Technik
Roboter Schrödi soll Leben retten

50 Forscher der TH Nürnberg arbeiten seit Jahren an einem technischen Partner für Rettungskräfte. Jetzt war er im Einsatz.

24.08.2016 | Stand 16.09.2023, 6:40 Uhr

Prof. Dr. Stefan May (li.) und der Leiter der Nürnberger Feuerwache 3, Horst Gillmeier, sind sehr zufrieden mit Rettungsroboter Schrödi nach der gelungenen Übung. Foto: Tjiang

„Es gibt noch Kinderkrankheiten“, konstatiert Dr. Stefan May, Professor an der Technischen Hochschule Nürnberg (TH) nach der Übung mit dem Rettungsroboter Schrödi in der Feuerwache 3. Das ferngesteuerte Gefährt sollte im dichten Rauch einen Verletzten aufspüren und die Rettungskräfte der Feuerwehr hinlotsen. Außerdem führte eine zweite Übung Schrödi über Steinstufen in den ersten Stock.

Eine Hürde: Auf dem Asphalt kann Schrödi schlecht drehen.

Doch genau diese Fehler möchte May mit seiner Arbeitsgruppe entdecken und ausmerzen. Sein Ziel ist es, einen Roboter zu schaffen, „der die Dinge wie wir selbst tut, also Kontrollieren, Klettern oder Türen öffnen“. Seit fünf Jahren haben 50 Studenten, Absolventen und Doktoranden Arbeiten und Untersuchungen zur „Autonomie von Rettungsrobotern“ vorgelegt. „In diesem Ausbildungsprojekt stecken bereits zig Mannjahre an Forschungsarbeit“.

Orientierung auch im Rauch

Den Fokus legt May auf die Software mit ihren Algorithmen, also die Verarbeitung der Daten, die über die 20 unterschiedlichen Sensoren gewonnen werden. So kartiert der Rettungsroboter auch im dichten Rauch per Infrarotkamera die Umgebung. „Das ist wichtig für die Rettungskräfte“, sagt Horst Gillmeier, Wachleiter der Feuerwache 3. „Im Ernstfall gehen zwei Leute in einen Wohnblock oder eine Lagerhalle und sehen nicht die Hand vor Augen.“ Ein Feuerwehrmann berichtet, dass er bei Löscharbeiten mal in einen Swimmingpool gefallen sei.

Gillmeier hatte die Forschungsarbeiten der TH in einer Fachzeitschrift entdeckt und sich gedacht: „Das wünschen wir uns“. Roboter sind zwar schon einige am Markt, im Wesentlichen aber als Löschroboter, die auch Temperaturen von 400 oder 500 Grad überstehen. Diese Hitze entsteht selbst bei einem Zimmerbrand. Gillmeier interessiert sich mehr für die Sensorik, die Umgebung erkennen und Verletze aufspüren kann. Allerdings weiß er auch: „Bis zum einsatzfähigen Schrödi wird es noch Jahre dauern“.

Sponsoren aus der Wirtschaft

May möchte sich möglichst alle halbe Jahre mit der Feuerwehr treffen, um Fortschritte in Übungen zu überprüfen oder Schwächen aufzudecken. Außerdem hält er Ausschau nach Partnern aus der Wirtschaft, die für konkrete Anwendungen den Rettungsroboter zur Marktreife entwickeln. Immerhin gebe es bereits Interessenten aus der Region.

Den Rettungsroboter Schrödi steuert Mays wissenschaftlicher Mitarbeiter Christian Pfitzner gekonnt durch den Rauch. Er lenkt ihn anhand der übertragenen Daten auf den geteilten Bildschirm eines Laptops, der sowohl ein Infrarot- als auch ein Wärmebild liefert.

Zwei Jahre lang hat er sich im Rahmen seines Masterstudiums mit dem Rettungsroboter beschäftigt, jetzt ist er seit zwei Jahren wissenschaftlicher Mitarbeiter. „Es gibt immer etwas zu entdecken.“ Die Probleme gehen nicht aus.

Zum Team „Autonomie von Rettungsrobotern“ gehört auch die TH-Master-Studentin Johanna Gleichauf. Sie gehört zu den wenigen Frauen, die von der technischen Forschungsarbeit fasziniert ist. „Mich interessiert die Arbeit mit den Sensoren“, die sie nach ihrem Medizintechnik-Bachelor später einmal in der Medizintechnik-Forschung anwenden will. Aber auch als eine von drei Frauen in der Rettungsroboter-Mannschaft fühlt sie sich ganz normal – keineswegs als Ausnahmeerscheinung in der männerdominierten Technikwelt. „Es ist anstrengend“, gibt sie zwar zu, das liege aber am hohen Anspruch – nicht am Geschlecht.

Das Team von Dr. Stefan May kann sich durchaus sehen lassen:Regelmäßig nehmen sie an den RoboCup German Open teil, um sich mit anderen Entwicklern von Forschungsrobotern in einem Parcours zu messen. Im vergangenen Jahr konnte sein Team „AutonOHM“ den Deutschen Meistertitel einfahren. Schrödi ist bei der Weltmeisterschaft sogar auf Platz 5 gelandet. Die Roboterszene hält viel von ihrer Disziplin. „Die Community will im Jahr 2050 mit einer Robotermannschaft die Fußball-WM gewinnen.“

May will lieber dicht an der Praxis bleiben und die Rettungsroboter weiterentwickeln. In einem neuen Projekt von Technischer Hochschule, Feuerwehr und Wirtschaft soll ein neues Antriebskonzept ausprobiert werden. Statt Räder oder Kettenantrieb denkt er an den sogenannten „OHM-Krabbler“, der sich nach dem Vorbild einer Spinne auf Beinen bewegt. Das könnte für Treppenstufen oder große Unebenheiten am Boden eine bessere Lösung sein.

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