MZ-Serie
Mädchenzimmer werden zum „Porno-Tatort“

Ein Mann masturbiert via Videochat vor Kindern – und die versenden das Filmchen per WhatsApp. Wo Eltern hinschauen müssen.

20.07.2016 | Stand 16.09.2023, 6:47 Uhr
Birgit Zwicknagel
Wenn Kinder unbeaufsichtigt im Internet umhersurfen, drohen Ihnen Gefahren. Darum müssen Eltern hinschauen. −Foto: dpa

Tatort: Ein Mädchenzimmer. An den Wänden hängen „Hello-Kitty-Poster“, im Bett liegen gefühlte 1000 Stofftiere. Zwei Mädchen, neun und zehn Jahre jung, sitzen allein vorm Schreibtisch am Laptop und chatten per Webcam in einem unter Jugendlichen bekannten Chatportal. Ihr Chatpartner ist ein erwachsener Mann (dessen Gesicht nicht zu erkennen ist), der die Kinder ganz unverblümt fragt, ob er sich selbst befriedigen soll (ich benutze hier einfach mal eine „nette“ Wortwahl, denn der Umgangston ist doch um Längen perverser).

Die Mädchen animieren den jungen Mann dazu mit Sätzen wie „ja, wollen wir sehen, mach“. Nebenbei wird unauffällig mit dem Smartphone gefilmt. Der Mann lässt sich nicht lang bitten und kommt der Aufforderung nur zu gern nach. Was dann folgt, ist ein Live-Porno – und die zwei Kinder sind zwischen Schock, Neugier und Faszination hin- und hergerissen. Und damit die ganze Sache dann auch noch richtig Kreise zieht, stellt eines der Mädchen dieses gemachte Video in den Klassenchat auf WhatsApp ein!

Das Ende der Geschichte: gemobbte Mädchen, schockierte Mitschüler, ganz viel Ärger an der Schule. Viele Eltern sind währenddessen noch völlig ahnungslos, weil sie nicht einen einzigen Blick in das WhatsApp ihrer Kinder werfen. Eltern, die jetzt erst durch die Schule informiert werden müssen …. Die Hoffnung, dass das Video am Ende überall gelöscht wird, musste ich leider zerstören. Wahrscheinlicher ist, dass der Mitschnitt irgendwann sogar wieder unter einigen Schülern geteilt wird.

Mein Rat: Lassen Sie Kinder in dem Alter nicht allein im Kinderzimmer mit diesen Geräten – das Wohnzimmer, beziehungsweise ein Platz in Ihrer Nähe, ist der richtige Ort. Ein Platz, wo sie jederzeit sehen können, was Ihr Kind gerade macht – und mit wem es schreibt. Wenn Sie nicht daheim sind, sollten Kinder in dem Alter gar keinen freien Zugang zum Netz haben. Überlegen Sie auch, ob ein Kind in dem Alter wirklich ein internetfähiges Smartphone haben muss… Und gucken Sie öfter mal hin statt weg!

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