Natur
Der Biber bringt mehr Nutzen als Schaden

Am Pemflinger Holderbach demonstriert der Bund Naturschutz, wie wertvoll das vielgeschmähte Tier für unsere Landschaft ist.

11.08.2017 | Stand 16.09.2023, 6:19 Uhr
Werner Weiß

Im Landkreis Cham leben circa 700 bis 800 Biber die sich auf 220 Reviere verteilen. Foto: dpa

Der Bund Naturschutz (BN) hatte unter Federführung des Bibermanagers für Nordbayern Horst Schwemmer zu einem Pressetermin an den Holderbach bei Großbergerdorf eingeladen. Das vom BN-Kreisverband Cham im Jahre 2006 entwickelte Biberkonzept, wie Konflikte an kleinen Bächen (Gewässer 3. Ordnung) langfristig entschärft bzw. zumindest eingegrenzt werden können, sollte für die Öffentlichkeit aufgezeigt werden.

Neben Robert Kurzmann, BN-Kreisvorsitzender, Helmut Kleisinger, Christian Vogel und Karola Jackisch (Vorstandsmitglieder), Peter Zach (Projekt Regentalaue), Wolfgang Daiminger (Biberbeauftragter des Landkreises Cham), Martin Kernbichl (stellv. Leiter der Unteren Naturschutzbehörde Cham) und Horst Schwemmer (Bibermanager für Nordbayern) war auch der Landtagsabgeordnete Dr. Gerhard Hopp vertreten.

800 Biber im Landkreis Cham

Ursprünglich, so Bibermanager Horst Schwemmer, war der Biber 100 Jahre ausgerottet, bevor er im Jahre 1966 wieder eingeführt wurde. Es gibt ihn überall in Bayern, mit Ausnahme im Landkreis Lindau/Bodensee und in einigen Ecken im Landkreis Hof.

Diese erworbene Fläche war regelmäßig durch die dort angesiedelte Biberfamilie überflutet. In enger Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde und der staatlichen Berufsschule Cham wurde daher ein Pilotprojekt zwischen Großbergerdorf und Haid b. Pitzling gestartet, mit dem Ziel, Biberkonflikte an kleinen Bächen langfristig zu entschärfen.

Durch den Flächenankauf von bisher fünf Anliegern und die durchgeführten Gestaltungsmaßnahmen konnte hier nicht nur der Biberkonflikt entschärft, sondern auch die naturschutzfachliche Qualität dieses Naturraumes nachhaltig gesteigert werden. Der Biber unterstützt die Renaturierung.

Horst Schwemmer, Bibermanager für Nordbayern: „Biberfeuchtgebiete können in Bächen die Hochwasserspitze kappen und die Flutwelle hinauszögern. Beides ist entscheidend, um Hochwasserspitzen abzumildern und größere Überflutungsschäden zu verhindern.“

Der Nutzen des Bibers in Euro

Des Weiteren bieten die durch den Biber entstandenen Biotopräume heute einer Vielzahl bedrohter Arten einen neuen Lebensraum (u. a. Waldwasserläufer, Eisvogel, Silberreiher, Schwarzstorch, Schwarzspecht).

Für das Schaffen einer Biotopfläche von Menschenhand entstehen Kosten in Höhe von circa 30 000 Euro pro Hektar. Die Entschädigungszahlungen für Biberschäden belaufen sich derzeit auf bis zu 600 000 Euro jährlich. Die Biotop-Gestaltung durch den Biber hingegen ist weit wertvoller. Stellt man hier den Nutzeffekt gegenüber, so profitiert die Gesellschaft bis zu 13 Millionen Euro. Der Landkreis Cham ist ein konfliktträchtiger Landkreis in Sachen Biber. Es ist daher immer wieder ein Zugriff (Abschuss) nötig. Im Rahmen der Projektfortschreibung ist die BN-Kreisgruppe Cham bemüht, den Holderbach durch weiteren Flächenzukauf ökologisch weiter aufzuwerten und gleichzeitig weitere, aktuelle Konfliktpunkte zu entschärfen.

Die bisher intensiv genutzten Uferrandstreifen und Wiesenflächen sollen durch eine extensive Bewirtschaftung ohne Düngung ausgemagert werden, wodurch Schmetterlinge und Heuschrecken profitieren, zumal dieses Projekt Vorbildcharakter hat, was durch den Biberbeauftragten des Landkreises Cham, Wolfgang Daiminger, bestätigt wurde.

Das Tier schafft neuen Lebensraum

Die Flächenankäufe wurden aus Spendengeldern und Mitteln des Bayerischen Naturschutzfonds sowie aus Ersatzgeldern des Landkreises Cham gefördert. Das Projekt Holderbach nutzt die BN- Kreisgruppe für ihre Umweltbildungsarbeit – zu Exkursionen, Seminar-/Facharbeiten der örtlichen Gymnasien. Auch die Schüler der Landwirtschaftsschule hatten hier schon ihre Praxis-/Projekttage.

Bibermanager Horst Schwemmer bringt die Leistungen des Bibers auf diesen Nenner: „Biber sind unsere wichtigsten Verbündeten, um den fortschreitenden Verlust bedrohter Tier- und Pflanzenarten zu verhindern. Keine zweite Tierart schafft an Gewässern und in Auen anderen Pflanzen und Tierarten so viel Lebensraum. Vom Biber angelegte Feuchtgebiete sind wesentlich artenreicher und kostengünstiger als jedes vom Menschen angelegte Biotop. In Zeiten der Klimaveränderung ist der Wasserrückhalt durch den Biber ebenfalls unverzichtbar.“

Der Landtagsabgeordnete Dr. Gerhard Hopp sagte: „Ich erkenne, dass das Thema Biber keine konfliktarme Materie darstellt. Die Landwirtschaft muss erhalten bleiben, jedoch muss ein Ausgleich zwischen Natur und Landwirtschaft gefunden werden.“ Die bayerische Staatsregierung setze hierbei auf Freiwilligkeit, sagte der Abgeordnete: „Aber Natur braucht auch ihre Rückzugsräume.“ (cpf)