Geschichte
Brutaler Raubmord zwischen Hopfenstangen

Reinhard Haiplik trägt „geheimnisvolle Plätze“ der Hallertau in einem Buch zusammen. Im Kreis Kelheim ist Verbrechen Thema.

31.01.2015 | Stand 16.09.2023, 7:04 Uhr
Autor Reinhard Haiplik hat „geheimnisvollen Plätzen der Hallertau“ ein Buch gewidmet. −Foto: Fotos: Willy Hailer (3)/Weigert (1)/Archiv (1)

Böse Gräfinnen, weiße Frauen, heilende Quellen und mordende Knechte. Solche Geschichten hat man sich schon immer gerne erzählt. Der Hallertauer Reinhard Haiplik hat nun „geheimnisvolle Orte“ des Landstrichs zwischen Amper, Donau, Ilm und Laber in einem Buch zusammengetragen. Dabei ist er auch im Landkreis Kelheim fündig geworden.

27-Jähriger richtet sechsfache Mutter hin und zündet Hof an

In Straß bei Volkenschwand kam es nicht nur in der jüngeren Geschichte zu einem der grausamsten Verbrechen Ostbayerns. Im November 2008 waren dort ein querschnittgelähmter Finanz- und Versicherungsmakler und seine Ehefrau förmlich hingerichtet worden. 87 Jahre zuvor hatte sich im benachbarten Einödhof Straßhäusl eine brutaler Raubmord ereignet: „Es ist der 10. März im Jahre 1921. Das Ehepaar Sebastian und Anna Grünwiedl ist müde. Der Tag war hart. Sebastian und Anna sind schwere Arbeit gewohnt. Sie waren Knecht und Magd. Pfennig um Pfennig haben sie gespart. Mit Taglöhnerarbeiten versuchten sie, über die Runden zu kommen. Anna Grünwiedl fertigte Zierschmuck für die Kleider reicher Bäuerinnen. Schließlich konnten sich die Eheleute ,ein kleines Sach’ kaufen – die Einöde Straßhäusel. Das war ihr ganzer Stolz. Sie waren schuldenfrei. Sie heirateten. Sechs Kinder wurden geboren. An jenem Märzabend will der Regen nicht aufhören. Sebastian und Anna sitzen in der Stube. Der Bauer schlägt die Zeitung auf. Draußen bellen die Hunde – viel lauter, viel drohender als sonst. Sebastian tritt ans Fenster. Ein Schuss kracht. Er trifft den Bauern im Gesicht. Ein zweiter Schuss. Anna fällt zu Boden. Sebastian schleppt sich zur Treppe, um den elfjährigen Max und den neunjährigen Jakob zu wecken. Sie sollten in Straß Hilfe holen. Inzwischen ist der Mörder ins Haus eingedrungen. Er treibt Sebastian und die beiden Kinder in die Stube. Anna lebt noch. „Is de ebba no ned hi? Des wer ma glei hom!“, soll der Mörder gerufen haben, bevor er ihr die Pistole an die Stirn setzt und abdrückt. Dann sagt er zum Bauern: „Schau, glei werd’s hell“, und schießt ihm in den Oberschenkel. Ehe der Mörder mit den erbeuteten 1000 Reichsmark flieht, zündet er Stadel und Scheune an. Die Flammen erreichen das Haus. Die Kinder ziehen die tote Mutter und den schwer verletzten Vater aus dem Feuer. Sebastian Grünwiedl stirbt neun Tage später im Krankenhaus von Mainburg.“

Zunächst wurden zwei „Schaukelburschen“ verdächtigt. Nachdem sich dies als haltlos herausgestellt hatte, wurden vier Männer aus der Region ins Visier genommen. Sie ließen laut Haiplik eine Annonce in den „Hallertauer Berichterstatter“ setzen. „Darin drohten sie jedem, der sie mit der Bluttat in Verbindung brachte, Vergeltung an“, schreibt der 61-Jährige. „In einer öffentlichen Danksagung wandten sie sich an all die niederträchtigen Personen, die ihre Ehre als Raubmörder und Brandstifter in so liebenswürdiger Weise zu beschmutzen suchten“.

Als die Hoffnung schwand den oder die Täter zu fassen, kam der Polizei der Zufall zu Hilfe. Ein wegen Zechprellerei im Gefängnis von Laufen sitzender Taglöhner aus Mainburg, ein gewisser Ludwig Lindermeier, brachte die Ermittler auf die entscheidende Spur. Sein Zellennachbar redete ständig vom Mord in Straßhäusl – sogar im Schlaf. Es war der verwitwete 27-jährige Hausierer Florian Huber aus Bad Tölz. Er saß ein, wegen Betrugs und Diebstahls. Ständig war Huber in Geldnot, schreibt Haiplik. Schulden über Schulden hatte er angehäuft. So habe er Geld beschaffen müssen, „egal wia“, ist im Kapitel über Volkenschwand zu lesen. Schließlich gestand er die grausige Tat. Im Januar 1922 wurde Huber von einem Volksgericht in Landshut zum Tode verurteilt. Vor dem Gerichtsgebäude sollen unzählige Wutentbrannte gewartet haben. Sie hielten Mistgabeln in die Höhe und skandierten: „Aufhängen, aufhängen!“ Ein Gnadengesuch wurde abgelehnt. Im Februar vollstreckte ein Erschießungskommando der Bayerischen Landpolizei das Urteil im Hof des Landshuter Gefängnisses. Noch heute glaubten laut Autor Haiplik „viele, dass Florian Huber nicht der alleinige Täter war“.

Eine Kapelle sollte einen schlimmen Frevel gutmachen

Um den Mainburger Salvatorberg rankt sich eine überlieferte „Schauergeschichte“: Bereits um das Jahr 1300 soll dort eine Kapelle gestanden haben. Errichtet um einen schlimmen Frevel wieder gut zu machen. Die Geschichte geht laut Reinhard Haiplik folgendermaßen: „Ein Priester wollte einem Kranken, der jenseits des Berges wohnte, das Allerheiligste bringen. Ein Fuhrknecht kam mit seinem Gespann entgegen. Drei Pferde zogen seinen schwer beladenen Wagen. Er sah den Gottesmann, sah das Allerheiligste und hob wild zu fluchen an. Er lästerte über dumme Pfaffen, über Gott und das Sakrament. Ja, er schlug mit der Peitsche nach der Monstranz. Die Hostie fiel heraus, begann in der Luft zu schweben. Niemand vermochte sie zu fassen. Der schlimme Frevler aber versank mit Wagen und Pferden im tiefen Erdenschlund.“ An der Stelle an der der Fuhrknecht im Boden versunken sein soll, ist heute in der Kirche St. Salvator eine Marmorplatte eingelassen. Sie ziert das Christus-Monogramm IHS. Früher bedeckte laut Haiplik ein Gitter die Öffnung, die sich laut Volksmund nie füllen habe lassen. Der Hostienfrevel soll sich zu Beginn des 14. Jahrhunderts zugetragen haben. „In jener Zeit lag der katholischen Kirche sehr an der innigen Verehrung der Eucharistie. Der Bußprediger Berthold von Regensburg wurde nicht müde, die Gläubigen zur Andacht zu mahnen: So der Priester den Herrgott trägt zu einem Kranken, wundersam schnell auf die Knie!“