Dialekt
Gekloben wird das Holz, glom werd’s

Es gibt wieder Wissenswertes rund um den Dialekt. Dieses Mal geht es um Holzhacken, Ackerbeete und klangvolle Flüche.

29.10.2015 | Stand 16.09.2023, 6:55 Uhr
Ludwig Zehetner
Wie lang wird es wohl dauern, bis das ganze Holz gekloben ist? −Foto: dpa

Fix Alleluja! Himmel-Stern-Laudon!

Unmutsäußerungen und Flüche beschränken sich normalerweise nicht nur auf ein einziges Wort, und erst recht bleiben sie nur selten einsilbig. Ausnahmen wie „Fix!“ bestätigen diese Beobachtung. Bei Verärgerung muss man ja Luft ablassen. So kommen Verlängerungen in Gebrauch, die nicht unbedingt einen Sinn ergeben, so etwa „Zefix Alleluja!, Fix-Luja!“. Hier stammt der Zusatz immerhin aus dem religiösen Vokabular (wie ja auch „(ze)fix“). Ähnliches gilt für „Hàrrschaft Ninive“, was Mitte des vorigen Jahrhunderts bei älteren Leuten noch zu hören war. Ninive, der Name der assyrischen Hauptstadt am Tigris, war aus der biblischen Geschichte wohlbekannt: Der Prophet Jonas (Jona), gerade dem Bauch des großen Fisches entstiegen, der ihn verschlungen hatte, warnt Ninive vor dem Untergang, sollten deren Bewohner nicht von ihrem sündhaften Lebenswandel ablassen.

Aber auch andere Wörter dienen dazu, Unmutsausrufe länger werden zu lassen. Man denke etwa an „Kreiz-Birnbaum-Hollerstauan“. In einer Geschichte von Ludwig Thoma macht etwa ein Wilderer seinem Ärger Luft, indem er ausruft: „Himmelstern-Laudon! Da hat uns der Förster wieder amal a schöne Arbeit ang’richt.“ Auch „Himmel Laudon“ wird (oder wurde) verwendet, ebenso „Fix Laudon“. Man fragt sich, wieso ausgerechnet der Name des österreichischen Feldherrn Ernst Gideon Freiherr von Laudon (1717-1790) hier Eingang gefunden hat. Feststeht jedenfalls: Emotionale Ausrufe sollen möglichst mehrgliedrig und klangvoll sein – wie etwa „Teufel aber auch!“ oder „Deife no amoi!“

Die Frage kam von Ludwig Rödl.

Bifänge gibt es freilich noch – aber das Wort?

Was man unter „Zwegsackerbifing“ versteht, ist nicht eindeutig zu klären. Das Grundwort „Bifing“, korrekter „Bifang“, tritt in verschiedenen Varianten auf, so etwa als „Bifen, Bife, Bifling, Piefang, Püfing“ usw. Vergeblich sucht man es in neueren Wörterbüchern; es fehlt sogar in Nabil Osmans „Kleinem Lexikon untergegangener Wörter“.

Der Ur-Duden von 1880 enthielt das Stichwort „Bifang“, Mehrzahl „Bifänge“. Seither ist es offenbar in den mundartlichen Gebrauch abgesunken. Die Bedeutung ist: Ackerbeet, erhöht aufgeworfener Erdstreifen zwischen zwei Pflugfurchen. Für das Gedeihen von Kartoffeln oder Spargel legt man auch heute Bifänge an. Als es noch keine Wendepflüge gab, musste man solche Streifen jeweils von der anderen Seite her zusammenpflügen; es war ein „zweifacher Fang“ – so ist das Wort wohl zu verstehen. In manchen Gegenden, zum Beispiel im Bayerischen Wald, verstand man unter Bifang eine gewisse Anzahl von Ackerfurchen. In Niederbayern wurde die Größe eines Ackers mit der Anzahl von Bifängen angegeben. Was aber ein „Zwegsackerbifing“ ist, bleibt fraglich. Ob „Weg, zuweg“ drinsteckt? Dass vielleicht am Rand des Ackers gelegene Furchen oder Beete gemeint waren, die für die Zufahrt zum Acker dienten?

Die Frage stellte Elfriede Kotz.

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Da Oasiedl vo Bong / hod Holzscheitl glom …

Der Einsender liefert eine Reihe von Ausdrücken, die mit herbstlichen Arbeiten zu tun haben, die in seiner Kindheit auf einem Bauernhof zu erledigen waren. Einige davon sollen hier betrachtet werden. Das Aushacken von Ästen und die Zerkleinerung auf Ofengröße heißt „schneiten“, ebenso das Entfernen der Rinde von gefällten Bäumen. Ausgesprochen wird das Verb in den Mundarten der Oberpfalz „schnoitn“, südlich der Donau aber „schnoatn“. Es steht im Ablaut zu „schneiden“ (mittelhochdeutsch „snîden“). Als „Schneiter, Schnoata, Schnoita“ bezeichnet man einerseits eine Axt, die sich speziell für das Abhauen und Kleinhacken von Ästen eignet, andererseits auch ein besonders großes Stück Brennholz: „Hau no an Schnoatta eini ins Feia!“ Kleinere Äste und Zweige – Grasset oder Wied – wurden zerhackt, zu Bäuscheln (Beischln) gebunden und zum Trocknen aufgeschlichtet; sie dienten zum Entfachen des Feuers oder dazu, rasch eine große Hitze zu erzeugen. In den ländlichen Mundarten heißen die Äste „Nest“ – lautlich unterschieden von „Neest“ (Nest), was als Einsilbler gedehnten Vokal hat. Aus „an Ast“ (ein Ast) entstand durch Verschiebung der Wortgrenze „a Nast“, Mehrzahl „Nest“.

Heute spaltet oder hackt man das Holz. Zusehends in Vergessenheit gerät das alte deutsche Verb „klieben“. Südlich der Donau lautet es „gliam“, nördlich „gläim“ oder „gloim, gluim“. Bald wird man das Lied vom Einsiedel von Bogen nicht mehr verstehen, worin es heißt, er „hod Holzscheitl glom / und hod eam an Schiefing in Orsch einizong“ – also gekloben hat er, und zwar vielleicht ein besonders „ungamperts“ (sperriges) oder „vawimmerts“ (knorriges) Trumm von einem Wurzelstock.

Eine Anregung von Hans Reichhart

A bor Guatln fiar eng – sä!

Mit den Worten „Do, a bor Guatln fiar eng – sä!“ überreichte die Oma den Kindern ein Tütchen Bonbons. Die mundartliche Partikel „sä“, so wird immer wieder behauptet, sei aus dem Französischen entlehnt, und zwar von „c’est“. Lautlich passt das zwar einwandfrei, nicht aber inhaltlich. Kein Franzose begleitet die Überreichung von etwas Erbetenem mit „C’est“ (das ist), sondern mit „Voilà“. Noch abenteuerlich ist die Vermutung, bairisch „sä“ käme von französisch „s’il vous plait“. Freilich gibt es sowohl in der Hochsprache als auch im bairischen Dialekt zahlreiche Entlehnungen aus dem Französischen: Garderobe, Garage, Bagage, Blamage, Courage, Engagement, Rendezvous, retour, partout, beige, orange usw. Manche Wörter wurden so stark ans Bairische angeglichen, dass sie der Ausgangssprache kaum mehr ähneln: „Büfflamott (Befflamot), Potschàmperl, Sàkràdie, Schàndi“ aus französisch „bœuf à la mode, pot de chambre, sacré dieu, gens d’arme“. Und wenn wir uns mit „measse“ (betont auf der ersten Silbe) bedanken, so klingt das ganz anders, als wenn ein Franzose „merci“ sagt (Endsilbe betont). Bairisch „sä“ gehört allerdings nicht in diese Kategorie. Das Wörtchen ist echt deutsch.

Folgender Gedankengang führt uns auf die richtige Spur: Wie sagt doch heute die Verkäuferin, wenn sie dem Kunden die gewünschte Ware auf den Tisch legt? „So, Eahna Aufschnitt, do schaung S’ her.“ Oder es heißt: „Do schau her, dei Wechselgeld.“ Das beinhaltet keine Aufforderung zum Herschauen; es handelt sich um eine floskelhafte Redewendung. „Schau her“ ist die heutige Entsprechung für das alte „Sä“. Nimmt man statt „herschauen“ das Verb „sehen“, dann erschließt sich die Herkunft: Mit „sä“ liegt eine isolierte und erstarrte Imperativ- oder Konjunktivform zu „sehen“ vor, es bedeutet also dasselbe wie „schau“ oder „sieh“ – oder gepflegt hochdeutsch „siehe da“. Immer wieder hört man, der Ausdruck „mutterseelenallein“ leite sich her von französisch „moi tou seul“ (ich ganz allein). Das trifft nicht zu. Auch das Wort „Fisimatenten“ (Ausflüchte, Winkelzüge) kommt wohl kaum aus dem Französischen, sooft die Erklärung aus „visite ma tente“ (besuch mein Zelt) samt der dazu gehörenden originellen Anekdote auch wiederholt werden mag.

Die Frage stellte Dr. Karl Kick.

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