Kino
Mit skurrilem Humor zum Erfolg

Jule Ronstedt lebt als Schauspielerin und Regisseurin ihre Leidenschaften. Derzeit steht sie mit „Maria Mafiosi“ im Fokus.

28.06.2017 | Stand 16.09.2023, 6:31 Uhr
Alois C. Braun

Die gebürtige Münchnerin Jule Ronstedt hat bei dem Film „Maria Mafiosi“ Regie geführt, der derzeit in den deutschen Kinos läuft. Foto: Gunnar Lillehammer

Jule Ronstedt wurde bekannt durch die Hauptrolle in der Serie „Aus heiterem Himmel“. Seitdem konnte man sie in Filmen und Serien wie „Tatort“, „Der Bulle von Tölz“ oder „Die Rosenheim-Cops“ sowie „Wer früher stirbt ist länger tot“ sehen. Derzeit steht sie mit „Maria Mafiosi“ im Fokus, dem ersten Kinofilm, für den sie das Drehbuch schrieb und selbst Regie führte. Ronstedt hat ein Faible für skurrile Figuren und abgedrehte Geschichten. Das bestätigt sie lachend, als das Gespräch am Münchener Gasteig auf die Kurzfilme kommt, bei denen sie schon Regie geführt hat. „Ich mag eher den schwarzen und abgründigen Humor“, sagt sie. „Die platten Schenkelklopfer-Komödien sind nichts für mich.“

Aufgewachsen ist die gebürtige Münchnerin ab ihrem achten Lebensjahr in Herrsching. „Als Kind wird man nicht gerne verpflanzt“, erzählt sie. „Aber ich fand es dort am See hübscher als in der Stadt, auch wenn ich meine Freundinnen natürlich vermisst habe.“ Es gab auch auf dem Land alles, was sie als Jugendliche brauchte. „Im Jugendzentrum dort traf man immer jemanden an, auch ohne Verabredung per Handy.“ Und dann war da die legendäre „Gifthütte“ in Steinebach, an die sie sich erinnert. „Das war der Laden damals! Dahin kamen auch die Leute aus der Stadt“, sagt sie und lacht.

Prägende Erlebnisse in der Fremde

Allerdings war das Partymachen nicht ihr Ding: „Ich war nie eine Discomaus.“ Dafür hatte sie schon immer eine kreative Ader, spielte im Gymnasium Theater und führte auch Regie. Es war klar: In diese Richtung sollte die berufliche Karriere gehen. Nach dem Abitur in Gilching führte ihr Weg deshalb 1992 auf die Schauspielschule. „Ich hatte mich auch an der Filmhochschule beworben, um Regie zu studieren. Die Schauspielschule sagte aber zuerst zu, also war das wohl mein Weg. Das Inszenieren habe ich aber nie aus den Augen verloren.“

Ronstedts Eltern kamen in den 60er Jahren aus Hannover nach München. Die Karriere der Tochter haben sie immer unterstützt. In München hatte die Familie mehrere Geschäfte, und beide Elternteile waren selbst gerne kreativ. Und sie waren weltoffen und reisten viel. „Ich war mit meinen Eltern in Indien, Indonesien, China und anderen Ländern“, schwelgt Jule Ronstedt in Erinnerungen.

„So etwas prägt natürlich. Ich erinnere mich gut daran, wie ich als Sechsjährige im Basar von Istanbul auf Teppichen saß, an die Gerüche, die fremden Sprachen und den schwarzen Tee, den ich damals als viel zu bitter empfand.“ Bis heute ist die 46-Jährige gerne unterwegs. „Reisen mit Interesse an anderen Kulturen bildet und man verliert die Angst vor dem Fremden“, sagt sie und fügt nachdenklich hinzu: „Das würde uns gegenwärtig ganz guttun.“

Arbeit und Leidenschaft gehört zusammen

Aber zurück zur Karriere. Noch auf der Schauspielschule nahm sie am Casting für die Serie „Aus heiterem Himmel“ teil – und überzeugte. „Schauspielerei lernt man nur, indem man viel spielt, man lernt aus der Erfahrung. Deshalb nahm ich die Rolle an und verließ die Schule.“ Und es wurde ihr erster großer Erfolg. Es folgten Auftritte in vielen populären TV-Serien, am Theater und in zahlreichen Spielfilmen. Und immer wieder Regiearbeiten, auch am Theater, und mit „Das normale Quicky-Ficky Familienplimplimplim“ im Jahr 2000 dann der erste von mehreren Kurzfilmen als Autorin und Regisseurin. Weitere folgten. „Ich wollte mit diesen Filmen ausprobieren, was Filmregie bedeutet. Da kommt die ganze Nachbearbeitung ja noch dazu, das ist schon etwas anderes, als für die Bühne zu inszenieren“, sagt sie rückblickend.

„Ich habe schon immer viel geschrieben. Das kommt wohl aus einer Sehnsucht nach bestimmten Themen und Geschichten. Ich will Figuren entwickeln.“

Zweifellos ist Jule Ronstedt eine viel beschäftigte Frau. Gibt es da überhaupt Zeit für Hobbys? „Nein“, kommt die kurze und bestimmte Antwort. „Das heißt aber nicht, dass ich nicht entspanne. Ich pflege meinen Freundeskreis sehr intensiv, genieße das Zusammensitzen und Quatschen oder paddle mit dem SUP Board hinaus auf einen See. Da ist Ruhe und das macht den Kopf frei.“ Arbeit und Leidenschaften habe sie aber noch nie getrennt.

„Alte Menschen sind oft schöner“

Außergewöhnlich für die Branche ist ihre Einstellung zur Schönheitschirurgie. „Ich verstehe es nicht, dass man sich operieren lässt“, sagt sie und schüttelt den Kopf. „Ich vermisse es manchmal, in natürlich gealterte Gesichter zu schauen. Alte Menschen sind doch oft viel schöner. Und ich denke auch, operative Veränderungen sind für Schauspielerinnen eher kontraproduktiv, denn sie berauben sich ihres Ausdrucks.“

In dieser langen Zeit habe man nie Gewissheit, ob der Film nicht aus irgendeinem Grund doch noch scheitert und vielleicht nie umgesetzt wird. „Das Wichtigste ist, eine Produktion zu finden, denn erst dann kann man zum Beispiel Filmförderungen beantragen und TV-Sendern Kooperationen anbieten.“ Am Drehbuch wird bis zuletzt gefeilt, auch aus Kostengründen. Umso größer ist die Spannung, wenn ein Film endlich ins Kino kommt. „Natürlich wünsche ich mir, dass ‚Maria Mafiosi‘ erfolgreich wird und sich all die Arbeit gelohnt hat“, sagt die Regisseurin und lacht. Die Geschichte einer schwangeren Polizistin, die den Sohn eines Mafioso liebt und nach und nach in die kriminellen Abgründe ihrer neuen Familie Einblick bekommt, hat alle Zutaten dafür. Die Komödie unterhält humorvoll und auf skurrile Weise. Ganz so, wie Jule Ronstedt es mag.

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