Tierschutz
Drama am Eixendorfer Stausee

Das Muschelsterben geht weiter. Naturschützer kritisieren die Wasserspiegelabsenkung. Das Wasserwirtschaftsamt hält dagegen.

05.10.2015 | Stand 16.09.2023, 6:57 Uhr
Karl-Heinz Probst
Diese Aufnahme vom Eixendorfer Stausee wurde unterhalb der Vorsperre in der Nähe des geplanten Wasserkraftwerk-Standortes gemacht −Foto: Fotos: Bäumler

Die Diskussionen um den Eixendorfer Stausee nehmen kein Ende. Nun erhebt der Naturschützer Robert Bäumler erneut schwere Vorwürfe gegen das Wasserwirtschaftsamt Weiden. „Unbemerkt von den Tourismusvertretern, Stadträten, Bürgermeister und Landrat, die sich bei verschiedenen Ortsterminen wegen der „grünen Brühe“ am See die Hand reichten, spielen sich in den letzten Monaten dramatische Szenen im See ab,“ berichtet Bäumler. Zu Tausenden verendeten Muscheln und Jungfische sowie andere Wasserorganismen, da seit dem 18. Juli der Wasserspiegel im Eixendorfer See jeden Tag um mehrere Zentimeter abgesenkt worden sei. Seit Monaten bergen Helfer des Fischereivereins und Landesbundes für Vogelschutz die Muscheln aus den trockengefallenden Bereichen und setzen sie in tieferes Wasser, informiert Bäumler. Bereits im Januar 2014 hatten der Fischereiverein Neunburg und der Landesbund für Vogelschutz Cham die damalige Absenkung des Wasserspiegels kritisiert, der tausende Muscheln zum Opfer fielen (die MZ berichtete)

Das Massensterben gehe in diesem Jahr weiter: Trotz Zusagen der zuständigen Behördenvertreter am Wasserwirtschaftsamt Weiden und an der Regierung der Oberpfalz, den Seepegel von 428,50 Meter über Normalnull nicht weiter abzusenken, falle der Wasserspiegel unverändert täglich um rund fünf Zentimeter, moniert Bäumler. Die wegen der Zusagen in Sicherheit geglaubten Muschelbestände, lägen jetzt wieder auf dem Trockenen. Sicherlich durchlaufe man derzeit eine extrem lange Trockenperiode, räumt Bäumler ein, aber es könne doch nicht sein, dass der Eixendorfer See die Niedrigwasseraufhöhung für die Schwarzach alleine zu stemmen habe. Seit Beginn der Absenkung sei der Pegel im Eixendorfer See um über 170 Zentimeter zurückgegangen, im Silbersee bei Waldmünchen sei der Pegel sogar leicht gestiegen, der im Perlsee nur wenige Zentimeter gesunken. Bäumler: „Die Wasserwirtschaft ist dabei, mit ihrer kompromisslosen Haltung einen Großteil der Populationen der vorkommenden vier streng geschützten Muschelarten (Malermuschel, Große und Kleine Teichmuschel sowie Abgeplattete Teichmuschel) auszulöschen und deren Lebensräume zu zerstören.“

Wertvoll für Ökosystem

Alle Großmuschelarten leisteten einen wertvollen Beitrag im Gewässerökosystem, weil sie über eine hohe Filtrationsleistung verfügten. Jedes Tier sei in der Lage, pro Stunde zwischen drei und fünf Liter Stauseewasser biologisch zu reinigen, erläutert Bäumler. Das Wasserwirtschaftsamt töte mit seiner Absenkaktion tausende Mitstreiter im Kampf gegen die „grüne Brühe“. Die Vernichtung der Muschelbestände habe auch System, vermutet der Naturschützer. Es würden nach und nach die „Hürden“ für den geplanten Wasserkraftanlagenneubau an der Vorsperre ausgeräumt: Nachdem im Frühjahr die Biberpopulation auf Antrag des Wasserwirtschaftsamtes Weiden in der Vorsperre ausgelöscht worden sei, seien jetzt die Muscheln dran, meint Bäumler.

Der Eixendorfer See wurde nicht nur zum Hochwasserschutz der Unterlieger, sondern auch zur Niedrigwasseraufhöhung der Schwarzach gebaut, damit in trockenen Jahren hier die Abflussmenge verbessert werden kann und damit die unzähligen Funktionen des Gewässers, wie z.B. Naherholung, Lebensraum für Fische, Muscheln und andere Wasserlebewesen, Wasserkraft, Teichbeschickung weiterhin möglich bleiben, erläutert Mathias Rosenmüller, Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Weiden, auf Nachfrage der MZ. Diese Situation haben man gegenwärtig noch im außergewöhnlich trockenen Jahr 2015. Seit Mitte Juli werde die wasserrechtlich festgelegte Mindestwassermenge von 1,5 m³/s in die Schwarzach abgeleitet bei ständig sinkenden Zuflüssen oberhalb. Daher komme es derzeit zu einem stetig sinkenden Wasserspiegel.

Der Speicher werde mit einem Normalstau von 430,00 mNN betrieben und habe einen Regel-Bewirtschaftungsbereich von ca. 15 Metern. Die oberen zehn Meter bis 440,00 mNN seien für den Hochwasserschutz reserviert, mit den unteren fünf Metern bis 425,00 mNN hinunter könne Niedrigwasseraufhöhung betrieben werden.

Die Hegeverpflichtung für Fische und Muscheln im See obliegt dem Fischereiverein Neunburg. Das WWA gehe davon aus, dass der Verein seinen Fischbesatz an die wasserrechtlich festgelegten Bewirtschaftungsziele des Sees angepasst habe und für dieses Szenario vorbereitet sei. Auch sollte eine Absenkung von drei bis fünf Zentimeter pro Tag den Muscheln keine Probleme bereiten, da diese sich fortbewegen und einem langsam fallenden Wasserspiegel folgen können, meint Rosenmüller.

Gutachten wird vergeben

Der fallende Wasserstand werde intensiv am WWA diskutiert. Zur ganzheitlichen Beurteilung der Situation sei ständig eine Abwägung zwischen dem Zustand im Stausee und dem Unterlauf der Schwarzach zu treffen. Eine interne Abstimmung mit Vertretern der Regierung der Oberpfalz habe wiederkehrend und insbesondere bei Seewasserstand 428,50 m NN stattgefunden. Hierbei wurde festgelegt, dass die Mindestwasserabgabe von 1,5 m/s weiterhin abgegeben werden muss. Eine Zusage „über 428,50 m NN hinaus, nicht weiter abzusenken“ hat von Seiten des WWA Weiden nicht stattgefunden, so Rosenmüller

Gegen die von Robert Bäumler behauptete „ systematische Vernichtung der Muschelbestände“ verwahre man sich ausdrücklich. Diese Woche vergebe das WWA den Auftrag für ein Gutachten, welches sich ausführlich mit technisch und finanziell umsetzbaren Möglichkeiten zur Reduktion der Algenproblematik im Eixendorfer See befasst. Der in Zusammenarbeit mit den Städten Rötz und Neunburg erstellte Auftragskatalog enthalte unter anderem die Aufarbeitung vorhandener bisheriger Maßnahmenoptionen und Vergleiche und Lösungsansätze mit anderen Seen, die eine ähnliche Algenproblematik aufweisen. Vertiefte Analysen der langjährigen chemischen und biologischen Datenreihen, Modelle zur Speicherbewirtschaftung, neue Messungen im See, sowie die Prüfung innovativer Methoden zur Algenreduktion gehörten ebenso zu Auftrag. Auf Wunsch der Stadt Neunburg werde auch die Errichtung eines Entnahmeturmes für Oberflächenwasser sowie der Bau einer zweiten Vorsperre geprüft, fügte Rosenmüller abschließend an.