Asyl
Massenunterkunft nicht in Wohngebiet

Investor zieht Antrag auf 120 Plätze in der Adolf-von-Braunmühl-Straße zurück. 40 sollen aber dorthin kommen.

06.07.2015 | Stand 16.09.2023, 7:07 Uhr
Walter Dennstedt
Der ehemalige Club ist erneut in der Diskussion als Asylunterkunft. −Foto: Dennstedt

Der Abensberger Unternehmer, der in der Adolf-von-Braunmühl-Straße eine Asylbewerberunterkunft für 120 Menschen in bestehende Gebäude einrichten wollte, hat seinen Antrag in dieser Größe zurückgezogen. Wie Bürgermeister Dr. Uwe Brandl von einer Unterredung am Montagvormittag im Landratsamt zwischen dem Unternehmer, Landrat Dr. Hubert Faltermeier, ihm und weiteren zuständigen Vertretern des Amts berichtete, will der Abensberger aber dort eine Unterkunft für bis zu 40 Asylsuchende einrichten.

Proteste bei Infoversammlung

Gegen dieses Projekt hatte sich massiver Widerstand gebildet, insbesondere angebliche Nichtinformation kreideten Nachbarn an, zudem die Größe des Vorhabens direkt neben einem Wohngebiet. Die Stadt Abensberg hat daraufhin gehandelt und ein städtisches Grundstück nördlich der Kläranlage angeboten. Dort soll ein Investor, die Firma „Effizienz Holding AG“ eine Unterkunft für 200 Asylbewerber errichten. Der Stadtrat hat Dr. Brandl als Verhandlungsführer in jüngster Sitzung ermächtigt, hier die Fäden zu ziehen. Argumentation der Befürworter ist, dass die Lage nördlich des Bauhofs wesentlich „sozialverträglicher“ sei als direkt angrenzend an ein Wohngebiet.

Indes, auch hier regt sich teils heftiger Widerstand. Am Freitag hatte Dr. Brandl die Anlieger des westlichen Teils des Baugebiets „Am Weinberg“ zur Informationsversammlung geladen. Teilnehmer berichten von teils geharnischten Protesten und der Ankündigung massiven Widerstands gegen die Pläne der Stadt.

Bei der dreiviertelstündigen Besprechung am Montagvormittag im Landratsamt, so teilte Dr. Brandl auf Nachfrage weiter mit, sei auch festgestellt worden, dass das von der Stadt im Wege einer Pachtregelung angebotene Grundstück nördlich des Bauhofs grundsätzlich für die Unterbringung von Asylbewerbern geeignet sei.

Dr. Brandl wurde vom Stadtrat dazu ermächtigte, den Pachtvertrag über 30 Jahre Laufzeit, 1000 Euro pro Jahr Pacht, Kündigungsrecht beider Parteien nach zwölf Jahren, anschließend entweder Rückbau des Gebäudes oder kostenfreie Übertragung an die Stadt auszuhandeln. Nun liegt es an der Regierung von Niederbayern, ob sie zu dem Vorhaben den Daumen hebt oder senkt.

Die hatte, so war aus den Erläuterungen Dr. Brandls im Stadtrat herauszuhören, relativ unmissverständlich klargemacht, dass sie vom Vorhaben in der Adolf-von-Braunmühl-Straße nur abrücke, wenn sie durch eine gesteigerte Zahl unterzubringender Asylbewerbern einen Vorteil hat.

Dr. Heinz Kroiss im Stadtrat hatte dagegengestimmt, ihn schrecke vor allem die Zahl. Rechne man hoch, wie viele in Abensberg schon heute betreut werden (siehe Kasten), so komme ihm die Forderung der Regierung zu hoch vor. Auch sei die Betreuung von 200 Menschen durch durchgängig vor Ort tätige Sozialarbeiter sicherzustellen.

Dr. Brandl schließt sich hier Dr. Kroiss an: Bei einer Unterbringung in der jetzt angedachten Größenordnung von 200 Menschen müsse sichergestellt sein, dass eine Sozialbetreuung vor Ort sei, die dafür sorge, dass Probleme, die wohl unvermeidlich sind, wenn Menschen auf solch engem Raum zusammenleben müssen, möglichst schon im Keim ausgeräumt werden.

Bei der Infoveranstaltung am Freitag, so berichten Teilnehmer, ging es sehr emotional zu. Vor allem habe es viele gegeben, die ihre Ängste formulierten, aber auch einige, die mehr oder minder unverhohlen ihre Position der Ablehnung der Aufnahme von Asylbewerbern verbreiteten.

Die Stadt Abensberg aber, so versuchte Dr. Brandl deutlich zu machen, habe rund zehn Prozent der Einwohner des Landkreises, sei also mithin verpflichtet, auch zehn Prozent der Asylbewerber aufzunehmen. Da die anfangs erhoffte Resonanz von Privaten, leerstehende oder derzeit noch anders genutzte kleiner Gebäude als Asylunterkunft anzubieten, recht gering war, könne Abensberg auch die geforderte Anzahl von Flüchtlingen nicht dezentral unterbringen. Dr Brandls Appell: Aus den zu erwartenden 200 gesichtslosen Menschen Menschen mit Gesicht und Namen zu machen.

Weitere Liegenschaften

Indes, das sei im Moment ein wohl unerreichbare Wunschvorstellung, sind sich Teilnehmer der Infoveranstaltung einig. Aber Dr. Brandl ließ auch keinen Zweifel daran, dass sich die Stadt weder aus ihre Verantwortung stehlen könne noch wolle: Man müsse mit der Situation leben und das beste daraus machen.

Pro Tag kommen in Bayern derzeit zwischen 800 und 900 Flüchtlinge an, aus Syrien, Afrika aber auch aus dem Kosovo. Der Freistaat ächzt bereits jetzt unter der Last und sucht über die Regierungen teils händeringend nach den notwendigen Unterkünften für die Flüchtlinge.

Hier könnten auch weitere Liegenschaften in und um Abensberg als geeignet eingestuft werden: So wurde beispielsweise „vor länger Zeit“ das Angebot, den ehemaligen „Club Djungle“ als Asylbewerberunterkunft zu nutzen, abgelehnt. Bei der jetzigen Situation könnte dies Entscheidung revidiert werden, orakelt ein hochrangiger Mitarbeiter des Landratsamts. Was dort fehlt, ist eine Anbindung mittels Rad- und Fußweg, die könnte aber geschaffen werden und so der ehemalige Club, der in der Vergangenheit gerüchteweise mal als Nobel-Swingerclub, mal als Unterkunft berüchtigter Rocker gehandelt wurde, für Asylbewerber genutzt werden.

Dr. Brandl unterrichtete am Montag postwendend die Regierung von Niederbayern über das Ergebnis der Unterredung im Landratsamt. Zudem nahm er Kontakt zum Investor auf, damit der jetzt erste Pläne vorlegt, um anhand deren zu prüfen, was auf der 3260 Quadratmeter großen Fläche baulich verwirklicht werden kann.

Noch in diesem Jahr will Max Guttenberger in Hörlbach einen Teil seines Anwesens für Asylbewerber zur Verfügung stellen (wir berichteten). Nachdem der junge Unternehmer deshalb anonyme Morddrohungen bekommen hatte, ermittelt die Polizei. Wie ein Sprecher der Polizeidirektion dazu mitteilte, sei das anonyme Schriftstück für ein Gutachten zum Landeskriminalamt gesandt worden, das aber noch nicht vorliege.