Biertradition
Als im Ort die Zecher streikten

Zwei Pfennig mehr für die Maß Bier waren zuviel. Die Mintrachinger boykottierten ihren Bräu. Davon zeugt eine Ausstellung.

07.07.2016 | Stand 16.09.2023, 6:50 Uhr
Michael Jaumann
Erinnerungen an Bierkultur und Brauereitraditon in der Gemeinde Mintraching hat Archivpflegerin Dörte Reinwald zusammengetragen. −Foto: Fotos: Jaumann

Manche Mintrachinger entsinnen sich noch, dass sie als Kinder im Eiskeller der ehemaligen Brauerei Brückl herumgekraxelt sind. Die Brautradition in Mintraching selbst ist jedoch schon seit langem abgerissen. Die Braugebäude und etliche Wirtshäuser im Hauptort sind dem Erdboden gleichgemacht und durch moderne Bauten ersetzt.

Nur in Moosham verweisen noch die Gebäude der Gutsbrauerei und ihr Wappen an einer Scheunenwand darauf, dass in der Gemeinde bis vor ein paar Jahren eine Brauerei der mächtigen Konkurrenz der Großbrauereien die Stirn bot. An alles Mögliche, was mit der Biertradition am Ort zu tun hat, erinnert noch bis zum Monatsende eine Ausstellung im Foyer des Rathauses.

Archivpflegerin Dörte Reinwald hat für die Ausstellung aus Anlass des 500. Geburtstags des Reinheitsgebots Leihgaben sowie Schätze aus dem Gemeindearchiv zusammengetragen. Für die seit eineinhalb Jahren bei der Gemeinde angestellte Archivkraft und Büchereileiterin ist es die erste Gelegenheit, öffentlichkeitswirksam mit dem Archiv in Erscheinung zu treten.

Vier Brauereien in der Gemeinde

Vier Brauereien zählte einst das Gebiet der heutigen Gemeinde Mintraching. Im jetzigen Hauptort waren dies die Brauerei Schwab, später Judenmann sowie die Brauerei Brückl. In Roith die Brauerei Bucher und in Moosham die Brauerei Meyringer. Die kürzeste Geschichte hat die Roither Brauerei aufzueisen. Von 1910 bis 1925 hat sie den Gerstensaft hergestellt. Die Brauerei befand sich in einem Anbau an der Gastwirtschaft neben der heutigen Bundesstraße 8, erzählt Archivpflegerin Reinwald. Judenmann – die Brauerei mit dem alten Zoigl-Stern – und Brückl wurden jeweils 1878 gegründet. Letztere stellte das Brauen 1909 ein und Judenmann 1920. Die längste Tradition hat die Meyringer-Brauerei. Vom Jahr 1600 an bis vor vier Jahren wurde dort Bier eingebraut.

Wenn es um ihr Bier ging, stiegen die Mintrachinger bei Bedarf auf die Barrikaden. Davon zeugt die Geschichte vom Mintrachinger Bierstreik, die Dörte Reinwald für die Ausstellung ebenfalls ausgegraben hat. Als nämlich der Brauer Judenmann 1910 den Preis für die Maß Bier von 20 auf 22 Pfennig erhöhte, gingen ihm die Mintrachinger nicht mehr in seine Gastwirtschaft. Angefeuert von der Gemeindekanzlei, hielten die Zecher den Boykott einen ganzen Sommer lang durch. Das fiel wohl nicht weiter schwer, denn zwei andere Gasthäuser im Dorf hielten den Preis konstant bei 20 Pfennig. Auch früher schon saßen offenbar die Verbraucher am kürzeren Hebel. Das zeigte sich schließlich im Herbst 1910. Von da an kostete das Bier in allen Wirtshäusern 22 Pfennig und der Boykott verlief im Sande.

Dass der Bierpreis in Bayern schon immer eine wichtige Angelegenheit war, lässt sich auch an einem Dokument erkennen, das bei der Kirchenrenovierung 1989 in einer Kuppel des Turms gefunden worden war. Zu den statistischen Angaben, die diese Urkunde aus dem Jahr 1904 verzeichnet, gehört neben dem Preis fürs Fleisch auch der Bierpreis: 20 Pfennig übrigens! 1904, so heißt es in dem Dokument, zählte Mintraching „135 Häuser und 911 Einwohner mit zwei Bierbrauereien“.

Die Ausstellung enthält sogar eine Auflistung der Bierpreise von 1817 bis zum Anfang des Jahrtausends. Auch diese Liste hat ein Mintrachinger zur Verfügung gestellt. Die kleine Ausstellung mit Stellwänden und Vitrinen wird gut angenommen, erzählt Dörte Reinwald. Davon zeugt eine kleine Geschichte von Autor Franz Xaver Judenmann über seinen Großvater, den Bräu. Diese darf kostenlos mitgenommen werden, und die Archivpflegerin kommt mit dem Kopieren kaum nach.

Ein Nachlass für die Gemeinde

Für das Gemeindearchiv, das seit einem Jahr aufgebaut wird, ist die Ausstellung eine gute Gelegenheit, darauf aufmerksam zu machen, welche heimatkundlichen Schätze sich im Fundus der Gemeinden verbergen. Normalerweise – denn nicht überall werden die alten Urkunden und Akten säuberlich aufbewahrt. In Mintraching sei in der Vergangenheit viel weggeworfen worden, weiß Reinwald. Die Dörfer, die mit der Gebietsreform zu Mintraching kamen, hätten deutlich mehr Zeugnisse ihrer Vergangenheit aufbewahrt.

Jeweils Montag- und Dienstagnachmittag widmet sich Dörte Reinwald dem Archiv. Derzeit hat sie den umfangreichen Nachlass eines Mintrachingers aufzuarbeiten. Die komplett ungeordnete Sammlung hat die Archivpflegerin grob in Bilder und Textdokumente aufgeteilt. Zuerst werden jetzt die Fotos identifiziert, in säurefreie Hüllen gelegt und in Kartons verpackt.Die Fotos sollen eine wichtige Grundlage für Veröffentlichungen zur 1250-Jahr-Feier der Gemeinde bilden, die im Jahr 2018 ansteht.

Die Ausstellung im Rathaus Mintraching kann bis 29. Juli besichtigt werden. Öffnungszeiten: Montag, Dienstag, Mittwoch 8 bis 12 Uhr, Donnerstag 14 bis 18 Uhr.