Gastronomie
Fürstenhof: Das Tangoherz schlägt wieder

Das Lokal hat die älteste Tanzlizenz Regensburgs. Heute wird sie nach 25 Jahren zum Leben erweckt – im Stil der alten Zeit.

24.11.2017 | Stand 16.09.2023, 6:20 Uhr
Helmut Wanner

Im Tango-Erwartungsland: Georg Seidemann, Tahir Hyseni und Christian Beyreuther (von links) im ersten Stock des Cafe Fürstenhof Foto: Wanner

Wenn man sichdie aktuelle Geschichte des „Fürstenhof“vor Augen hält, könnte man glauben, dass es Häuser und Lokale gibt, deren Leben im Geheimen miteinander verwoben ist. Das Gesellschaftshaus in der Maxstraße wurde 1911 von Architekt Joseph Koch im Jugendstil erbaut. Es hatte einen Billardsaal, einen Schachsaal, eine Bibliothek und die älteste existierende Tanzcafé-Lizenz in Regensburg. Ein Jahr später, 1912, eröffnete Tausende Kilometer weiter westlich, über dem großen Teich, das Café „La Ideal“ in Buenos Aires.

Der Zwilling steht in Buenos Aires

Wenn man im Internet die Bilder der beiden Häuser sieht, traut man seinen Augen nicht: ähnliche Fassade, ähnlicher Balkon im ersten Stock, die gleichen Säulen aus rotem Marmor im Saal, die gleiche Holzvertäfelung, der gleiche Parkettboden… - und von den Decken strahlen ähnliche Lüster. „Das La Ideal gleicht dem Fürstenhof wie ein Zwilling dem anderen, nur, dass es halt fünf Mal größer ist“, stellt Christian Beyreuther entzückt fest. „Die Tanzfläche im Fürstenhof ist 14 Meter lang und sieben Meter breit.“

Das „La Ideal“ ist eine weltberühmte Tango-Location in der Welt-Hauptstadt des Tango argentino. Jeden Sonntagnachmittag wird das Restaurant-Café von Mobiliar geräumt und es drehen sich die Paare gegen den Uhrzeigersinn im Rhythmus des Tango. Das findet jetzt auch in Regensburg ein Echo: Am heutigen Freitag steigt ab 21 Uhr im Fürstenhof die erste Milonga, so nennt man eine Tango-Veranstaltung, auf welcher zu drei Rhythmen getanzt wird: Tango, Vals und Milonga.

Der Abend ist eine Premiere. Entsprechend aufgeregt sind die Beteiligten. Wenn das Restaurant um 18 Uhr schließt, wird der Saal umgebaut. Tanzpuder wird auf den Parkettboden aufgetragen. Entlang der umlaufenden Polsterbank werden Tischchen für die Getränke gestellt. Ein Teil des Saals wird zum Kontaktraum mit Stehtischen und weißen Hussen. Dort haben die Leute Platz, die einfach nur zuschauen und zuhören wollen. Milonga Garufa will jedem Gast das Gefühl von gelebtem Tango vermitteln: Mit überwiegend klassischer traditioneller Tangomusik, sowie einem kleinen Anteil an modernen Elementen, die den Bezug zur Tradition des Tango bewahren. 92 Stücke werden gespielt. Es wird vom Laptop aufgelegt. Vier Lautsprecher beschallen den Saal aus vier Ecken, er wird von LED-Bars und -Spots bestrahlt. In der Regel geht so eine Tangonacht von 21 bis 2 Uhr.

Die Milonga Garufa soll ab jetzt an jedem letzten Freitag des Monats zelebriert werden, sofern sie nicht im Saal des Kunst- und Gewerbehauses stattfindet. Motto: „Tanz trifft Kunst“. Hinter der Idee stehen Christian Beyreuther (47) und Georg Seidemann (50). Die begeisterten Tangotänzer haben vor drei Jahren die Milonga Garufa Entertainment GbR gegründet. Garufa ist ein Dialektwort und bedeutet so viel wie Fest. Mit der Milonga im Fürstenhof geben sie der Regensburger Tangogemeinde wieder einen originalen Tanzboden aus der goldenen Ära des Carlos Gardel (1890 bis 1935) zurück. Zugleich erwecken sie das älteste Tanzcafé der Stadt zum neuen Leben.

Der junge Wirt des Lokals, Tahir Hyseni (24), ein gebürtiger Regensburger und jüngster Sommelier der Stadt, ist begeistert. „Zu meinem Opa habe ich immer gesagt: Das Fürstenhof schläft nur. Wir wecken es auf.“

Tosender Applaus der Tangoszene

Die älteren Damen hätten ihm beim Nachmittags-Kaffeekränzchen erzählt, dass sie hier beim Tanz ihren Mann kennengelernt haben. Nun wird dem Traditionslokal in der Altstadt, wie er sagt, „ein neuer Herzschlag gegeben“. Der Herzschlag des Tango argentino, der in den Goldenen Zwanziger weltweit seine beste Zeit hatte. Im Café Fürstenhof wird nach 25 Jahren Pause wieder getanzt. Das Echo in Regensburg ist da. Als Beyreuther beim letzten Tango-Freitag im Saal des Kunst- und Gewerbehauses in der Ludwigstraße die neue Location ankündigte, erntete er tosenden Applaus der Tangueros und Tangueras. Die Tangoszene umfasst ungefähr 250 Tänzer. Das Verhältnis Mann/Frau wird von Beyreuther und Seidemann mit 60 Prozent Frauen angegeben. Die Tänzer hatten ihn nach der Lektüre eines MZ-Artikels über die Geschichte des alten Fürstenhofs („Der Jugendstil der Unterhaltung“, 14. Oktober) ermuntert, doch einmal die Lokalität zu erkunden. Als Beyreuther die Türe zum Café aufmachte, sei es ihm wie Schuppen von den Augen gefallen.

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