Fussball
Bambaras Weg vom Profikicker zum Banker

Im besten Sportleralter von 28 Jahren machte der Rodinger Schluss mit Profifußball — und er bereut die Entscheidung nicht.

19.02.2016 | Stand 16.09.2023, 6:57 Uhr
Jürgen Ziereis
Eines der Karriere-Highlights des Moise Bambara: Gegenspieler von Ribery im Ingolstädter Testspiel gegen die großen Bayern. −Foto: dpa

Nur Insider konnten damals etwas anfangen mit jenem 17-jährigen Nachwuchstalent, dem einen Augenblick lang die große Bühne gehörte. Über 10 000 Zuschauer drängten sich im September 2002 ins Stadion an der Further Straße, um den großen FC Bayern beim Benefizspiel für die Hochwasseropfer standesgemäß 11:1 gegen den ASV Cham siegen zu sehen. Ein gewisser Moise Bambara, damals noch ASV-Jugendspieler, trug sich als Schütze des Chamer Ehrentreffers in die Statistik dieses ungleichen Duells ein, neben so illustren Namen wie Giovane Elber oder Claudio Pizarro auf der anderen Seite.

Es gibt sicher schlechtere Anlässe, auf sich aufmerksam zu machen. Dass es der im kleinen afrikanischen Land Burkina Faso geborene und in Roding aufgewachsene Bambara später zum Zweitliga-Profi und zweifachen Nationalspieler für sein Heimatland gebracht hat, gehört freilich zum Allgemeinwissen nicht nur der Fußball-Fans in der Region. Vor knapp drei Jahren aber sagte Moise Bambara der Ellbogengesellschaft Profifußball im besten Sportleralter von 28 Jahren „Servus“ und stieg ins oftmals nicht minder umkämpfte Bankgeschäft ein. So gesehen waren die Erfahrungen des Fußballs auch eine Schule fürs wahre Berufsleben, sagt Moise Bambara.

Wehmut, die Karriere so früh beendet zu haben? – „Nein, überhaupt nicht. Ich habe mich ja schon längere Zeit damit beschäftigt und hatte durch mein Studium schon einen anderen Blick darauf. Diese Entscheidung habe ich bewusst gewählt und sie auch nie bereut. Aber ich hätte sicher noch das eine oder andere Jahr woanders spielen können.“ Bambaras Vertrag beim Zweitligisten FSV Frankfurt war ausgelaufen, es gab auch andere Angebote, erzählt der heute 31-Jährige, „aber für mich war diese Alternative die bessere. Durch das Netzwerk, das man sich im Laufe der Zeit so aufbaut, hat sich das ergeben. Den Zeitpunkt konnte ich selbst steuern, und ich habe damals für mich entschieden, dass das ein guter Zeitpunkt ist.“

„Ich hätte sicher noch das eine oder andere Jahr woanders spielen können.“Moise Bambara

„Herausforderndes Umfeld“ Bank

Auch seinen Job bei einer Weltbank mit Sitz in München („Ich bin für das Kreditportfolio-Management im Immobilienbereich zuständig“) , wo Moise Bambara seinen Lebensmittelpunkt hat, betrachtet der zweifache Nationalspieler als „herausforderndes Umfeld“ in Zeiten globaler Unruhen und wirtschaftlicher Verwerfungen. „Ich hatte schon immer eine Affinität zu Finanzen, das war auch im Studium mein Schwerpunkt.“

Kontakte zur Fußball-Szene, zu ehemaligen Mitspielern, etwa seinen früheren ASV-Kumpel Christian Ranzinger und Trainern, pflegt Moise Bambara nach wie vor, sagt er und wäre auch „nicht überrascht, wenn sich über kurz oder lang etwas ergeben würde“. Was genau? Trainer? – „Nein, nein, das war nie mein Ziel, ich denke schon eher an eine Tätigkeit im Finanzbereich.“ Auch keine schlechte Idee, das frühere Leben und das jetzige quasi zu vermengen.

Wie war das denn nun damals, im September 2002, gegen die Bayern? – „Ich war auf alle Fälle noch keine 18, weil ich noch mit dem Roller ins Training gefahren bin“, sagt Bambara und lacht. „Sie hatten viele namhafte Spieler dabei, Giovane Elber weiß ich noch, auch Ottmar Hitzfeld.“ Der damalige Coach des Rekordmeisters, der seinen Stürmerstar Elber in der Halbzeitpause wegen einer Fußprellung jedoch hatte auswechseln müssen.

Nicht Olli Kahn, nur Bernd Dreher

Auch der Treffer ist noch präsent: „Ich bin 30 Meter vor dem Tor auf halblinker Position an den Ball gekommen und kam immer näher zum Tor. Und dann mit dem rechten Außenrist durch die Beine, das war nicht gewollt, aber hat natürlich gut ausgesehen. Im Tor stand leider nicht Olli Kahn, sondern Bernd Dreher“, lacht Moise Bambara, der auch beim SSV Jahn Regensburg viel gelernt hatte.

„Im Tor stand leider nicht Olli Kahn, sondern Bernd Dreher.“Moise Bambara

War dieses Tor vielleicht die Initialzündung für die spätere Karriere? Eine größere Aufmerksamkeit geht ja fast nicht für einen Jugendspieler. Dass in der Folge die Angebote ins Haus flatterten, lag nicht unbedingt nur an diesem einen Tor, sagt Bambara, sondern an der Beständigkeit in den Leistungen. Er ging dann aber nicht zu den Amateuren eines Profiklubs, sondern nach einem Jahr Landesliga im ASV-Leiberl zum Nachbarn FC Bad Kötzting in die Bayernliga. „Ich war damals ja noch in Ausbildung, die wollte ich unbedingt fertig machen“, sagt der gelernte Industriekaufmann, der sich nie nur auf den Fußball konzentrierte, sondern „nebenbei“ auch sein Studium absolvierte.

Die Bühne Bayernliga nutzte Bambara, den Bad Kötztings damaliger Trainer Hans Kuchler zum Defensivspezialisten umfunktioniert hatte, um Werbung in eigener Sache zu machen. Nach zwei Jahren am Roten Steg zog es den einstigen Mitterdorfer „Schüler“-Kicker zu Jahn Regensburg, wo er in den drei Jahren ebenso zur Stammkraft avancierte wie beim FC Ingolstadt 04. Auch bei den „Schanzern“ blieb Bambara drei Jahre, das letzte Profijahr verbrachte er beim FSV Frankfurt, wie zuvor schon in Ingolstadt unter den Fittichen von Trainer Benno Möhlmann, der derzeit ja die dauer-kriselnden Münchner „Löwen“ retten soll.

Bei der Frage nach seiner Lieblingsstation gibt sich Bambara diplomatisch: „Regensburg war speziell, weil ich dort das erste Mal mit dem Profifußball in Berührung gekommen bin, dazu familiär und nicht weit weg von zu Hause. In Ingolstadt die Entwicklung nach oben mitzumachen, mit dem Aufstieg in die zweite Liga und dem neuen Stadion, da war die Bindung vielleicht am stärksten. Und von der Platzierung her war es Frankfurt, wo wir Vierter geworden sind.“ Und wo es in jener Saison 2012/13 zu 27 Einsätzen gereicht hat, die meisten in der ersten Elf.

„Regensburg war speziell, weil ich dort das erste Mal mit dem Profifußball in Berührung gekommen bin.“Moise Bambara

Abstiegsangst schweißt zusammen

Den Einschnitt von der Zweitliga-Stammkraft zum Banker hat Moise Bambara indes als nicht sonderlich hart erlebt, wie er sagt: „Ich bin unglaublich neugierig auf neue Herausforderungen, und es gibt ja auch als Profifußballer schwierige Phasen.“ Die Bambara freilich nicht mit voller Wucht trafen. „Im Vergleich zu denen, die eine schwere Verletzung haben oder keinen Verein finden, hatte ich die zwar nicht, aber wenn du gegen den Abstieg spielst, ist das emotional auch nicht so einfach. Aber das bringt dich weiter, auch in anderen Lebensbereichen. In Ingolstadt hatten wir zum Beispiel mal zwölf Punkte nach 16 oder 17 Spielen, da rückt man schon enger zusammen, das war damals eine ganz neue Erfahrung.“ Nachdem es zuvor jahrelang nur aufwärts gegangen war und die letzten Jahre bekanntlich ja auch wieder.

Der Glaube an sich selbst

Auch Bambaras Rückblick auf seine Karriere lässt nur ein Fazit zu: „Ich bin natürlich super zufrieden, dass das alles so geklappt hat. Du erlebst viel, lernst viele Menschen kennen und kannst deinen Traum leben.“ Der Schlüssel dazu? – „Das Talent gepaart mit Ehrgeiz, Nachhaltigkeit und dem Glauben an sich selbst. Auf diesem Niveau entscheiden viele Kleinigkeiten. So groß sind die Unterschiede nicht, außer du gehörst zu den besten in der ersten Liga, das ist schon nochmal was anderes.“ Was bleibt, sind „die Erlebnisse, die man aufsaugt und die einem keiner mehr nehmen kann“. Das erste Spiel nach dem Zweitliga-Aufstieg mit den „Schanzern“ im neuen Stadion, ein (gewonnenes) Pokalspiel gegen den Karlsruher SC. Oder natürlich die Länderspiele mit Burkina Faso in der Qualifikation zum Afrika-Cup gegen Mali und Guinea.

Auch wenn der Bezug zum Heimatland nicht mehr so groß ist, fraglos eine Ehre. „Eine kleine Fußballnation hat man vielleicht nicht so auf dem Schirm, aber jedes Land hat seine 14, 15 Top-Spieler, einige spielen etwa in der ersten Liga Frankreichs. Ich habe gewusst, dass ich die Qualität habe, da mitzuspielen.“ Und am Flughafen erkannt zu werden, schmeichelt einem schon auch, räumt Moise Bambara lächelnd ein.

„Ich habe gewusst, dass ich die Qualität habe, da mitzuspielen.“Moise Bambara

Und so hatte jede Station ihren Wert, auch die Anfänge in Mitterdorf und Cham. „Ich bin vielleicht ein Beispiel dafür, was man erreichen kann, wenn man an sich glaubt und hart arbeitet. Und dass man nicht schon mit 17 Jahren bei Bayern München gespielt haben muss.“

Also keine Ambitionen mehr, bei einem Münchner Landesligisten etwa? – Moise Bambara lacht: „Nein, höchstens noch Benefizspiele mit dem FC Sternstunden oder Team Bananenflanke. Man lernt den Freiraum am Wochenende zu schätzen …“

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