wichtig, die Dosis entsprechend anzupassen. „Als einziges zertifiziertes Zentrum in der Oberpfalz bieten wir am UKR einmal im Monat Schulungen für Patienten mit Nebenniereninsuffizienz an“, sagt Oberarzt Dr. Lukas Moleda.

Produziert die Nebenniere dagegen zu viel Kortisol – etwa aufgrund eines Tumors in der Hypophyse – kommt es zum sogenannten Cushing-Syndrom. Bei Betroffenen sammelt sich im Bauchbereich Fett an, während Arme und Beine dünn bleiben. Neben einer erhöhten Thromboseneigung können Bluthochdruck, Diabetes oder Osteoporose die Folge sein.

Von Osteoporose (Knochenschwund) sind über sieben Millionen Deutsche betroffen – vor allem Frauen nach den Wechseljahren, aber auch Männer über 50. Ursache sind Störungen des Knochenstoffwechsels. „Bis zu einem Alter von 30 oder 35 Jahren baut man Knochendichte auf, danach nimmt sie sukzessive ab“, erklärt Bergmann. Daher sei es wichtig, schon in jungen Jahren durch eine ausgewogene Ernährung – etwa mit Milchprodukten und kalziumhaltigen Mineralwasser – und viel Bewegung an der frischen Luft vorzubeugen. „Das schützt zugleich vor anderen Erkrankungen wie dem metabolischen Syndrom.“ Auch die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten könne sinnvoll sein – das Motto „Viel hilft viel“ gelte hier aber nicht, so Bergmann. „1000 Einheiten pro Tag sind unproblematisch, höhere Dosierungen sollten aber nur bei Mangelzuständen zeitlich begrenzt und unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden.“

Risiken und Nutzen abwägen

Bei der Behandlung von Wechseljahr-Beschwerden wie Hitzewallungen, Schweißausbrüchen oder Schlafstörungen kann betroffenen Frauen eine Hormonersatztherapie helfen. Diese wird heute jedoch kritischer gesehen als noch vor einigen Jahren. „Eine solche Therapie sollte indiziert sein und die Frauen müssen fundiert über die Risiken aufgeklärt werden“, sagt Prof. Dr. Olaf Ortmann, der Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Caritas-Krankenhaus St. Josef. Diese sollten allerdings auch nicht überbewertet werden: So steige das Brustkrebsrisiko erst bei einer längerfristigen Hormonersatztherapie und bei einer Behandlung über die Haut mit Gelen oder Pflastern sei das Schlaganfall- oder Thromboserisiko niedriger als bei einer oralen Therapie mit Tabletten.

Manche Patienten hätten Angst vor einer Behandlung mit Hormonen, obwohl sie vielfach helfen könnte – etwa bei einer Schilddrüsenunterfunktion. „Der Hormontag klärt über ein wichtiges Thema auf“, so Ortmann.

Informationen zu endokrinologischen Erkrankungen finden Sie hier.

Lesen Sie auch:Hormone – die richtige Mischung macht‘s