Sicherheit
Stadt will Prostitution einschränken

Das älteste Gewerbe der Welt soll das Welterbe nicht beeinträchtigen. Die Polizei rät den Stadträten deshalb, die Sperrbezirke zu erweitern.

05.04.2014 | Stand 16.09.2023, 7:16 Uhr
Claudia Böken

Der Straßenstrich spielt in Regensburg keine große Rolle mehr.Foto: dpa

Prostitution soll auch künftig im Stadtgebiet Regensburg verboten sein. Diesen Vorschlag unterbreitet Rechtsreferent Dr. Wolfgang Schörnig am Donnerstag dem Verwaltungsausschuss und beruft sich dabei auf die Polizei. Wenn der Ausschuss zustimmt, wird die engere Sperrzone sogar erweitert, der Straßenstrich weiter zurück gedrängt. Umsetzen kann die Stadt diese Pläne allerdings nicht selbst, sondern muss einen entsprechenden Antrag bei der Regierung der Oberpfalz stellen.

Die geltende Verordnung ist seit 20 Jahren in Kraft und endet am 16.Juli. Dann könnte die Stadt, wenn sie wollte, völlig auf Sperrbezirke verzichten. Wie der Rechtsreferent erläutert, gelte Prostitution in Deutschland per Gesetz seit 2001 nicht mehr als „sozial unwerte Tätigkeit“, sondern als ganz normale Dienstleistung, was auch vom Europäischen Gerichtshof gestützt werde. Einschränkungen bei der Ausübung der Prostitution seien deshalb nur noch möglich, „wenn wichtige Gemeinschaftsgüter“ dies rechtfertigen. Und da glaubt Schörnig durch das Weltkulturerbe eine Handhabe gefunden zu haben. Die gesamte Kernzone mit Altstadt, den Wöhrden und Stadtamhof soll demnach Bordell frei werden.

Laufhäuser statt Straßenstrich

Wenig Hoffnungen kann er Anwohnern, beispielsweise am Hohen Kreuz, machen, die fordern, die Prostitution in Gebäuden mit Mitteln des Baurechts zu unterbinden. Das sei nur möglich, wenn eine Prostituierte in dieser Wohnung lediglich arbeite, aber woanders polizeilich gemeldet sei. Wenn sie das Appartement selbst bewohne, in dem sie ihrem Gewerbe nachgehe, sei baurechtlich nichts dagegen einzuwenden.

Der Rechtsreferent hat sich mit der Polizei beraten, wie die Stadt bei diesem heiklen Thema am besten verfahren sollte und dabei erfahren: Der klassische Straßenstrich spielt in Regensburg so gut wie keine Rolle mehr. Er sei weitegehend von Wohnungsprostitution verdrängt worden. Und auch die sei im Wandel begriffen. „Klassisch etablierte Prostituierte“ würden immer mehr durch junge Frauen – hauptsächlich aus Bulgarien, Rumänien und Ungarn – ersetzt, die zwischen zwei und drei Wochen in Modellwohnungen oder „Laufhäuser“ einziehen und dann wieder weitervermittelt werden. Insgesamt schätzt die Polizei die Zahl der Prostituierten in Regensburg auf 100, die Zahl ihrer „Betreuer“ oder „Wohnungsgeber“ auf 18.

Im Bereich des Straßenstrichs an der Guerickestraße trafen Polizeibeamte bis vor einem Jahr in der Regel nur noch zwei ältere Frauen an. Dann habe ein Mann aus Nürnberg diese „Marktlücke“ entdeckt und setze seitdem allabendliche seine „Freundin“ dort ab, wo sie zu Fuß ihre Dienste anbiete. Weil der Mann mehrfach versucht habe, die Konkurrentinnen zu vertreiben, hätten diese sich wiederholt an die Polizei gewandt. Zwei weitere Prostituierte bieten ihre Dienste regelmäßig im Hafenbereich an.

Polizei für erweiterten Sperrbezirk

Als Schwerpunkte der Wohnungsprostitution listet Kriminaloberrat Huf vom Polizeipräsidium Oberpfalz die Udet-, die Landshuter, die Grunewald- und die Johannisstraße auf. Allerdings sei es nicht möglich, eine verbindliche Liste zu erstellen, da Wohnungsaufgaben und Neubelegungen erst durch Internetrecherchen und Kontrollen ans Licht kämen. Meldepflicht und verpflichtende Gesundheitsvorsorge gebe es nicht mehr, bedauert in diesem Zusammenhang Dr. Schörnig. Er sieht den Gesetzgeber in der Pflicht, auch dafür zu sorgen, dass Prostituierte ein Mindestalter und so gute Sprachkenntnisse haben müssen, dass sie sich gegebenenfalls an die Polizei oder eine andere Behörde wenden können, wenn sie bedroht werden.

Obwohl sich Kriminalität im Umfeld von Prostitution Regensburg in Grenzen hält, ist der Polizei daran gelegen, die Sperrbezirksverordnung beizubehalten. Bei dem Wegfall prognostizieren die beiden zuständigen Inspektionen, dass frühere Zustände wieder aufleben könnten. Der Straßenstrich könnte sich über das gesamte Stadtgebiet ausbreiten, die Modellwohnungsszene könnte sich gerade im Altstadtkern als Edelprostitution etablieren, warnt die Polizei.

Der Rat der Polizei an die Stadträte: „Den inneren Sperrbezirk erweitern und dort die Wohnungsprostitution nicht erlauben.“ Als östliche Grenze schlägt die Polizei die Gabelsberger-, Villa- und Hemauerstraße vor, als südliche Grenze die Bahnhofsstraße bzw. die Bahnlinie. Die westliche Grenze sollte bleiben, wie sie ist: Ladehof-, Wilhelmstraße und Stadtpark zur Gumpelzhaimerstraße. In die nördliche Grenze sollten auch der Obere Wöhrd und Stadtamhof einbezogen werden.

Für den äußeren Bereich mit grundsätzlich zugelassener Bordell-und Wohnungsprostitution rät die Polizei, auf eine konkrete Festlegung ausgewiesener Prostitutionsbereiche zu verzichten. Beim Straßenstrich drängt die Polizei auf eine neue Betrachtung des Bereichs Prinz-Leopold-Kaserne: Da die Wohnbebauung bis an die Daimlerstraße heranrückt, sollte die Freigabe nur noch für die Guerickestraße gelten.