Polizei
Auszeit an einem Wallfahrtsort?

Rund 70 Hinweise kamen zur vermissten Maria Baumer nach „Aktenzeichen XY“. Ob eine heiße Spur dabei ist, kann die Polizei noch nicht sagen.

28.11.2012 | Stand 16.09.2023, 21:04 Uhr

Maria Baumer strahlt: Das Foto entstand nach ihrer Wahl in den KLJB-Vorstand.Foto: KLJB Bayern

Von einem Hoffnungsschimmer will Polizeisprecher Michael Rebele zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sprechen, aber von neuen Ansätzen für die Ermittler: Seit 26. Mai 2012 ist Maria Baumer aus Muschenried (Lkr. Schwandorf) verschwunden, ihre Zwillingsschwester Barbara und ihr Verlobter Christian Freunek schilderten am Mittwochabend in der Sendung „Aktenzeichen XY“ die letzten Stunden, bevor die 26-Jährige verschwand. Danach gingen rund 35 Hinweise im Sendestudio in München ein, weitere 15 Anrufe erhielt die Einsatzzentrale in Regensburg, zumeist werden kurze Begegnungen geschildert, sagt Rebele. Es gebe aber auch zwei ganz konkrete Schilderungen, die von der zuständigen Kripo Regensburg nun genauer durchleuchtet werden. „Das ist zum einen der Hinweis auf den Jakobsweg, den Maria Baumer möglicherweise gehen wollte und zum anderen ein Busfahrer, der eine junge Frau namens Maria an Bord einer Tour zum Wallfahrtsort Medjugorje in Bosnien-Herzegowina hatte.“ Diese Frau soll Maria Baumer ähnlich gesehen haben. „Aber um das zu überprüfen, müssen wir genau abfragen, wann die Vermisste wo und unter welchen Umständen gesehen wurde und wir müssen weiteres Fotomaterial von Maria zeigen, um sicherzugehen, dass es wirklich die Person ist, die gesucht wird“, schildert der Polizeisprecher die nächsten Maßnahmen. Erst danach werde sich herausstellen, ob sich bei einem der Hinweise tatsächlich eine Verbindung zu der Oberpfälzerin ergibt. Bei einem Teil der Hinweise sei auch schon jetzt absehbar, dass sie die Ermittler nicht weiterbringen werden.

Aktenzeichen hatte 4,9 Millionen Zuschauer

Auch die Redaktion von „Aktenzeichen XY“ gibt sich so kurz nach der Ausstrahlung der Sendung, die 4,9 Millionen Zuschauer erreicht hat, noch zurückhaltend. „Es freut uns natürlich, dass zu den vier gezeigten Fällen rund 150 Hinweise eingegangen sind. Wie diese zu bewerten sind, muss aber jetzt erst die weitere Ermittlungsarbeit der Polizei zeigen“, so Ina-Maria Reize-Wildemann. Von einer heißen Spur im Fall Maria Baumer will die Redaktionsleiterin aufgrund ihres jetzigen Kenntnisstandes nicht sprechen. „Unser Ziel war es, durch die Sendung neue Impulse in die Ermittlungen zu bringen. Ich denke, das ist gelungen.“ Der Familie würde sie aber wünschen, dass bald alles zu einem guten Ende kommt.

Wer Maria Baumer kennt, für den dürfte die Spur hin zum Jakobsweg ein Hoffnungsschimmer sein. Maria Baumer ist gläubig, trug gern eine Kette mit einem Kreuz um den Hals. Und noch wenige Tage vor ihrem Verschwinden wurde sie zur bayerischen Landesvorsitzenden der katholischen Landjugendbewegung gewählt. So verwunderte es auch nicht, dass der zuständige Sachbearbeiter bei der Kripo, Kriminalhauptkommissar Franz Becker im ZDF über die Suche nach der jungen Frau in einem Kloster im südlichen Landkreis Regensburg berichete. Eine Anfrage nach einem konkreten Hinweis sei aber erfolglos geblieben. Die Schwester Oberin habe glaubhaft versichert, dass sich die Frau nicht in dem Kloster aufhalte, berichtete Becker. Ob die Äußerungen bezüglich dieser Ermittlungen dazu geführt haben, dass Zuschauer nun vor allem kirchliche Stätten benennen, an denen sie Baumer gesehen haben wollen, darüber denke man auch bei der Polizei nach, sagt Rebele. „Das haben wir bei der Überprüfung der Zeugen natürlich im Hinterkopf.“

Mutter vermutet, Maria habe Probleme gehabt

Rebele, der die Angehörigen von Maria Baumer ins Studio begleitet hatte, wollte am Donnerstag nicht beurteilen, inwieweit sich die Familie nach der Sendungen nun Hoffnungen mache, Maria zu finden. „Die Hoffnung ist sicherlich immer da, doch natürlich muss man vorsichtig sein.“ Das Team von „Aktenzeichen XY“ habe sich sehr um die Angehörigen bemüht und sie auch während der Livesendung sehr gut betreut“, lobt Rebele. Dass es der Familie nicht leicht gefallen sei, diesen Schritt zu gehen, sei auch verständlich.

Erstmals hatten sich neben Zwillingsschwester Barbara und Verlobtem Christian auch die Eltern von Maria Baumer filmen lassen. „Ich kann mir das nur erklären, dass es ihr momentan psychisch nicht so gut geht. Sonst hätte sie sich schon gemeldet, mutmaßte ihre Mutter, die ebenfalls Maria heißt, während des ZDF-Films. „Wahrscheinlich hat sie Probleme, mit denen sie erst noch fertig werden muss.“ Sie bete für ein baldiges Wiedersehen mit ihrer Tochter: „Es ist die Hölle. Dieses Ungewisse ist eine Dauerbelastung vom frühen Morgen bis spät in die Nacht.“ Der Vater der Vermissten, Alois Baumer, war in der eingespielten Aufzeichnung den Tränen nahe.

Maria Baumer stand fest im Leben. Sie hatte gerade ihr Studium abgeschlossen und ihre erste Festanstellung aufgenommen. Erst eine Woche lang arbeitete sie als Windanlagengutachterin. Anfang September wollte sie heiraten. Am Abend vor ihrem Verschwinden ging sie reiten, grillte mit Freunden. Es war alles so wie immer, auch wenn die Familie am Mittwoch einräumte, dass Maria kurz vor ihrem Verschwinden Probleme mit ihrem Gedächtnis hatte, die noch nicht vollständig medizinisch abgeklärt waren. Am Tag ihres Verschwindes nahm sie nur einige T-Shirts und Hosen mit und ließ Handy und Verlobungsring zurück. Warum, das werden die Angehörigen wohl erst erfahren, wenn Maria gefunden ist.

„Sie ist ein lebenslustiger Mensch, sie hat alles mit Freude angepackt“, sagt ihr Vater. Und ihre Zwillingsschwester Barbara meint im Film: „Meine Schwester ist eine der besten Freunde, die man sich wünschen kann.“ Barbara sagt „ist“, nicht „war“. Sie hat Hoffnung, dass Maria zurückkehrt.

Die Kriminalpolizei erbittet weiter Hinweise unter Tel. (09 41) 5 06 28 88.