Medizin
Das OP-Besteck geht durch ihre Hände

Operationstechnische Assistenten tragen viel Verantwortung. Jennifer Bäcker zeigte uns ihren Arbeitsplatz in Regensburg.

22.08.2016 | Stand 16.09.2023, 6:41 Uhr
Angelika Lukesch
Operationstechnische Assistentin Jennifer Bäcker vor ihrem Arbeitsbereich −Foto: Lukesch

MZ-Autorin Angelika Lukesch hat ein mulmiges Gefühl im Bauch, als sie sich mit der Operationstechnischen Assistentin Jennifer Bäcker im Umkleideraum für Frauen im Operationstrakt des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder trifft. Denn Bäcker will sie mit in den OP nehmen, um dort zu zeigen, was ihren Beruf ausmacht.

Das bedeutet, sich zuerst einmal entsprechend zu kleiden mit den typisch grünen Operations-Gewändern, einer Hose, einem Hemd, einem Gaze-Kopfschutz, der das Haar bedeckt, grünen Gummischuhen. Weder Uhr noch Kette sind erlaubt. Danach werden zum ersten Mal die Hände gründlich desinfiziert. Und schon geht es in den großen Operationstrakt, der mehr als 20 Operationssäle umfasst.

Es herrscht reges Treiben, grün gewandete Ärzte, Schwestern, OTAs sind mitten bei der Arbeit. Vorab erklärt Jennifer Bäcker, welche Aufgabenbereiche eine OTA erfüllen muss. Sie ist Mitglied des Operationsteams und betreut die Patienten vor, während und nach operativen Eingriffen beziehungsweise Untersuchungen. Sie (oder er) bereitet die Eingriffe vor und stellt die medizinischen Geräte, das Instrumentarium und die Medizinprodukte bereit, auch während der Operation, wenn weitere Hilfsmittel benötigt werden. Dann nimmt sie auch Untersuchungsmaterial entgegen. „Springertätigkeit“ nennen sich diese Dienste während der OP. OTAs tragen die Verantwortung für einen reibungslosen Ablauf der Operation. Sie arbeiten mit den operierenden Ärzten in einem Team zusammen.

Die OTA trägt auch eine sehr große Verantwortung bei der Einhaltung der lebenswichtigen Hygienebestimmungen. Was ist nun aber der Unterschied zu dem Berufsbild der OP-Schwester? „Im OP erfüllen wir dieselben Aufgaben, nur ist der Werdegang einer OP- Schwester anders als der Werdegang eines OTA. Eine OP-Schwester erlernt zuerst den Beruf der Krankenschwester und absolviert danach eine zweijährige Zusatzausbildung zur Fachkrankenschwester im Operationsdienst. Der OTA wird von vorneherein für die Arbeit im OP ausgebildet“, erklärt Bäcker.

Patient bekommt Knieprothese

Im Operationssaal erhält ein Patient aus den Händen von Dr. Michael Zellner gerade eine neue Knieprothese – die Autorin muss aus hygienischen Gründen Abstand halten. Die Ärzte, die OP-Schwester Simone Zeller, die OTA Gülsen Uzun und weitere Helfer sind hochkonzentriert bei der Arbeit. Die OP-Schwester respektive die OTA haben die Operation stets im Blick.

Bäcker erklärt die Arbeit ihrer Kolleginnen: „Als OTA und als OP-Schwester weiß man genau, was der Operateur gerade macht und man muss im Voraus wissen, welches Instrument er als nächstes benötigt.“ Wenn die Zusammenarbeit zwischen Operateur und OTA quasi ohne Worte ablaufe, sei ein reibungsloser und zügiger Ablauf garantiert. Das Wissen, das eine Assistentin parat haben muss, ist sehr vielschichtig und komplex. Alle gängigen OPs müssen vom Ablauf her bekannt sein, alle etwaigen Vorkommnisse müssen bedacht, eingeplant und die dafür nötigen „Werkzeuge“ bereitgelegt werden. Die Einhaltung der überaus strengen Hygienevorschriften bei Operationen obliegt ebenfalls der OTA. Darüber hinaus muss sie Bescheid wissen über die unzähligen Werkzeuge, Hilfsmittel, Implantate, die bei den verschiedensten Operationen gebraucht werden. Jennifer Bäcker führt unsere Reporterin zur Erläuterung zum „Schraubenschrank“, zum „Werkzeug-Schrank“, zu den Implantaten.

Im OP sind derweil bei der Knieoperation Hammerschläge zu hören. Der Operateur passt das Implantat ein. Für Zimperliche ist der Aufenthalt in einem OP nicht geeignet.

Beim Rundgang durch den OP- Trakt ist ein klitzekleiner Ausschnitt der Aufgabengebiete einer OTA zu sehen. Während in dem einen OP eine Knieprothese eingefügt wird, wird im nächsten Saal an der Gallenblase operiert. Im übernächsten Saal wird an einem offenen Gehirn ein Aneurysma ausgeschaltet. Während all diesen Menschen mit moderner Technik und medizinischem Wissen geholfen wird, herrscht eine entspannte, friedliche und hoch professionelle Atmosphäre.

Ihre Ausbildung hat Jennifer Bäcker (31) von 2005 bis 2008 in Hannover gemacht. Danach durchlief sie in eineinhalb Jahren alle Fachabteilungen des Hauses und spezialisierte sich dann auf Unfallchirurgie/Orthopädie. „Ich war als stellvertretende Praxisanleitung für die Anleitung der Schüler, das Springen, das Instrumentieren der großen Operationen, die „Knochenbank“ und das Implantate Lager zuständig“, erzählt sie.

Trotz Aufstieg weiterhin im OP-Saal

Seit 2011 arbeitet sie bei denBarmherzigen Brüdern in Regensburg. „Zunächst war ich im Thorax-Gefäßchirurgischen Zentrum tätig, das aus drei OP Sälen besteht.“ Seit April 2016 war sie hauptamtlich für die Praxisanleitung zuständig. Das bedeutet, das sie für das gesamte OP-Spektrum der Thoraxchirurgie, die spezialisiert ist auf den Brustbereich, zuständig war und für die Ausbildung der Schüler gesorgt hat. Seit August arbeitet sie als „Da-Vinci-Koordinator“ – Da Vinci ist ein Operations-Roboter – und koordiniert drei operative Fachbereiche. Außerdem ist sie wiederum als übergeordnete Praxisanleitung tätig. Und sie arbeitet weiterhin in den OP-Sälen mit.

Denn OTA ist für Jennifer Bäcker ein Traumberuf. „Ich mag es, dass er so vielseitig ist und man in verschiedensten Situationen mit den unterschiedlichsten Berufsgruppen zusammenarbeitet. Jeder Tag ist anders. Vor allem auch das perfekte Zusammenspiel im Team, egal ob mit Arzt, Pfleger oder Hilfskraft, ist ein schönes Erlebnis. Großes technisches Know-how ist wichtig. Und das Beste daran: man hilft einem Patienten!“