Planung
Bernhardswald streitet um Netto-Markt

Hohe Hürden für das Nahversorgungszentrum Finsinger Straße: Anwohner und Eigentümer des bisherigen Areals legen Protest ein.

17.02.2016 | Stand 16.09.2023, 6:58 Uhr
Ralf Strasser
Versorgung im Ortszentrum: Ist der Netto-Markt in Bernhardswald zu klein? Eine Auswirkungsanalyse kommt zu dem Schluss, dass auch nach einer baurechtlich möglichen Erweiterung des bestehenden Netto-Markts eine Unterversorgung in der Angebotsvielfalt herrscht. −Foto: Archiv/Strasser

Es sind hohe Hürden, die das geplante Nahversorgungszentrum an der Finsinger Straße mit zwei Lebensmittelmärkten nehmen muss. Bei der erneuten Abwägung im Zuge der Bauleitplanung positionieren sich Anwohner und die Eigentümer des Areals, das bislang den Netto-Supermarkt beherbergt, dagegen. Im ersten strittigen Sachverhalt geht es um die Umverlegung des Wertstoffhofes, der dem geplanten Areal weichen soll.

Für Wolfgang und Marianne Brunner, die in unmittelbarer Nachbarschaft wohnen, ein Unding. Der Grund: „Nicht hinzunehmende Geruchs- und Lärmbelästigung und Gefährdung durch den zu erwartenden Verkehr. Zudem plane die Gemeinde ein allgemeines Wohngebiet dort, wo der neue Wertstoff angesiedelt werden soll. Auch sei durch das Nahversorgungszentrum mit konkreten Beeinträchtigungen zu rechnen. Beides sei nicht nachvollziehbar, so die Gemeindeverwaltung in ihrer Abwägung. Zum einen befindet sich der geplante Wertstoffhof außerhalb eines Wohngebietes, zum anderen wird auf schalltechnische Untersuchungen verwiesen, die ein Unterschreiten der Immissionsrichtwerte nachweisen.

Einer von Manfred Stuber (Freie Wähler) monierten mangelhaften Beteiligung des Anwohners widersprach Bürgermeister Werner Fischer. „Wir haben sehr wohl mehrmals mit ihm gesprochen und seine Bedenken aufgenommen.“

Anwalt zweifelt Analyse an

Die Fraktion der Unabhängigen Bürger steht auf der Seite der Familie. „Wir haben den Platz schon immer als nicht richtig eingeschätzt, deshalb werden wir auch gegen die Umsiedlung stimmen“, so Dr. Ulrike Lehner. Der Gemeinderat hält jedoch in der Mehrheit an der diesbezüglichen Flächennutzungsplanänderung fest.

Mit ausführlichen Argumenten versucht Rechtsanwalt Andreas Mühlbauer für die Eigentümergemeinschaft der Flächen an der Regensburger Straße („Netto-Markt“) das neue Nahversorgungszentrum zu verhindern. So zweifelt er die bei der BBE-Handelsberatung von der Gemeinde in Auftrag gegebene Auswirkungsanalyse zur Ansiedlung von Lebensmittelmärkten an. Die BBE kommt darin zu dem Schluss, dass auch nach einer baurechtlich möglichen Erweiterung des bestehenden Netto-Markts eine Unterversorgung in der Angebotsvielfalt herrscht. „Da benachbarte Angebotsstandorte (Wenzenbach und Nittenau) diese Vielfalt bieten, gerät der Standort Bernhardswald unter Wettbewerbsdruck“, so die Handelsberatung, es bestehe die Gefahr einer Umorientierung der Kunden, wenn die Attraktivität der Angebote vor Ort zu gering ist.

Laut dem Gutachten fließen aktuell 58 Prozent des Kaufkraftpotenzials der Bernhardswalder Bürger den umliegenden Angebotsstandorten zu. Mühlbauer hält bei nur schwach steigenden Bevölkerungszahlen die sogenannte „Absiedelung“ des Lebensmittelmarktes aus der Ortsmitte für bedenklich und sieht darin eine Verschlechterung der fußläufigen Versorgung der Bevölkerung, zudem befürchtet er ein „Ausbluten“ der innerörtlichen Versorgung, wenn der Netto-Markt als „Magnet“ nicht mehr zur Verfügung steht.

Mehrere Schließungen befürchtet

Der vorhandene zentrale Versorgungsbereich von Bernhardswald-Mitte erfülle die ihm zugewiesene Versorgungsfunktion in überdurchschnittlich hohem Maße, so Mühlbauer, auch würde sich die vorhandene Kaufkraft durch weitere Verkaufsflächen nicht steigern lassen, sondern verteile sich lediglich. Das Zentrum funktioniere, es stünden ausreichend Parkplätze zur Verfügung, eine Erweiterung des Netto-Marktes ist baulich möglich, darüber hinaus habe Netto den Mietvertrag bis 2020 verlängert. Doch der Wille des Discounters für einen Standortwechsel bleibt und wird so in einem Schreiben der Netto-Gebietsleitung an die Gemeindeverwaltung auch bestätigt. Prognostizierte Schließungen von Geschäften im Umfeld des Bestandsmarktes schließe man aus, bei den guten Standortbedingungen sollte eine Nachbelegung kein Problem darstellen. Dies sei eine gewagte Einschätzung, befand Gemeinderätin Dr. Ulrike Lehner von den Unabhängigen Wählern. „Das Risiko sollte man ernst nehmen. Wir finden sehr wohl, dass ein Wegzug des Netto-Markts Gefahren für die kleineren Betriebe birgt.“