Wahlen
Der AfD-Schock sitzt bei vielen tief

Auch in Neumarkt beschäftigt viele der Aufstieg der AfD. Vor allem die CSU, deren Verluste die Gewinne der AfD waren.

25.09.2017 | Stand 16.09.2023, 6:21 Uhr

Auch im Rathaus von Neumarkt verfolgten Bürger am Sonntag live den Ausgang der Bundestagswahl. Foto: Heil

Am Tag nach der Bundestagswahl gibt es wie schon am Vorabend vor allem nur zwei Themen: das Abschneiden der AfD, verbunden mit dem Einbruch der Volksparteien CDU/CSU und SPD. Zur Erinnerung: Auch im Landkreis errang die AfD erhebliche Stimmenzuwächse. Kandidat Peter Boehringer bekam im Stimmkreis 232, zu dem der Landkreis gehört, 11,2 Prozent der Erststimmen, an Zweitstimmen sammelte die Partei 12,8 Prozent ein, was knapp unter dem bundesweiten Durchschnitt liegt und knapp über dem bayernweiten.

Den Bericht zur Bundestagswahl vom Wahlabend lesen Siehier.

Einzelne Gemeinden im Landkreis sind dabei besonders auffällig (siehe Infoartikel), allen voran Hohenfels. Dessen Bürgermeister Bernhard Graf tut sich wie seine Kollegen in anderen Gemeinden schwer mit einer Erklärung. Möglicherweise könnte eine Flüchtlingsunterkunft, die zeitweise stark ausgelastet gewesen sei, ein Grund für Unzufriedenheit unter manchen Bürgern gewesen sein, vermutet Graf. Genau wisse er es aber nicht. Auch ist Hohenfels nach Grafs Ansicht kein sozialer Brennpunkt, der Unzufriedene produziere, die aus Protest die AfD wählten.

Auffälligkeiten der Bundestagswahl im Stimmkreis 232 haben wir hier zusammengefasst:

AfD hat auch lokal noch viel vor

Ähnlich klingt es bei seinem Kollegen in Mühlhausen. Dr. Martin Hundsdorfer sieht die Ursachen für die in Mühlhausen leicht über Durchschnitt liegenden AfD-Werte daher weniger im lokalen Umfeld als vielmehr auf Bundesebene verortet. Für Mühlhausen im Speziellen sei er daher nicht beunruhigt, auch wenn er allgemein die Entwicklung sehr wohl mit Sorge verfolge.

Das Ergebnis im Stimmkreis 232 in Zahlen sehen Sie hier:

Noch haben die Bürgermeister mit der AfD vor Ort nichts zu tun. In den Gemeinderäten sitzt die Partei nicht. Ob dies so bleiben wird? Genau im Auge behalten wolle man das, sagen die Rathauschefs unisono. Das müssen sie auch, wenn man den Worten von Werner Meier Glauben schenkt. Der Kreisvorsitzender der AfD kündigt am Tag nach dem großen Erfolg der Partei an, den Schwung für künftige Aufgaben nutzen zu wollen. Erst die kommende Landtagswahl mit ihm als Kandidaten, dann die Kommunalwahlen: Dafür will man sich rüsten. Mit dem Ergebnis von Boehringer, der über die Landesliste den Sprung in den Bundestag locker geschafft hat, ist der Velburger sehr zufrieden.

Euphorisch klingt Meier dennoch nicht, vielmehr spricht er von anstehenden arbeitsreichen Wochen, die nicht ohne Diskussionen ausgehen werden. So umschreibt der Kreisvorsitzende, was Beobachter schon als Flügelkämpfe in der Partei bezeichnen. Etwa die Ankündigung der Parteivorsitzenden Frauke Petry, trotz Bundestagsmandats nicht Teil der Fraktion sein zu wollen. Das könne er nicht verstehen, sagt Meier.

Kein Populismus, aber klare Kante

Dass die CSU die rechte Flanke wieder mehr besetzen möchte, schreckt Meier nicht. „Davon spricht die CSU doch schon seit Jahren“. Doch die Bürger seien nicht dumm und wüssten, dass die Ankündigungen nur Makulatur seien. Was sich nach Meiers Ansicht auch bei der wohl anstehenden Jamaika-Koalition wiederholen werde. Die CSU werde zwangsläufig Verrat am eigenen Programm begehen, sagt Meier.

„Demokratie lebt vom Kompromiss“, hält dem Alois Karl (CSU) entgegen, der den Stimmkreis auch die kommenden vier Jahre in Berlin vertreten wird. „Man kann keine Politik betreiben mit Maximalforderungen“, sagt Karl über die wohl schwierigen bevorstehenden Koalitionsverhandlungen mit CDU, FDP und Grünen.

Nichtsdestotrotz will er aus den Stimmverlusten für ihn persönlich und seine Partei auch Konsequenzen ziehen. Wenn auch nicht in der Form, dass man die AfD populistisch überholen sollte. „Das halte ich für grundverkehrt.“ Klare Kante beispielsweise bei der Flüchtlingspolitik schließt das seiner Meinung nach aber nicht aus.

Enttäuscht ist Karl über das Verhalten der SPD, die für keine Koalition zur Verfügung steht. Ein „undemokratisches Verhalten“ nennt das Karl. Für die SPD-Kreisvorsitzende Carolin Braun ist es hingegen ein längst überfälliger Schritt. In der Opposition könne man sich wieder, ohne Rücksicht auf andere nehmen zu müssen, auf die eigenen Stärken besinnen und sich von den schweren Verlusten erholen, ist Braun überzeugt. Das Wahlergebnis insgesamt bezeichnet sie als ein „demokratisches Desaster“. Nun gelte es für die „demokratischen Parteien“ geschlossen gegen die AfD zu stehen.

Hintergründe und Informationen zur Bundestagswahl sowie den zehn Direktkandidaten aus dem Wahlkreis 232 Amberg-Sulzbach finden Sie in unseremMZ-Spezial.