Auszeichnung
Unsere Ideenfabrik: Mänk Wunnike

Der Chef des Mittelbayerischen Verlags produziert pausenlos Projekte. Jetzt ist er nominiert als „Medienmanager des Jahres“.

24.11.2017 | Stand 16.09.2023, 6:21 Uhr

Martin Wunnike, Chef der Mittelbayerischer Verlag KG Regensburg – und Kandidat für den Titel „Medienmanager des Jahres“ Foto: altrofoto.de

Regensburg. Den Chef eines Medienhauses mit 110 000 Exemplaren Auflage und 340 000 Print-Lesern täglich, mit rund 550 fest angestellten und einigen Tausend zusätzlichen Kräften, den stellt man sich wahrscheinlich als etwas distinguierten und kühlen CEO im Maßanzug vor. Martin Wunnike – „Mänk“, wie er sich selbst und alle Welt ihn nennen – ist genau das nicht.

Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Mittelbayerischer Verlag KG geht unerwartet zugewandt, warmherzig, offen und unkompliziert mit den Menschen und den Aufgaben um. Vor allem: Er produziert, wo er geht und steht und sitzt, Ideen. Das sieht offenbar auch die Jury der Kress Awards so. Sie hat Wunnike für den Titel „Medienmanager des Jahres“ nominiert.

Der 54-Jährige steht auf der Shortlist mit Schwergewichten der Branche wie Dr. Mathias Döpfner, CEO von Axel Springer und Vorsitzender des Bundesverbands der Deutschen Zeitungsverleger. Die Jury hebt vor allem auf die „ungewöhnliche Innovationsfreude“ bei der Mittelbayerischen ab.

Ein gut geerdeter Breitfüßler

Mänk Wunnike könnte man auf einem Foto selbst dann identifizieren, wenn man ihn nur von den Knöcheln abwärts sähe. Seine Füße stellt er stets zu einem extremen V, die Spitzen weit nach außen, zugänglich und offen eben. Und dann trägt der Mann auch immer diese sehr speziellen ergonomisch geformten Schuhe von Baer, die komfortable Zehenfreiheit und Bodenhaftung schenken. Wunnike ist also ein solide geerdeter Breitfüßler, und das wiederum hat zu tun mit seiner Fähigkeit, vom sicheren Terrain abzuheben und sich auch in der Luft versiert und präzise zu bewegen: Die Form der Füße ist eine späte Folge einer Karriere als Kunst- und Turmspringer, in der es der jugendliche Mänk zu einigen bayerischen und deutschen Titeln gebracht hat. Beides – der solide Kontakt zur Basis und die gedanklichen Aus- und Höhenflüge – tun dem Mittelbayerischen Medienhaus ausgesprochen gut.

Die gedruckte Zeitung ist heute ein Produkt unter vielen, das Verlage anbieten. Die Häuser müssen sich breiter aufstellen. Die Mittelbayerische ist auf diesem Zukunftsfeld schon lange Zeit sehr vorn dabei. Der Wandel zum crossmedialen Medienhaus und zum Medien-Dienstleister, der mit einer Vielzahl von Formaten und Produkten in den Markt geht, wird hier in einem Tempo und einer Breite vollzogen, die in der Branche bundesweit Anerkennung finden. Kommunikations- und Medienlösungen für den regionalen Markt zu entwickeln, das ist es im Großen und Ganzen, was Martin Wunnike antreibt, also: einen Kunden nicht nur mit klassischen Anzeigen und Beilagen zu versorgen, sondern für ihn auch ein digitales Portal zu entwerfen, es mit Inhalt auszustatten und sogar den Traffic darauf zu generieren.

Die Mittelbayerische macht heute ja nicht mehr „nur“ Zeitung: Sie gibt Magazine heraus, betreibt einen Online-Shop, übernimmt für externe Unternehmen die Mitarbeiter-Kommunikation, entwickelt Agentur-Dienstleistungen, managt Veranstaltungen und produziert Live-Sendungen, sehr erfolgreich übrigens. Schlossfestspiele-TV etwa fand vom Stand weg sein Publikum und hat rund 10 000 Zuschauer pro Sendung. Eine neue Bewegtbild-Einheit und das hauseigene TV-Studio sind gerade an den Start gegangen. „Fernsehen in der gewohnten Form wird es künftig nicht mehr geben“, sagt der Regensburger Konzernlenker. „Die Zukunft liegt im Bewegtbild.“

Martin Wunnike kennt das Zeitungsgeschäft von der Pike auf. „Von der Pike“: Das sagt man so. Bei Wunnike stimmt der Begriff. Als er 1992 als Assistent der Geschäftsleitung zum Mittelbayerischen Verlag kam, galt PR in eigener Sache noch als unschicklich, beinahe nach dem Eingeständnis, der Werbung zu bedürfen. Die Verleger Peter und Thomas Esser – „zwei große Ermöglicher“ nennt Wunnike sie – hatten ungefähr um diese Zeit eine Studie gelesen, die kühn behauptete: Zeitungen brauchen Marketing. Mänk Wunnike fand die Aussage plausibel. Er baute die Marketing-Abteilung vom Stand null auf, stellte sich an Samstagen an frequentierte Plätze und an Messestände, um Probe-Abos zu generieren, und entwarf erste Gewinnspiele.

Diese Anfänge liegen lange zurück, aber ein Blick darauf macht recht gut deutlich, wie grundlegend sich die Anforderungen und die Arbeit in Verlagen geändert haben. Wo es hingeht, formuliert Wunnike so: „Heute wollen wir zum Beispiel auch der vertrauensvolle Ansprechpartner für den digitalen Change sein“ – nicht aus „digitaler Besoffenheit“, wie ein neues Schlagwort heißt, sondern weil Werbe- und Kommunikationsbranche ständig und sehr schnell in Bewegung sind.

Begegnung am liebsten analog

Der Verlagschef schaut genau auf den Puls in der digitalen Welt – und er sucht, ganz analog, die Nähe zur Region und ihren Menschen. Martin Wunnike hat zum Beispiel die MZ-Benefizgalas erfunden, die bisher 865 000 Euro an Spenden für Projekte und Initiativen in der Region erzielen konnten. Und er initiierte die MZ-Kinderbürgerfeste, die der heißgeliebte Hotspot für Familien geworden sind. „Zeitung ist immer eine Brücke, zwischen den Menschen und der Gesellschaft in einer Region“, sagt er. Sie schaffe Reichweite, Popularität und Gemeinschaft. „Wir als Zeitung der Region können Kräfte bündeln, um gemeinsam etwas zu bewegen.“ Hinter der Überzeugung steckt vor allem das Wissen, wie das eine mit dem anderen zusammenhängt: „Zeitung kann es nur gut gehen, wenn es der Gesellschaft gut geht.“

Wenn der 54-Jährige an der Donau joggt oder in Konferenzen zu den drei schlanken Keulen greift, die in seinem Büro liegen, entstehen wahrscheinlich gerade neue Ideen, etwa der „Bürgerpreis der deutschen Zeitungen“ oder die Initiative „JuLe“, Junges Lesen. „Das Jonglieren vernetzt mein Gehirn“, sagt Wunnike. Früher ging er mit dem Fliegenden Circus („dem Original“) auf Tour.

Bei aller Unkompliziertheit: Wer Wunnike als herzlich und harmlos einschätzt, macht diesen Fehler wohl nicht lange. Der Manager gilt als ausgesprochen „hartnäckig in der Zielverfolgung“, wie ein Laudator einmal sagte, und er nennt sich selbst „beinahe einen Kontrollfreak“. Umsätze und andere Konzerndaten hat er ständig aktualisiert präsent. Er kennt die Zahlen und weiß schnell, was los ist. Was er nicht weiß: wer ihn für den Titel „Medienmanager des Jahres“ nominiert hat oder wer sonst noch so auf der Shortlist steht. „Aber das“ sagt er, „ist ja auch gar nicht so wichtig.“