Nahkampf
Klare Ansage: „Schläger fliegen raus“

Schlagen, treten, beißen – bei der Selbstverteidigungstechnik „Krav Maga“ ist alles erlaubt, um seine Haut zu retten.

10.01.2017 | Stand 16.09.2023, 6:30 Uhr

Joe und Dominik führen vor, wie man einen Messer-Angriff für den Angreifer schmerzhaft beendet. Foto: Pfeifer

Na gut, sehr elegant ist es nicht. Aber wann hat Eleganz schon mal die eigene Haut gerettet? Krav Maga ist kein Kampfsport, den man in kunstvollen Martial-Arts-Filmen sieht, sondern eine der wohl rationalsten Lehren der Selbstverteidigung. Bekanntgeworden als Nahkampftechnik des israelischen Militärs ,, hat sie heute Anhänger überall auf der Welt. Und jetzt auch in Schwandorf.

Am Sonntag fand das allererste Schnuppertraining statt, mit gut zwei Dutzend Teilnehmern, Frauen und Männern, jung und alt. Vor ihnen die Trainer Dominik Bock und der Hüne Joe Kopfmüller. Joe, Kampfsportler seit drei Jahrzehnten und im Krav Maga seit sechs Jahren, ausgebildet von israelischen Experten, erklärt die in unseren Breiten eher noch unbekannte Kampfkunst.

„Das Ziel von Krav Maga ist, dass ich möglichst schnell meinen Gegner ausschalten kann. Schlagen, treten, beißen - es ist alles erlaubt, was möglich ist. Und es geht einzig darum, dass ich meine Haut retten kann“, stellt Joe Kopfmüller gleich zu Beginn klar.

Das Beißen stellen die beiden Trainer erstmal hinten an. Ist ja auch ein bisschen unappetitlich. Man wisse ja nie, mit wem man es zu tun hat. So beginnt der Einführungskurs mit Schlag- und Fußkick-Techniken. Von Anfang an ist dabei klar, worum es geht: Dem Gegner weh zu tun.

„Ich kenne niemanden, der nicht sofort in die Knie geht, bei einem Tritt in die Nüsse.“Dominik Bock

Lieblingsangriffspunkt Nummer eins beim Krav Maga: ein Stück südlich der Gürtellinie. „Ich kenne niemanden, der nicht sofort in die Knie geht, bei einem Tritt in die Nüsse“, stellt Dominik Bock ganz pragmatisch fest. Oder wie wäre es mit einem zerstörerischen Tritt gegen die Vorderseite des Knies, gegen den Kehlkopf, auf das Rückgrat? Was schon beim Zuhören wehtut, ist fester Bestandteil des Krav Maga – als letzter Ausweg bei einem Kampf auf Leben und Tod.

Dominik Bock legt Wert auf die Feststellung, „dass wir keine Schläger ausbilden“. Jemand, der die Kampfkunst anwenden will, um andere draußen zu verletzen, „fliegt rigoros raus“. „Das Wichtigste ist für uns“, erklärt Dominik Bock, „dass sich Leute verteidigen können“. „Aber ned, dass sie Leute zusammenschlagen“, ergänzt Joe Kopfmüller.

Deshalb wollen die Trainer den Teilnehmern auch gleich ein Gefühl dafür vermitteln, welche Art der Selbstverteidigung noch im Rahmen der Notwehr ist. Auf einen auf dem Boden Liegenden einzutreten, sei inakzeptabel, wenn dieser wehrlos ist, aber notwendig, wenn er gerade eine Waffe zieht. Oft ein schmaler Grat. „Wenn mich ein Betrunkener in den Schwitzkasten nimmt, habe ich sehr wohl Techniken, um den auch „sanft“ außer Gefecht zu setzen, ohne dass er bleibende oder lebensbedrohliche Schäden davonträgt,“ fügt Dominik Bock hinzu.

„Wenn mich ein Betrunkener in den Schwitzkasten nimmt, habe ich sehr wohl Techniken, um den auch „sanft“ außer Gefecht zu setzen.“Dominik Bock

Und so dreht sich die zweite Hälfte des Trainings um Fragen wie: Wie befreie ich mich aus einem Würgegriff? Wie weiche ich einem Messerangriff aus nächster Nähe aus? Wie gebe ich einem Schläger möglichst wenig Möglichkeiten, mir weh zu tun? Um es kurz zu fassen: Mit weniger als lähmenden Unterleibsschmerzen, einer verbogenen Nase oder gebrochenen Rippen kommt niemand aus einem Angriff auf Joe Kopfmüller wieder raus.

„Es war ein super Kurs,“ urteilt Tamara aus Schwandorf am Ende. Sie arbeitet in einer Notaufnahme. Da würden oft Leute eingeliefert, die zusammengeschlagen wurden. „Das ist nichts Schönes. Besser, wenn man sich wehren kann“. Positiv äußerte sich auch Ingeborg. Sie ist der Meinung, dass „so was hier in Schwandorf gefehlt hat“. Die Selbstverteidigungs-Techniken, die ihr gezeigt wurden, „sind gut für den Ernstfall, aber auch gut fürs Selbstbewusstsein“. Ingeborg will „auf jeden Fall weitermachen“.

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