Natur
Die „gelbe Gefahr“ am Straßenrand

Schwandorfs GOV-Vorsitzende warnt vor der Ausbreitung des Kreuzkrauts. Die Baubehörde will „beobachten und regulieren“.

13.07.2017 | Stand 16.09.2023, 6:25 Uhr

Schön anzusehen, aber nicht ungefährlich: gelb blühendes Jakobskreuzkraut Foto: www.ak-kreuzkraut.de/dpa

Wenn Gertraud Hölzl in diesen Tagen von Bubach in die Stadt fährt, sind die Straßenränder an der ehemaligen B 15 gesprenkelt mit gelben Blüten. Eigentlich müsste sich die Vorsitzende des Gartenbau- und Ortsverschönerungsvereins darüber freuen. Doch stattdessen beschleicht sie ein ungutes Gefühl. Denn unter den farbenprächtigen Kräutern, die sich im Straßenbegleitgrün breit machen, sind zahlreiche giftige Exemplare. „Büschelweise“, sagt Hölzl, wächst hier das Jakobskreuzkraut – aber auch an der Kreisstraße SAD 2 oder der SAD 5 Richtung Münchshofen. „Manche Leute haben’s bei uns sogar im Garten drinstehen“, weiß die GOV-Vorsitzende.

Eine Pflanze die es in sich hat

Dabei hat’s die Pflanze in sich. Die Kreuz- oder Greiskräuter produzieren zum Schutz vor Fraßfeinden giftige sogenannte Pyrrolizidin-Alkaloide. Normalerweise werden sie von Pferden und Kühen verschmäht, als getrockneter Bestandteil im Heu aber dankend angenommen. Einzelne Tiere sind in Bayern daran schon verendet, weil die Giftstoffe erhalten bleiben und es ab einer bestimmten Dosis zu tödlichen Leberschäden kommen kann. Im Landkreis ist bisher kein solcher Fall bekannt, und das hat nach den Worten von Bernhard Meier, dem Sachgebietsleiter Landwirtschaft, einen einfachen Grund: „In den typisch genutzten landwirtschaftlichen Grünflächen kommt das Kreuzkraut nicht vor, denn es kann sich gegen die Gräser nicht durchsetzen“. Prächtig gedeihe die Giftpflanze dagegen an Feldrändern, wenig genutzten landwirtschaftlichen Flächen, auf Bauland oder eben am Straßenrand. Doch Handlungsbedarf sieht der Fachmann zurzeit noch nicht.

Aber der könnte noch kommen. In Norddeutschland oder Baden-Württemberg haben sich die gelben Korbblütler in manchen Gegenden zur regelrechten Landplage entwickelt. Und auch in Bayern ist vor allem das Jakobskreuzkraut auf dem Vormarsch,wie eine Umfrage der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft im vergangenen Jahr ergab.61 der 71 Landkreise in Bayern beteiligten sich an der Datenerhebung; in immerhin 85 Prozent davon tauchten Kreuzkräuter im bewirtschafteten Grünland auf. Am Ende kommt die Landesanstalt zu dem Schluss, es bedürfe „verstärkter Anstrengungen, um die Gefährdung in der Futtermittelproduktion, in der Tierernährung und der Lebensmittelsicherheit zu reduzieren“.

Auch die Oberste Baubehörde im Bayerischen Verkehrsministerium wurde inzwischen aktiv und verschickte ein Rundschreiben an die Autobahndirektionen, Staatlichen Bauämter, den Städte- und Gemeindetag.In den „Vorläufigen Hinweisen zum Umgang mit Kreuzkräutern an Straßen der Bayerischen Staatsbauverwaltung“ vom 18. Juli 2016 heißt es: „Die Bayerische Staatsbauverwaltung verfolgt im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit die Strategie „Beobachten – Informieren – Regulieren – Vorbeugen“. Ziel ist es, durch ein angepasstes Pflegemanagement die Samenbildung und -verbreitung der als problematisch geltenden Kreuzkrautarten gezielt zu regulieren, ohne eine flächendeckende Beseitigung der heimischen Wildpflanzen zu verfolgen“. Regulierungsflächen seien dort geboten, wo von den Kreuzkraut-Beständen eine Gefahr für benachbarte Flächen ausgehen könne.

Gertraud Hölzl geht in ihren Forderungen noch ein Stück weiter. „Panik ist nicht wirklich angebracht. Aber ich denke, man sollte frühzeitig eingreifen“, sagt die GOV-Vorsitzende und denkt dabei nicht nur an den Tierschutz, sondern auch an die menschliche Gesundheit. Dass Kinder aus den gelben Pflanzen, die auch bei Hautkontakt gesundheitsschädlich sind, einen Blumenstrauß binden, sieht sie nicht als Gefahr – eher schon mit Pyrrolizidin-Alkaloiden (PA) verunreinigten Honig. Hermann Bronold, ehemaliger Vorsitzender des Imker-Kreisverbands, weist zwar darauf hin, dass die meisten Imker schon geschleudert haben und was die Bienen jetzt noch sammeln, nicht mehr in den Honig wandert. Doch prinzipiell besteht wie bei anderen Pflanzen die Gefahr einer Kontamination.Fachleute empfehlen deshalb, die Honigernte vorzuverlegen und Völker aus der Nähe großer Kreuzkraut-Bestände zu verlagern.Mit PA verseucht sind allerdings vor allem Import-Honige, haben Untersuchungen ergeben.

Künftig vor der Blüte mähen

Gertraud Hölzl schlägt vor, dass die gelben Giftkräuter an den Straßen künftig vor der Blüte gemäht und am besten heiß kompostiert werden. „Bisher werden die Straßenränder nur gemulcht, das heißt, die Gräser werden nur klein geschreddert. So verbreitet man das Kreuzkraut nur umso mehr, da es dann zu einer Notreife kommt und in kürzester Zeit aus allen Blüten Samen entstehen“, sagt die GOV-Vorsitzende. Im vergangenen Jahr hat sie schon einmal selber angepackt und zusammen mit der Bubacher Jugendfeuerwehr eine Fläche in Bubach vom Kreuzkraut befreit.

Allerdings, das weiß auch die Vorsitzende des Bubacher Gartenbauvereins, sind solche Hauruck-Aktionen nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Das Kreuzkraut verbreitet sich wie der Löwenzahn per Luftfracht. Und in einer einzigen Blüte stecken Tausende von Samen.