MZ-Serie
Hier ist auch im Sommer Weihnachten

Josef und Martha Sperl aus Lam sammelten in 40 Jahren über 2000 Weihnachtskugeln. Jedes Stück hat seine eigene Geschichte.

11.07.2016 | Stand 16.09.2023, 6:49 Uhr
Maria Frisch
Josef Sperl vor einer Vitrine in der die antiken Weihnachtskugeln fein säuberlich geordnet sind. −Foto: Simon Tschannerl

Was hat das Ehepaar Sperl aus Lam mit Rosi Mittermaier gemeinsam? Beide haben ein Faible für alte Weihnachtskugeln. Als Gold-Rosi dies anlässlich ihrer Medaillenjagd bei den Olympischen Winterspielen 1976 in Innsbruck ausplauderte, dachten die Sperl`s an ihren Grundstock antiker Kugeln und wurden vom Fieber gepackt, diesen auszubauen – mittlerweile auf über 2000 Exemplare. „Jedes Stück ist ein Unikat“, zeigt Josef Sperl auf die fein säuberlich in Glasvitrinen ausgestellten „Schätze“.

Eine der ersten Kugeln brachte die Schwiegermutter vorbei, als sie keinen Weihnachtsbaum mehr behängen wollte. Durch Mund-zu-Mund-Werbung bekamen auch einige Freundinnen Wind davon und übergaben etliche „Schubladenhüter“, die in Sammleraugen durchaus höherwertig einzuordnen waren.

Nach der Übergabe unterzog sie die Hausfrau und Mutter jedes Mal einer Generalreinigung. „Die Staub- und Wachsreste ließen sich am besten mit einem vorher gebügelten Tempotaschentuch entfernen. Dabei schont man die Farben“, erzählt Martha Sperl über ihre eigene Methode. Zwei Kugeln am Tag – mehr war neben der Arbeit in Haus und Garten nicht zu schaffen. Die Leidenschaft hatte die beiden längst soweit gepackt, dass sie sich auf den Flohmärkten umsahen.

Vieles stammt aus Thüringen

Die Sperl`s sind auch stolz, dass sie einen Querschnitt deutscher Hersteller hüten. So findet sich in ihren Schaukästen Schmuck aus Thüringen, Gablonz oder aus Sebnitz (Sachsen). Letzterer hat als besondere Auffälligkeit viele Details mit leonischem Draht umwickelt. Alles in Handarbeit – versteht sich – und mit einer Gleichmäßigkeit und Akribie, dass es eine Maschine nicht besser könnte. „Die Figuren aus Milchglas wurden unter der Lampe hergestellt“, weiß Josef Sperl.

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Viele Einzelstücke stammen aus Thüringen. „Lauscha war auch schon vor Jahrzehnten so eine Zentrale“, hat sich Josef Sperl belesen. „In Thüringen wird heute noch der meiste Weihnachtsschmuck hergestellt“, erfuhren sie aus der Literatur, die auffälligerweise hauptsächlich von amerikanischen Verlagen herausgegeben wurde. Dort ist nämlich Otto Normalverbraucher auf den deutschen Christbaumschmuck versessen.

„Heutzutage wird auch jede Menge vom russischen Markt bezogen“, hat sich Josef Sperl informiert. Aber mit ausländischen Produkten haben er und seine Frau ohnehin nichts am Hut. Zahlreiche Kugeln sind handbemalt. Uralt ist auch ein Sortiment Watteschmuck. Die äußere Hülle davon ist verpresst. Die Literatur gibt dafür relativ hohe Wertangaben.

Schmuck von 1880 bis 1920

Aber die Sperl`s stöbern nicht nur in der Lektüre. „Nach 40 Sammeljahren kennt man selbst, was alt und neu ist“, sind sich beide ganz sicher über ihr ausgefeiltes Urteilsvermögen. Sie erkennen den oft feinen Unterschied in erster Linie an der etwas anderen Spiegelung. „Uns kann da keiner etwas unterjubeln.“

Eine Tischvitrine ist gefüllt mit Gablonzer Schmuck um 1890. „Diesen Perlenschmuck stellen sie jetzt auch wieder her“, berichtet der versierte Sammler, der ausdrücklich betont, dass bei ihm kein einziges neues Stück dabei ist.

Unser Lieblingsstück? Darauf antwortet Martha Sperl, ohne lange überlegen zu müssen. „Das ist dieser Zwerg, den ich unter den Bodenbrettern auf dem Dachboden gefunden habe.“ Dieser Findling stamme mutmaßlich noch vom Großvater. Josef und seine Frau Martha wohnen seit der Hochzeit 1960 im geerbten und von beiden renovierten „Stammhaus“ der Familie Sperl.

Josef stammt vom „Hirschen“

Früher war es ein Wirtshaus und eine Brauerei. Das Baujahr 1893 strahlt eine Atmosphäre aus, die sicher kein Neubau bieten würde. Geboren ist Josef Sperl einen Steinwurf weiter im später erweiterten Hotel „Zum Hirschen“, das die Familie seines Bruders Johann betreibt.

Besonderheiten besitzen die Sperl`s viele: Kugeln mit innen liegenden Engeln oder Papierbildern vom Herrgott und der Muttergottes, Zeppelins, Hänsel und Gretel, gesandete Weintrauben, Musikinstrumente, Fatschn Kindl, Kaffeekannen, Eulen, Nikoläuse, Herz Jesu¨…

Zapfen aus den Rohstoffen Glas, Silberpapier oder Draht waren scheinbar Vorgänger des heutigen Lamettas. Am Speicher stehen noch ein paar Schachteln aus den 1950er Jahren.

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