Kirche
Befreiungsschlag durch Hausverkauf

Die Stiftung Herz Jesu trennt sich vom Stahlzwingerweg und verlegt den Pfarrsitz an den Judenstein. Der Rest dient als Basis für weitere Maßnahmen.

03.05.2014 | Stand 16.09.2023, 7:15 Uhr

Pfarrer Martin Müller in seinem Büro am Stahlzwingerweg. Die vermutlich 1904 errichtete Villa besticht durch 3,50 Meter hohe Räume und traumhafte Fenster. Davon nimmt der Geistliche Ende 2015 Abschied. Foto: Rieke

Die Nutzfläche (rund 700 Quadratmeter) würde vermutlich selbst einem Tebartz-van-Elst etwas zu großzügig erscheinen. Die Villa am Stahlzwingerweg 11, in der Martin Müller seit elf Jahren als Pfarrer von Herz Jesu residiert, genügt architektonisch und räumlich höchsten Ansprüchen. Doch abgesehen davon, dass der Unterhalt auf Dauer Unsummen verschlingt, hält es Seelsorger Müller auch aus sozialen Gründen für unangebracht, länger an diesem herrschaftlichen Anwesen festzuhalten.

Schon kurz nachdem er eingezogen war, erkannte er, „dass uns dieses Haus schnell überfordern könnte“. Deshalb hat die Kirchenverwaltung 2008 damit begonnen, Ausschau nach einer Alternative zu halten. Lange vergeblich. Erst kurz vor dem Jahreswechsel ist sie fündig geworden.

Müller hatte eher zufällig davon erfahren, dass sich eine Privatperson aus Altersgründen von dem Anwesen Am Judenstein 6 trennen wollte. „Ich habe den Herrn direkt vor seiner Tür getroffen und darauf angesprochen.“ Der Handel kam zustande. Und laut Pfarrbrief ist es wenige Monate später ebenfalls gelungen, für die laut dem „großen Bauer“ 1904 errichtete Villa einen Käufer zu finden. Das Objekt ging nicht, so versichert Müller, an einen Immobilienhai, sondern an einen finanzkräftigen Regensburger, der das Haus selbst als Wohnhaus nutzen möchte. Er liebe den Baustil und wolle auch im Inneren den ursprünglichen Zustand wieder herstellen.

Das neue Objekt, in das der Pfarrer einziehen soll, liegt nur einen Katzensprung von der bisherigen Adresse entfernt. Allerdings muss das denkmalgeschützte Gebäude, das im hinteren Teil sogar gotische Bausubstanz aufweist, von Grund auf saniert werden. Derzeit erstellt das Architekturbüro Blasch die Genehmigungsplanung. Geht alles glatt, soll der Pfarrsitz bis Ende 2015 verlegt sein.

Chronische Finanznot

Mit den Immobiliengeschäften hofft die Kirchenstiftung, ein großes Problem nachhaltig gelöst zu haben. Schrumpfende Einnahmen (das Ordinariat reduzierte kontinuierlich die Zuweisungen) bereiten Pfarrer Müller schon länger Kummer. Nur dank eines rigorosen Sparkurses (zum Beispiel an der Mesnerstelle und beim Heizen) konnte vor zwei Jahren die Zahlungsunfähigkeit verhindert werden. Für die dringend erforderliche Sanierung des aktuellen Pfarrhauses fehlte es der Stiftung aber auch heute noch am Geld. Vor allem die Fassade und das Dach weisen laut Müller gravierende Schäden auf. Selbst wenn ein Teil des Objekts in Mietwohnungen umgebaut würde, wäre die Stiftung gezwungen, sich massiv zu verschulden. Der Kredit würde die Einnahmen über Jahrzehnte binden. Kurzum: Auch die Berater legten den Verantwortlichen nahe, sich von der Villa zu trennen.

Der Verkauf ist für die Stiftung in vielerlei Hinsicht ein Segen: Sie hat ein Objekt los, das zu hohe Kosten verursacht; mit der Veräußerung des Grundstücks gelingt es, das Grundstockvermögen, das nicht angetastet werden darf, zu erhöhen; und das Gebäude bringt einen so stattlichen Erlös, dass es für die Modernisierung des Anwesens am Judenstein mehr als reicht. Unterm Strich soll sogar rund eine halbe Million Euro übrigbleiben.

Polster für Kirchensanierung

Was sich wie ein stattliches Polster für die Kasse anhört, ist laut Müller nur eine Reserve, „die mit größter Sorgfalt zu verwalten ist“. Der Pfarrer hat den Blick längst auf die Herz-Jesu-Kirche gerichtet. Ein Vierteljahrhundert nach der letzten Sanierung zeichne sich ab, dass das Gotteshaus erneut instand gesetzt werden muss. „Da kann schnell eine Million Euro erforderlich sein.“

Auch am neuen Sitz wird Müller übrigens nicht unter Enge leiden. Für Arbeit und Wohnen stehen immerhin 230 Quadratmeter sowie ein kleiner Garten zur Verfügung. Und für Atmosphäre dürfte ebenfalls gesorgt sein. Hinter Brettern kamen viel historisches Gemäuer und Gebälk zum Vorschein. Müller hofft nur, dass sich der Architekt bei seiner ersten Schätzung des Sanierungsaufwands (750000 Euro) nicht grob verkalkuliert hat.