MZ-Serie
Ein Schauspieler wider Willen

Christian Tramitz wollte nicht in die Fußstapfen seiner berühmten Familie treten, doch dann kam „Der Schuh des Manitu“.

06.09.2017 | Stand 16.09.2023, 6:26 Uhr
Fred Filkron

Christian Tramitz fand über Umwege den Weg ins Fernsehen – nun ist er gefragter denn je. Foto: dpa

Ob Captain Kork, Old Shatterhand oder Kaiser Franz – mit seinen Paraderollen sorgt der Münchner Schauspieler Christian Tramitz derzeit wieder für Heiterkeit in deutschen Kinosälen. Zum 20-jährigen Jubiläum der „Bullyparade“ hat sich Tramitz erneut mit seinen alten Weggefährten Michael „Bully“ Herbig und Rick Kavanian zusammengetan, um allseits bekannte Filmklassiker durch den Kakao zu ziehen. Wieder unter Einsatz der unterschiedlichsten deutschen Dialekte und ohne sich um politische Korrektheit zu scheren.

An den Start ging die „Bullyparade“, eine Sketche-Show auf Prosieben, im Jahre 1997, wo sie vor allem für Comedyfans zum Pflichtprogramm wurde. Aber erst die daraus entwickelten Spin-Offs fürs Kino machten das „Trio Infernale“ Tramitz, Herbig, Kavanian einem breiteren Publikum bekannt: „Der Schuh des Manitu“ und „(T)Raumschiff Surprise Periode 1“ gehören bis heute zu den erfolgreichsten deutschen Filmen aller Zeiten.

Spross aus einer Darstellerdynastie

Dabei hatte Tramitz einmal ganz klein als Synchronsprecher angefangen. In den 1980er-Jahren lieh er seine wandelbare Stimme Figuren in TV-Kultsendungen wie Al Bundys „Eine schrecklich nette Familie“ oder „Alf“. Und auch auf der großen Kinoleinwand war seine Stimme zu vernehmen: die Horrorfilmklassiker „Tanz der Teufel“ und „Nightmare on Elm Street“ gehören ebenso in sein Portfolio wie die Blödelserien „Police Academy“ und „South Park“. Neueren Datums ist sein Einsatz bei „Findet Dorie“, „Toy Story“ und „Die Simpsons“, wo er den von vielen heiß geliebten Tingeltangel-Bob spricht.

Aber auch große Hollywood-Stars wie Matt Dillon, Ray Liotta, John Cusack oder Ben Stiller wurden mit Tramitz‘ Timbre versehen. „Wenn man einen Menschen so genau beobachten muss, weil man ihm die deutsche Stimme leiht, merkt man erst, welche Klasse die jeweiligen Kollegen haben“, erklärte Tramitz in einem Interview. Von übertriebener Selbsteinschätzung und schauspielertypischer Eitelkeit wird der 62-jährige nicht gerade geplagt. Seine eigenen Filme schaut er sich höchstens bei der Premierenfeier an, „ich käme nie auf die Idee, mir zu Hause meine eigenen Filme anzusehen.“

Dabei stammt Tramitz aus einer tief verwurzelten und weit verzweigten Darstellerdynastie: Mutter Monica ist die Tochter von Paul Hörbiger, der in den 1930er-Jahren zum populären Volksschauspieler aufstieg. Die im TV omnipräsente Christiane Hörbiger ist eine Tante zweiten Grades, Mavie Hörbiger seine Cousine. Tramitz‘ Vater Rudolf war Filmproduzent. An seinen berühmten Großvater hat Tramitz die allerbesten Erinnerungen: „Ich habe mich wahnsinnig gut mit ihm verstanden. Auch nach dem Abitur bin ich noch ganz oft hingefahren.“ Tramitz verbrachte regelmäßig die Ferien beim Opa in Niederösterreich, wo er bei der Gartenernte half und mit dem Opa fischen ging. Auch heute noch ist Tramitz ein leidenschaftlicher Angler, der mit seiner zweiten Ehefrau Anette und zwei Kindern am Starnberger See lebt. Aus erster Ehe stammen Zwillingsbrüder, die bereits ihre eigenen Wege gehen.

Als Jugendlicher wollte Tramitz eigentlich überhaupt nicht ins Showbusiness einsteigen: „Ich wollte nicht das Gleiche tun, was die ganze Familie machte. Wir hatten schon so viele Kasperl, dass ich dachte, es braucht nicht noch einen. Außerdem hat mich das Theater nie richtig fasziniert.“ Er begann in München pro forma Kunstgeschichte, Philosophie und Theaterwissenschaft zu studieren, merkte aber schnell, dass das nicht das Richtige für ihn ist: „Ich kann an zwei Händen abzählen, wie oft ich an der Uni war.“

Nebenher verdiente er sich als Tellerwäscher, Kellner und Aktmodell etwas dazu und nahm Schauspiel- und Geigenunterricht. Nach seiner Ausbildung spielte er zunächst am Stadttheater Ingolstadt und erhielt anschließend ein Engagement bei den Düsseldorfer Kammerspielen. Schließlich wurde das Fernsehen auf ihn aufmerksam, wo er in den 1990er-Jahren kleinere Rollen in Fernsehkrimis übernahm. Dazu gehörte auch die TV-München-Sendung „Isar 3“, die auf Figuren zurückging, die Tramitz zusammen mit Herbig und Kavanian für eine Radio-Show konzipiert hatte („Die Bayern-Cops“).

Das brave deutsche Fernsehen

Nach dem Ende der „Bullyparade“ im Jahre 2002 bekam Tramitz von Prosieben eine eigene Comedyshow angetragen. „Tramitz & Friends“ war jedoch weniger erfolgreich. Immerhin entwickelte Tramitz dort mit seinem alten Schulfreund Helmfried von Lüttichau die Blaupause für eine Sendung, die ab 2011 zum Quotenhit im ARD-Vorabendprogramm avancierte: „Hubert und Staller“. Auf hohem komödiantischem Niveau und subversivem Potential spielen die beiden ein chaotisch-dusseliges Polizistenpaar, das Wolfratshausen und Umgebung unsicher macht. Den von Tramitz hoch geschätzten makabren Humor haben sich die Sendungsmacher bei den österreichischen Kollegen abgeschaut. Das deutsche Fernsehen hält Tramitz insgesamt für zu brav. Allzu oft werde der kleinste gemeinsame Nenner gesucht und dem Zuschauer nichts zugetraut: „Erfolgsmodelle werden so lange kopiert, bis sie keiner mehr sehen will.“

Dass er bei allen Aufgaben auch noch die Zeit findet, Rita Falks Erfolgsreihe um den unkonventionellen Polizeihauptkommissar Franz Eberhofer ins Hörbuch-Format zu transferieren, lässt einen staunen. Und seine nächste Synchronisationsarbeit steht auch schon vor der Tür: Am 28. September startet der Animationsfilm „Cars 3“ im Kino, mit Christian Tramitz als Chick Hicks.

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