Justiz
Streit um Glorias Äcker vor Gericht

Es geht weder um BMW noch primär ums Geld: Thurn und Taxis und der Saatzüchter Bauer streiten um Land – nun auch öffentlich.

06.07.2015 | Stand 16.09.2023, 7:07 Uhr
Heinz Klein
Das Haus Thurn und Taxis will schnelle Verfügbarkeit über die landwirtschaftlichen Flächen, die wohl bald Industriegebiete werden sollen. −Foto: Winter

Es geht um Niedertraublinger Ackerland, das bald Industriestandort werden soll: Der Eigentümer, das Haus Thurn und Taxis will schnellstmögliche Flexibilität, der Saatgutbetrieb Bauer, der dort über Generationen wirtschaftete, will zumindest noch sechs Jahre Zeit, um laufende Saatgutzüchtungen zu Ende zu führen. Die Äcker in Niedertraubling hatte auch BMW als Standort eines geplanten Logistikzentrums im Auge, doch daraus ist nichts geworden. BMW ist also nicht mehr im Boot und trotzdem können sich der Saatzüchter und das fürstliche Haus nicht einigen. Vier Monate lang rangen Fachanwälte mit notarieller Unterstützung intensiv um eine außergerichtliche Lösung, vergebens. Nun bemüht sich der Vorsitzende Richter Vogt des Landwirtschaftsgerichts um Möglichkeiten einer Einigung.

Das Tauziehen wurde zum öffentlichen Verfahren, weil der Saatzüchter am letzten Tag vor Auslaufen der Frist ein Verfahren auf Feststellung anstrengte. Beklagter ist nominell Prinz Albert von Thurn und Taxis als Eigentümer der Flächen, vertreten durch den Regensburger Anwalt Jürgen Linhart. Für die Saatzucht Bauer GmbH & Co. KG war der Münchner Anwalt Gregor Schneider aufgeboten. Beide Fachanwälte für Agrarrecht deuteten zumindest in einem Punkt gleiche Interessen an: Teile des Verfahrens abzutrennen, um nichtöffentlich weiter verhandeln zu können und nicht die Öffentlichkeit mit Details füttern zu müssen. Beide machten klar, nicht in Details gehen zu wollen.

Das Angebot des Fürstlichen Hauses beläuft sich auf zwei bis zweieinhalb Jahre, in denen der Saatzüchter noch auf den seit etwa 100 Jahren bewirtschafteten Flächen weiterarbeiten könne. „Pachtverträge sind nicht für die Ewigkeit“, sagte Linhart. „Zweieinhalb Jahre sind für die Saatzucht ein Wimpernschlag“, hielt Schneider dagegen. Zehn Jahre seien für eine Sortenentwicklung nötig. Dabei gehe es um Millionenbeträge. Das unbedingt nötige Zeitfenster betrage sechs Jahre. Ein diesbezüglicher Vertrag sei ja bereits nahezu unterschriftsreif gewesen. Am Ende sei es aber nicht einmal mehr möglich gewesen, noch an einem Tisch zu verhandeln.

Richter Vogt bilanzierte die Sachlage und sah Möglichkeiten für einen Vergleich. Die Flächen bei Niedertraubling seien mittelfristig der Landwirtschaft entzogen, weil sich dort auch ohne BMW mit Gewerbegebieten mehr Geld verdienen lasse. Entscheidend sei die verkehrsgünstige Lage. Geld sei nicht der strittige Punkt. Der Saatzüchter sei bereit gewesen, den Geldbeutel weit aufzumachen, auch über 30 000 Euro jährlichen Pachtzins hinaus. „Geld ist nicht das Problem, die Flächen sind das Problem. Wir können nicht auf Eurobündel säen“, sagte der Anwalt des Saatzüchters. Für das Haus Thurn und Taxis machte Linhart klar, dass Flexibilität und eine schnelle Verfügbarkeit über die Flächen absolute Priorität hätten.

In Landpachtverträgen kann man viel regeln, sagte Richter Vogt. Und dabei gebe es nicht immer nur eine Antwort, die richtig sein müsse. Zudem berühre der Rechtsstreit Rechtslagen, die womöglich noch gar nicht abschließend geklärt seien. Er werde zwar eine Rechtsauffassung umsetzen, aber die werde vielleicht einer weiteren Überprüfung vor dem Nürnberger Oberlandsgericht unterzogen. So sei der Zeitfaktor, um den es gehe, nicht klar zu kalkulieren, warb der Richter für eine einvernehmliche Lösung, die beiden Seiten zudem Rechtssicherheit versprechen würde.

Die war aber weiterhin nicht in Sicht und so kam es zur ersten Zeugeneinvernahme zweier Mitarbeiter des Hauses Thurn und Taxis. Die sollten klären, wer eigentlich Vertragspartner ist: Berthold Bauer persönlich oder die Saatzucht GmbH & Co.. Strittig sind Norm- und Formbedürftigkeit der Verträge, Details einer Kündigung, ohne die sich solche Verträge jeweils um ein Jahr verlängern – eine hochkomplexe Materie, die nicht so schnell zu bewältigen ist. Und so vertagte sich das Gericht nach vierstündiger Verhandlung auf den August.