Soziales
Seniorinnen fühlen sich abgezockt

Zwei Regensburgerinnen sind schockiert über hohe Nebenkosten. Hausbesitzer ist eine städtische Stiftung.

18.05.2016 | Stand 16.09.2023, 6:47 Uhr
In dieser Wohnanlage in Königswiesen leben die Seniorinnen. −Foto: Koller

Helene Freisler (84) und Gisela Schäfer (72) leben in der Königswiesener Georg-Hegenauer-Wohnanlage. Das helle Gebäude mit den 30 Parteien gehört der gleichnamigen städtischen Stiftung, die älteren Regensburgern günstiges Wohnen ermöglicht. Freisler ist 2013 in die Kaiser-Friedrich-Allee gezogen, Schäfer mit ihrem Mann schon vor 15 Jahren. Bislang passte alles. Doch seit Ende November hohe Nebenkosten-Abrechnungen ins Haus flatterten, sorgen sich die alten Damen. „Das ist nicht einfach, wir haben keine so hohen Renten“, sagen sie.

Alle 30 Mietparteien mussten jeweils über 500 Euro für 2014 nachzahlen. Bei Helene Freisler waren es 562 Euro. Eine hohe Steigerung, denn in den Jahren zuvor mussten die Mieter nur Nachzahlungen in Höhe von 160 bis 170 Euro überweisen.

„Sie sind verkalkt!“

Am Küchentisch ihrer gemütlichen Zweizimmerwohnung öffnet Helene Freisler, die zehn Jahre jünger aussieht, einen Aktenordner und nimmt die Rechnung des Liegenschaftsamts vom November heraus. „Betriebskostenabrechnung“ heißt es da. Rund 21 Euro seien pro Quadratmeter zu bezahlen – für Kabel, Kaltwasser, Abwasser. „Und Heizung des Wäschetrockenraums“, ergänzt ihre Nachbarin.

„Wir haben arme Leute im Haus. Die haben ein wenig Geld als Notgroschen gespart.“Helene Freisler

Helene Freisler berichtet, sie habe mehrmals beim Liegenschaftsamt nachgefragt, warum die Nebenkosten so gestiegen seien, und habe nur zu hören gekriegt: „Seien Sie froh, dass Sie nicht mehr zahlen müssen!“ Künftig werde die Summe sogar noch steigen. Schließlich sei sie als „verkalkt“ bezeichnet worden, sagt Helene Freisler.

Ein Mitarbeiter habe ihr versichert, er werde ihr die detaillierten Zahlen zusenden, nachdem der 84-Jährigen der Weg ins Amt wegen einer Gehbehinderung zu beschwerlich ist. Sie habe seitdem nichts mehr gehört. Die alte Dame kommt finanziell gut über die Runden. Sie bezieht eine Rente von 1400 und Pflegegeld in Höhe von 240 Euro. Doch sie gibt zu bedenken: „Wir haben arme Leute im Haus. Die haben ein wenig Geld als Notgroschen gespart.“ Alle seien entsetzt über die Erhöhung. „Zum Amt trauen sie sich nichts zu sagen.“

Amt: „Ganz normale Abrechnungen“

Gisela Schäfers finanzielle Situation ist angespannter. Die 72-Jährige und ihr Mann bekommen nur eine Rente von insgesamt 1500 Euro. Davon müssen sie alles bestreiten. Sie war als Kinderpflegerin tätig, er zuletzt als Arbeiter bei BMW. Auch sie hat beim Liegenschaftsamt angerufen. „Der Mitarbeiter war unfreundlich und nicht zugänglich“, sagt Schäfer. Seit Januar müssten alle Mieter nun 43 Euro mehr im Monat für die Nebenkosten bezahlen. Der zuständige Fachmann beim Liegenschaftsamt sagt zu unserer Zeitung: Die Mieter hätten „ganz normale Abrechnungen“ erhalten. Außerdem hätten sie das Recht, die detaillierten Unterlagen in der Behörde einzusehen. Aber per Post senden könne er diese nicht, weil sie zu umfangreich sind. Die monatlichen Vorauszahlungen seien bislang zu gering gewesen. Im Übrigen verweist er auf die städtische Pressestelle. Deren Leiterin Juliane von Roenne-Styra teilt schließlich per Mail mit: „Die Abrechnungen für die Kaiser-Friedrich-Allee 97 wurden für das Jahr 2014 gemäß Betriebskostenverordnung nach den tatsächlich angefallenen Nebenkosten abgerechnet.“ In der Vergangenheit habe die Stadt dagegen nicht alle Kosten auf die Mieter umgelegt.

Die Gesamtkosten der Bewirtschaftung befinden sich laut Stadt in einem üblichen Rahmen. Die Kaltmiete bewegt sich rund 20 Prozent unter dem Regensburger Mietspiegel. Roenne-Styra kündigt an, dass die Vorauszahlungen künftig angepasst und die Kosten – wie auch schon in der Vergangenheit – laufend beobachtet werden. Die Abrechnungsunterlagen könnten im Liegenschaftsamt von den Mieterinnen und Mietern selbstverständlich eingesehen werden.

Warum seit November anders abgerechnet wird als in den zwei Jahrzehnten zuvor, konnte Roenne-Styra nicht sagen. Sie schrieb: „Weitere Details zu den Kosten können wir leider nicht vorlegen. Die Stadt kann nur erneut betonen, dass zukünftig die Nebenkosten besser auf das Jahr verteilt werden.“

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