Waffen- und Drogenhandel
Razzia in der Rocker-Szene

Rund 1700 Beamte durchsuchen Clubheime und Wohnungen der Bandidos, des MC Trust und des MC Mongols. Ein Waffenhändler hatte seine Kunden verraten.

06.03.2013 | Stand 16.09.2023, 7:26 Uhr

Die Polizei stellte auch in Nittendorf Waffen sicher. Foto: Kamera24.TV

Bei einer groß angelegten Durchsuchungsaktion hat die Polizei am Mittwoch nach illegalen Waffen bei Rockerclubs gesucht. Die Oberpfalz und Niederbayern standen im Mittelpunkt der Razzia. Rund 1700 Beamte nahmen ab 6 Uhr morgens insgesamt 146 Objekte in den vier Regierungsbezirken Oberpfalz, Niederbayern, Oberbayern und Mittelfranken ins Visier. Der Einsatz richtete sich in erster Linie gegen Angehörige von Motorradgruppen. Gefunden wurden nach Polizeiangaben 86 Waffen (54 Kurz- und 32 Langwaffen), circa 5500 Gramm Betäubungsmittel, etwa 2000 Schuss Munition und 190 verbotene Gegenstände – beispielsweise Messer und Schlagringe. Fünf Personen wurden vorläufig festgenommen. Drei Personen sollen dem Haftrichter vorgeführt werden.

Beteiligt waren Spezialkräfte aus mehreren Bundesländern, weil die Polizei das Risiko einkalkulierte, dass einzelne Rocker sich wehren oder sogar schießen könnten. Zwischenfälle gab es aber nicht.

Bereits im Februar vergangenen Jahres hatte die Polizei mit rund 1500 Beamten unzählige Objekte in ganz Ostbayern durchsucht. Ein aus der Oberpfalz stammender Mann war unter dem Verdacht festgenommen worden, die Szene mit illegalen Waffen beliefert zu haben. Nach mehreren Wochen in der Untersuchungshaft habe er auf Anraten seines Anwalts eine „Lebensbeichte“ abgelegt und die Namen aller Abnehmer der illegal verkauften Gewehre, Revolver und Pistolen genannt. Eine Sondereinheit des Polizeipräsidiums Oberpfalz zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität habe auch ermittelt, dass eine größere Menge an Munition verschoben wurde. Abnehmer sollen sowohl Kriminelle wie auch Waffensammler gewesen sein.

Daraus ergab sich im Mai 2012 eine weitere Durchsuchungsaktion und die weiteren Erkenntnisse der Kriminalisten hätten jetzt dazu geführt, dass eine noch größere Razzia angesetzt wurde, bestätigte Polizeisprecher Stefan Hartl am Dienstag der MZ. Dabei seien rund 1700 Polizeibeamte aus dem gesamten Bundesgebiet im Einsatz gewesen. „Wegen der Gefährlichkeit des Klientels haben wir viele Spezialeinsatz- und Unterstützungskommandos beigezogen“, so Hartl. Die Aktion, die den ganzen Tag dauerte, sei eine „logistische Meisterleistung“ gewesen. Unter anderem nahmen Beamte der Technischen Sondergruppe (TSG) des Bayerischen Landeskriminalamtes, die speziell für das Erkennen beziehungsweise Entschärfen von explosionsgefährlichen Gegenständen ausgebildet sind, Polizeihubschrauber und zahlreiche Sprengstoff- und Rauschgifthunde teil.

Einsatz auch in Regensburg

Der Mittelbayerischen Zeitung lagen bereits um kurz nach sechs Uhr die ersten Meldungen von einem Einsatz des Sondereinsatzkommandos in Alteglofsheim vor, die von Hartl bestätigt wurden. Allein hier war ein Großaufgebot von mehreren Fahrzeugen mit rund 30 Polizisten im Einsatz, darunter auch SEK-Beamte in voller Montur, die in den frühen Morgenstunden das Haus umstellt hatten und in die Wohnung eines Verdächtigen eindrangen.

Auch in einem Anwesen beim Weiler Waffenschmiede in der Gemeinde Wiesent kam es nach Informationen der Polizei zu einer Durchsuchungsaktion.

Bandido-Vereinsheim durchsucht

Durchsucht wurden nach Informationen der Mittelbayerischen Zeitung auch die Räume des Bandido-Chapters im Regensburger Stadtteil Keilberg sowie des MC Trust in Nittendorf. Hier sollen auch mehrere Waffen sichergestellt worden sein. In Keilberg hinterließ die Polizei am Vereinsheim der Bandidos sogar einen Brief: „Sehr geehrte Damen und Herren, dieses Objekt wurde durch die Polizei am 06.03.2013 betreten. Setzen Sie sich bitte mit der KPI Regensburg, Tel. 0941/ 506-0, in Verbindung“!, heißt es in dem Schreiben, das an die Tür des Bandido-Vereinsheims geheftet worden war. Ebenfalls durchsucht wurden Vereinsheime der Bandidos in Ingolstadt und in Iggensbach. In Deggendorf wurde das Clubheim des Motorradclubs Mongols genau unter die Lupe genommen.

Wie der Polizeisprecher auf Anfrage der MZ mitteilte, haben die Einsatzkräfte allein im Landkreis Regensburg 20 Objekte ins Visier genommen. Der Großeinsatz der Polizei stützt sich auf die Ergebnisse von kriminalpolizeilichen Ermittlungen, die sich über die letzten Monate hinzogen. Federführend geleitet wird der Polizeieinsatz von der Staatsanwaltschaft Regensburg. Es habe sich bei den Durchsuchungen aber ausschließlich um Vereinsheime oder Wohnungen von Angehörigen der Motorradclubs gehandelt, sagte Polizeisprecher Hartl. Bei der Aktion im Februar 2012 war auch von einem Schlag gegen die rechtsradikale Szene berichtet worden. Damals habe es Verdächtige gegeben, die Kontakt zum rechten Spektrum haben, bestätigte Hartl. Bei der jetzigen Razzia stehe das rechte Umfeld aber nicht im Mittelpunkt.

Durchsuchungen im Landkreis Neumarkt

Auch im Landkreis Neumarkt war die Polizei aktiv. Zwei Objekte im nördlichen und südlichen Teil des Landkreises habe die Polizei durchsucht, bestätigt der stellvertretende Leiter der Polizeiinspektion Neumarkt, Jörg Degenkolb. Wo genau diese liegen und ob beispielsweise Waffen oder Drogen gefunden wurden, darüber gab der Polizeibeamte jedoch keine Auskunft.

Im Städtedreieck hat die Polizei fünf Objekte durchsucht. Es habe sich um zwei Wohnhäuser in Burglengenfeld, zwei in Maxhütte-Haidhof und eines in Teublitz gehandelt, wie die Polizei auf MZ-Anfrage mitteilte.

Nach MZ-Informationen wurden bei allen Durchsuchungen Dekowaffen, möglicherweise scharf gemachte Dekowaffen und tatsächlich scharfe Waffen sowie Drogen gefunden. Von zahllosen Personen sei die Identität festgestellt worden.

Im Landkreis Neumarkt sind zwei Motorradclubs mit einschlägigem Ruf aktiv. Neben einem Chapter Hells Angels in Neumarkt, hat sich vor zwei Jahren eine Neumarkter Gruppe der Outlaws in Pollanten nahe Berching gegründet. Im an der Grenze zum Landkreis liegenden mittelfränkischen Allersberg gibt es zudem ein Chapter Bandidos. Razzien bei den Hells Angels und den Outlaws bestätigte die Polizei nicht.